Monat: Februar 2021 (Seite 2 von 4)

Stellungnahme zum Planfeststellungsverfahren für das Vorhaben „Ausbau des Verkehrsflughafens Leipzig/Halle, Start- und Landebahn Süd mit Vorfeld“ – 15. Planänderung

I. Grundsätzliches zum Verfahren

Der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) hat grundsätzlich zu rügen, dass keine Beteiligung als vom Umweltbundesamt nach § 3 Umwelt-Rechtsbehelfgesetz anerkannte Vereinigung erfolgte. In dem Zusammenhang fordert der AHA die Landesdirektion Sachsen auf, die Rechtmäßigkeit des Verfahrens gemäß § 4 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz zu überprüfen und dem Einwender unverzüglich von dem Ergebnis in Kenntnis zu setzen.

II. Fachlich Grundsätzliches

Der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. hält die Ausbaupläne des Flughafens Halle-Leipzig für unverantwortlich und gegen die hier lebende Bevölkerung gerichtet sowie schädlich für Umwelt, Natur, Landschaft und Klima in einem sehr großen Einzugsgebiet im Land Sachsen-Anhalt und im Freistaat Sachsen. Dazu möchte man 500 Millionen Euro investieren. Zu den angedachten Maßnahmen der DHL gehören die Erhöhung von 60 auf 95 Stellplätzen und der Flugbewegungen im Jahr von 100.000 auf mögliche 118.000 Starts. Ferner möchte die Wolga-Dnepr-Gruppe an dem Standort ihr Wartungsgeschäft ausbauen sowie ein Cargo-Zentrum errichten. Ferner beabsichtigt das Unternehmen Dornier am Standort Schkeuditz Flugzeuge montieren. Das ist wiederum womöglich damit gekoppelt Flugzeuge oder Teile davon – wie Triebwerke – zu testen.
Der AHA gewinnt immer mehr den Eindruck, dass der Teil des mitteldeutschen Raums Anziehungspunkt für alle Umweltunverantwortlichkeiten und Missachtung von Gesundheit und Lebensqualität darstellt, wo anderswo berechtigterweise andere Standards zur Anwendung gelangen bzw. die Bevölkerung erfolgreich und richtigerweise diese rücksichtslosen, rein profitorientierten Unternehmen davon gejagt hat.
Dank der menschen- und umweltverachtenden Herangehensweise von Politik und Verwaltung des Bundes, des Freistaates Sachsen und des Landes Sachsen-Anhalt, aber auch der Städte Leipzig und Halle (Saale), kann so ein skandalöser Umgang mit der Gesundheit und dem Wohlbefinden der Menschen sowie mit Umwelt, Natur, Landschaft und Klima stattfinden. Diese steuerfinanzierten öffentlichen Körperschaften kommen in keiner Weise ihrer diesbezüglichen Fürsorgepflicht nach.
Statt eines Endes der Lärmbelastungen in der Nacht, der umfassenden Belastungen mit Abgasen, Kerosin, Kohlendioxid-Ausstoß und Feinstäuben aller Art, möchte man rücksichtslos diese Beeinträchtigungen noch weiter ausweiten. Noch mehr kann man die Interessen der Menschen vor Ort nicht ignorieren und mit Füssen treten.
Hier bedarf es nach Ansicht des AHA eines noch härteren und konsequenteren Widerstandes, um diesen üblen Handlungen und Praktiken ein Ende zu setzen.

Der durch Starts und Landeanflüge verursachte Fluglärm birgt erhebliche Gesundheitsrisiken für Anwohner. Ursache dafür ist insbesondere die Störung des Hormonhaushalts der Stresshormone, vor allem Cortisol, wie dies auch als Langzeitfolge bei allgemeinen Schlafstörungen oder auch bei Schichtarbeit zu beobachten ist. Am Beispiel des Flughafens Köln-Bonn wurde in einer epidemiologischen Studie nachgewiesen, wie sich Nachtfluglärm bei einigen Personen in erhöhtem Arzneimittelverbrauch niederschlägt. Allerdings ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung von der Höhe und der Häufigkeit von Schallereignissen abhängig.
Aus der Zusammenfassung der noch immer sehr aktuellen Studie „Beeinträchtigung durch Fluglärm:
Arzneimittelverbrauch als Indikator für gesundheitliche Beeinträchtigung“ vom November 2006, in überarbeitetet Fassung vom März 2007 sei folgende Zusammenfassung zitiert:
Ziel der Studie war es, anhand von Routinedaten gesetzlicher Krankenkassen den Einfluss von Fluglärm des Flughafens Köln-Bonn auf das Verordnungsverhalten niedergelassener Ärzte zu untersuchen. Die Daten von 809.379 Versicherten von 7 gesetzlichen Krankenkassen mit Hauptwohnsitz in der Stadt Köln, im Rhein-Sieg-Kreis und im Rheinisch-Bergischen Kreis wurden mit adressgenauen Lärmdaten (Flugverkehr, Strassenverkehr, Schienenverkehr) zusammengeführt. Analysiert wurde für vier Zeitfenster des Fluglärms am Tage und in der Nacht der Zusammenhang zwischen Lärmintensität und Arzneiverordnungen für relevante Arzneimittelgruppen.
Es zeigten sich von der Lärmintensität abhängige Erhöhungen der Verordnungshäufigkeit und der Verordnungsmenge für Arzneimittel zur Behandlung erhöhten Blutdrucks, Arzneimittel zur Behandlung von Herz- und Kreislauferkrankungen, Tranquillizern, Beruhigungs- und Schlafmitteln. Die Effekte waren bei Frauen deutlich stärker ausgeprägt als bei Männern. Eine Kombination verschiedener Arzneimittelgruppen, die ein Indikator für schwerer erkrankte Patienten ist, wurde in Abhängigkeit von der Fluglärmintensität deutlich häufiger verordnet als Arzneimittel der einzelnen Arzneimittelgruppen für sich allein. Die stärksten Effekte waren durch Fluglärm in der zweiten Nachthälfte (3.00-5.00 Uhr) zu beobachten.
Alle Effekte waren für nächtlichen Strassenlärm, nächtlichen Schienenlärm, Sozialhilfe-Häufigkeit des Stadt- bzw. Ortsteils, die Dichte von Alten- und Pflegeheimplätzen der Gemeinden, sowie die Möglichkeit zur Beantragung von Schallschutzmassnahmen beim Flughafen Köln-Bonn kontrolliert
“, Zitat Ende

Bereits der 115. Deutsche Ärztetag forderte zudem in einer Presseerklärung vom 03.06.2012 Bund und Länder auf, einen umfassenden Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm, insbesondere den Schutz der Nachtruhe zu gewährleisten. In dem Beschluss des 115. Deutsche Ärztetag ist zudem die Forderung enthalten, dass die Lärmgrenzwerte der Gesetze aus Sicht der Ärzte deutlich nach unten korrigiert werden müssten. Die Ärzte betonen ferner, dass durch Fluglärm vermeidbare Gesundheitsstörungen und Krankheiten ausgelöst werden. Für durch Fluglärm ausgelöste Krankheiten käme es zu zusätzlichen Krankheitskosten.

Die Flughafen Leipzig/Halle GmbH hatte einst mit Schreiben vom 11. Juli 2019 für das Vorhaben „Flughafen Leipzig/Halle, Start- und Landebahn Süd mit Vorfeld, 13. Änderung“ einen Planfeststellungsbeschluss beantragt und offenbar bereits unmittelbar vor dem 19. Juli 2019 erhalten, was die Genehmigungsbehörde – die Landesdirektion Sachsen – erst am 05.08.2019 der Öffentlichkeit mitteilte.

Dem Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) war und ist es unverständlich wie die Landesdirektion Sachsen innerhalb einer Woche alle relevanten Fakten für die Prüfung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zusammentragen und prüfen konnte.
Dazu zählen nach Auffassung des AHA nicht nur die zusätzlichen Bauten und mögliche Erweiterungen bzw. Intensivierungen von Flächenversiegelungen, sondern die damit beabsichtigten weiteren Ausweitungen des Frachtverkehrs und der damit verbundenen zu erwartenden zusätzlichen Belastungen von Umwelt, Natur, Landschaft und Klima mit Lärm, Abgasen und Feinstaub. Laut Umweltbundesamt belasten Flüge das Klima und die Umwelt folgendermaßen, Zitat:

Die Klimawirksamkeit von Flugreisen beruht nicht nur auf dem Ausstoß von CO2, auch andere bei der Verbrennung von Kerosin entstehenden Substanzen wie Stickoxide, Aerosole und Wasserdampf tragen zur Erwärmung der Erdatmosphäre bei. Diese Stoffe wirken sich in luftiger Höhe durch den nur langsamen Abbau stärker aus als am Boden und vergrößern den Treibhauseffekt entsprechend:

  • Stickoxide bauen unter der Sonneneinstrahlung Ozon auf, das in Reiseflughöhe als starkes Treibhausgas wirkt.
  • Der Ausstoß von Aerosolen (Partikeln) und von Wasserdampf führt zu einer Veränderung der natürlichen Wolkenbildung.
  • Diese verschiedenen Effekte summieren sich derart, dass die Treibhauswirkung des Fliegens im Durchschnitt etwa zwei- bis fünfmal höher ist als die alleinige Wirkung des ausgestoßenen CO2.

Der Luftverkehr belastet jedoch nicht nur das globale Klima, er hat auch lokale Auswirkungen. So leiden fast 40 Prozent der deutschen Bevölkerung unter Fluglärm. Dauernder Fluglärm erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Herzinfarkt. Bei Kindern im Umkreis von Flughäfen wurden Konzentrations- und Lernschwierigkeiten festgestellt. Auch verschlechtert sich die lokale Luftqualität durch den Ausstoß von z.B. Stickoxiden. Weitere Umweltbelastungen ergeben sich durch den Flächenverbrauch beim Bau und Betrieb von Flughäfen.“, Zitat Ende

https://www.umweltbundesamt.de/umwelttipps-fuer-den-alltag/mobilitaet/flugreisen#textpart-1

Schon alleine diese Feststellungen erfordert die Notwendigkeit der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Gerade in dem Ballungsraum Halle-Leipzig leben eigenen Recherchen zu Folge in 24 Städten und Gemeinden Sachsen-Anhalts und Sachsens schätzungsweise 1.012.100 Menschen, welche mehr oder minder von den obengenannten Belastungen betroffen sind. Im Bereich des Flughafens Leipzig/Halle sind nach Markus Kopp, damaliger Vorstand der Mitteldeutschen Flughafen AG in einer Anhörung vor dem Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr Sachsen-Anhalt im September 2011, sogar 1,5 Millionen Menschen vom Fluglärm betroffen.
Zudem befinden sich insbesondere in den Flussgebieten und Auen von Saale und Weißer Elster zahlreiche Schutzgebiete nach europäischem und nationalem Recht, welche sehr bedeutsame Lebens- und Rückzugsräume für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten darstellen, als Sauerstoff- und Kaltluftproduzenten zur Verbesserung des Klimas beitragen sowie auf Grund ihrer städte- und landschaftsprägenden Bedeutung ebenso den Menschen als Erholungsraum dienen.

Nach Auffassung des Arbeitskreises Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) haben die hier lebenden ca. 1.012.100 bzw. ca. 1.500.000 betroffenen Menschen ein Anspruch auf eine öffentlich und transparent durchgeführte Umweltverträglichkeit, wo sie ordnungsgemäße Informationen erhalten können sowie ihre Bedenken und Hinweise schriftlich und mündlich vortragen können.
Das ist zudem ein Zeugnis ernsthafter Demokratie, welche keinen Platz für Kungeleien und Mauscheleien zu Lasten der Menschen sowie von Umwelt, Natur, Landschaft und Klima zulassen darf.

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit gibt zur aktuellen täglichen Neuausweisung von Siedlungs- und Verkehrsflächen in der Bundesrepublik Deutschland folgendes an, Zitat: „Täglich werden in Deutschland rund 58 Hektar als Siedlungsflächen und Verkehrsflächen neu ausgewiesen. Dies entspricht einer Flächenneuinanspruchnahme – kurz Flächenverbrauch – von circa 82 Fußballfeldern.“, Zitat Ende
Das ergibt im Jahr einen Flächenverbrauch im Umfang von 21.170 ha. Im Vergleich dazu liegt diese Zahl zwischen der Fläche der Stadt Essen (21.034 ha) und der Stadt Lübeck (21.419 ha).
Der nunmehrige Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD hat dazu folgendes vermerkt, Zitat:

Flächenschutz
Unser Ziel ist, den Flächenverbrauch bis zum Jahr 2030 auf maximal 30 Hektar/Tag zu halbieren. Wir prüfen, mit welchen zusätzlichen planungsrechtlichen und ökonomischen Instrumenten das Ziel erreicht werden kann.“, Zitat Ende

Nach Auffassung des AHA, ist bereits diese Anzahl, angesichts des fortgeschrittenen Versiegelungsgrades, viel zu hoch.

Ebenfalls fordert der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) weiterhin und mit Nachdruck die sofortige Umsetzung eines Nachtflugverbotes für den Flughafen Leipzig/Halle sowie das Ende der völkerrechtswidrigen militärischen Nutzung der Anlagen. Nur so lassen sich die unverantwortlichen Lärmbeeinträchtigungen sowie die damit verbundenen Gefahren für Gesundheit, Leben und Lebensgefahren sowie Umwelt und Natur erheblich reduzieren. Es gehört zu den verfassungsrechtlichen Pflichten der politischen Verantwortlichen Gefahren für Leben und Gesundheit von der Bevölkerung abzuwenden.
Ferner ruft der AHA die Bevölkerung auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung zur angekündigten Erweiterung des Frachtflughafens Leipzig-Halle einzufordern, sich verstärkt gegen Fluglärm und militärische Nutzung zu wehren und sich den bestehenden Organisationen anzuschließen, um die Region Halle/Leipzig vor Nachtfluglärm zu schützen, um so ein entscheidendes Stück Lebensqualität zurückzuholen.
Der AHA sieht sich auch als diesbezüglicher Anlaufpunkt an, so auch für den Mitgliedsverein Interessengemeinschaft Nachtflugverbot Leipzig/Halle e.V.. Folgende AHA-Kontaktadressen stehen zur Verfügung:

Sitz des Vereins

Arbeitskreis Hallesche Auenwälder
zu Halle (Saale) e.V. – (AHA)
Große Klausstraße 11

06108 Halle (Saale)

Tel.: 0345 200 27 46
E-Mail AHA: aha_halle@yahoo.de

Ortsgruppe Merseburg/
Umweltbibliothek Merseburg „Jürgen Bernt-Bärtl“

Arbeitskreis Hallesche Auenwälder
zu Halle (Saale) e.V. – (AHA)
Weiße Mauer 33

06217 Merseburg

E-Mail AHA: aha_halle@yahoo.de

Regionalgruppe Leipzig und Umland

Arbeitskreis Hallesche Auenwälder
zu Halle (Saale) e.V. – (AHA)
Otto-Adam-Straße 14

04157 Leipzig

Tel.: 0176 840 019 24 (Handytarife aus allen Netzen)
E-Mail AHA: aha_halle@yahoo.de

III. Angaben auf der Basis der Verfahrensunterlagen

Der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) greift hierzu inhaltlich die Stellungnahme der IG Nachtflugverbot Leipzig/Halle e.V. vom 07.02.2021 auf und fügt sie auszugsweise als Zitat ein:

„Wichtige Planungsunterlagen fehlen ganz oder sind unvollständig bzw. nicht nachvollziehbar.

Die Unterlagen sind zu ergänzen:

  • Nachreichung lärmmedizinischer Gutachten
  • Betrachtung der Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation WHO Dauerschallpegel von max. 40 dB nachts, da sonst mit schädlichen gesundheitlichen Auswirkungen zu rechnen ist
  • Überprüfung auf Umweltverträglichkeit
  • Überprüfung Einfluss auf Klimawandel
  • Betrachtung der Spitzenschallpegel anstatt nur auf Dauerschallpegel abzustellen
  • Widerspruch festgelegter Nachtschutzbereich wird kleiner obwohl prognostiziert wird, dass fast dreimal so viele Großraumfrachtflugzeuge nachts landen und starten sollen
  • Gutachten über KEP-Verkehr, nur Expressgut ist lt. Urteil des BVerwG nachts uneingeschränkt erlaubt, Überprüfung der unterschiedlichen Frachtarten im Nachtflugbetrieb
  • Überprüfung, ob tatsächlich ein unabhängiger An- und Abflugbetrieb auf beiden Start- und Landebahnen gewährleistet ist
  • Nachbesserung durch aktive Schallschutzmaßnahmen
    – Ausschluss von besonders lauten Frachtflugzeugen im Nachtflugbetrieb
    – Ausschließlicher Einsatz leiser Frachtmaschinen, s.
  • Nächtliche Lärmobergrenze bzw. Lärmkontingente
    – Lärmberechnung nach Aufwachreaktionen (PFB 2004), direkter Vergleich der Lärmberechnung nach AWR und Fluglärmgesetz
  • Nachbesserung durch passive Schallschutzmaßnahmen
    – Schallschutzfenster in allen Aufenthaltsräumen
    – Schalldämmung am Dach
    – Schalldämmung an Fassaden
    – Einbau Lüftungstechnik nach neuestem Stand der Technik, Lüftungskonzept
    – Kostenübernahme für alle Wartungsarbeiten, regelmäßige Überprüfung der Schallschutzfenster, Lüftungsanlagen etc.

In den Antragsunterlagen findet das Schutzgut Mensch keinerlei Beachtung!
Dabei ist Gesundheit unser höchstes Gut, dass es zu schützen gilt! In den Unterlagen befinden sich keine lärmmedizinischen Gutachten; die neuesten lärmmedizinischen Erkenntnisse sind zu berücksichtigen.
Die Rechtsprechung unterschiedlicher Gerichte hebt im Einklang damit hervor, dass ungestörter Schlaf zu den Grundbedürfnissen des Menschen gehöre, lebensnotwendig sei und somit erhöhten Schutzes bedürfe. Auch das in Art. 8 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) gewährleistete Recht auf Achtung des Privatlebens und der Wohnung bietet nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) Schutz vor unzumutbaren Lärmimmissionen.

Der stadtnahe Flughafen soll im Frachtbereich massiv ausgebaut werden. So sollen u.a. allein im Südbereich auch 36 neue Flugzeugabstellplätze errichtet werden. Dadurch ist zu erwarten, dass diese zusätzlichen Abstellplätze gerade in der Nacht von noch mehr Frachtmaschinen genutzt werden. Damit kommt es zu einer weiteren (zusätzlichen) unzumutbaren Fluglärmbelastung gerade in der besonders schützenswerten Nacht. Das LuftVG muss beachtet werden. Es fordert in § 29b: „Auf die Nachtruhe der Bevölkerung ist in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen. (2) Die Luftfahrtbehörden und die Flugsicherungsorganisation haben auf den Schutz der Bevölkerung vor unzumutbarem Fluglärm hinzuwirken.“ Das ist bisher nur durch passiven Schallschutz geschehen.

Dabei hat die Lärmwirkungsforschung in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. So ist in wissenschaftlichen Studien längst nachgewiesen worden, dass Fluglärm und das insbesondere in der Nacht, u.a. zu schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen kann. Zum ersten Mal hat jetzt eine Studie gezeigt, dass lauter Fluglärm in der Nacht innerhalb von zwei Stunden zum Herz-Kreislauf-Tod führen kann. Diese Studie wurde erst vor wenigen Wochen im European Heart Journal veröffentlicht. Die Fachzeitschrift gehört zu den drei bedeutendsten Zeitschriften der kardiovaskulären Medizin weltweit. Das European Heart Journal publiziert nur Artikel von höchster wissenschaftlicher Qualität sowohl aus der klinischen Forschung als auch aus der kardiovaskulären Grundlagenforschung, siehe auch:

https://www.swisstph.ch/de/swiss-tph-news/news-detail-d/news/airplane-noise-at-night-can-trigger-cardiovascular-death/

Wissenschaftliche Studien zeigen eindeutig, dass die gesundheitlichen Folgen von Fluglärm, insbesondere von Nachtfluglärm, erheblich sind. Zum Schutz der Bevölkerung empfiehlt daher das Umweltbundesamt, den regulären Flugbetrieb in der Zeit von 22 bis 6 Uhr ruhen zu lassen. Der unabhängige Sachverständigenrat für Umweltfragen fordert den unbedingten Schutz der Nachtruhe, auch die Nachtkernstunden sollen demnach grundsätzlich von Flugaktivitäten frei bleiben.
Nachtruhe ist ein verfassungsrechtlich verbrieftes Grund- und Menschenrecht!
Schon längst ist für die Anwohner die Grenze an nächtlicher Fluglärmbelastung überschritten.
Es findet ein nicht verfassungskonformer Eingriff in die Grundrechte statt!

Die Weltgesundheitsorganisation hat im Jahr 2018 neue Leitlinien für Umgebungslärm veröffentlicht. Ziel der Leitlinien ist es, der Politik in Europa klare Empfehlungen für den Schutz der Gesundheit abzugeben. Für Fluglärm empfiehlt die WHO, dass der Dauerschallpegel in der Nacht auf weniger als 40 dB reduziert werden sollte, weil Fluglärm oberhalb dieser Werte mit schädlichen gesundheitlichen Auswirkungen bzw. mit negativen Auswirkungen auf den Schlaf verbunden ist. Diese Empfehlung ist zu beachten!
„Lärm ist nicht nur ein Umweltärgernis, sondern auch eine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit“, sagt die WHO-Regionaldirektorin für Europa Zsuzsanna Jakab. Die Planfeststellungsbehörde hat die rechtliche Möglichkeit dazu, die Bedrohung der öffentlichen Gesundheit abzuwenden!

In den Unterlagen wird der Fluglärm nur auf gemittelte Dauerschallpegel in den 6 verkehrsstärksten Monaten berechnet. Zum Schutz der menschlichen Gesundheit müssen aber unbedingt die Spitzenschallpegel mit betrachtet werden. Die Menschen werden nachts nicht durch Dauerschallpegel, sondern durch Lärmspitzen wach!
Gerade die Großraumflugzeuge machen in der Nacht einen ungeheuerlichen Lärm. Die Frachtmaschinen starten nachts im 1- bis 2-Minutentakt. Dadurch ist ein Wiedereinschlafen nach dem Wachwerden nicht mehr gewährleistet.
Entsprechend des Planfeststellungsbeschlusses (PFB) von 2004 „… muss ein erinnerbares Aufwachen infolge Fluglärms nach dem lärmmedizinischen Gutachten in jedem Fall ausgeschlossen sein.“
Die Planfeststellungsbehörde hat auch zurecht erkannt: „Tritt in dem aufgewachten Zustand in der wachen Zeit ein neues Fluglärmereignis auf, wird das Wiedereinschlafen behindert.“ Da die Frachtflugzeuge in der Nacht unmittelbar hintereinander starten, ist ein Wiedereinschlafen nicht mehr gewährleistet. Das muss aber für jeden Bürger sichergestellt werden.

Der Nachweis dafür, dass durch dauerhafte hohe Umweltbelastungen auch gesundheitliche Wirkungen wie Herz-Kreislaufkrankheiten hervorgerufen werden können, ist in der Fachwelt mittlerweile unstrittig. Die Frage ist heutzutage nicht mehr, ob Lärm krankmacht, sondern in welchem Ausmaß […].“ Siehe auch: BT-Drs. 17/10918
Vorsorge ist in Deutschland als Staatsziel im Grundgesetz verankert. Lt. Urteil des BVerwG vom 19.12.1985, Az: 7 C 65.82, müssen „auch solche Schadensmöglichkeiten in Betracht gezogen werden, …für die noch keine Gefahr, sondern nur ein Gefahrenverdacht oder ein Besorgnispotential besteht.“ Die Europäische Gemeinschaft hat das Vorsorgeprinzip im Februar 2000 bekräftigt! Und auch der sächsische Koalitionsvertrag fordert den verbesserten Nachtschutz der Bevölkerung zu gewährleisten.

Der weitere Ausbau des Frachtflughafens kann gegen Umweltanforderungen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen verstoßen. So hat ein englisches Berufungsgericht bereits einen Ausbaustopp für den Flughafen Heathrow verhängt. Im Antrag wurden die Umweltanforderungen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen nicht beachtet.

Einwand zu FFH-VU 4639-301 Leipziger Auensystem und SPA 4639-451 Leipziger Auwald, Seite 9 und 10:
Eine Erweiterung eines Flughafens erfolgt immer mit dem Ziel, mehr Flüge innerhalb von 24 Stunden zu ermöglichen. Dies führt regelmäßig auch zu einer noch höheren Fluglärmbelastung. Zudem fliegt DHL auch am Tag. Die Untersuchung der Auswirkungen der Erweiterung des Flugbetriebes auch am Tag auf die nahegelegenen SPA- und FFH-Gebiete wurde gänzlich unterlassen.

Entsprechend der Flugverkehrsprognose Kap. 6, S. 81 ist zu erwarten, dass die Fluglärmbelastung und die Anzahl der Maximalschalldruckpegel durch besonders lärmintensive Großraumflugzeuge gerade in der besonders schützenswerten Nacht extrem zunehmen werden. Die Prognosen im Planfall 2032 sehen vor, dass in den 6 verkehrsreichsten Monaten 21.148 Großraumflugzeuge in der Nacht starten und landen werden. Im Vergleich dazu waren es im Jahr 2018 in der Nacht „nur“ 8.032 DHL-Großraumflugzeuge. Das ist eine Zunahme bei besonders lauten Frachtmaschinen von über 160(!) Prozent innerhalb von 14 Jahren!
Neben DHL fliegen nachts mittlerweile weitere 60 Frachtflugairlines, die Bundeswehr, das Pentagon usw. den Flughafen an. Auch diese Frachtfluggesellschaften werden künftig mehr Luft- und Militärfracht umschlagen wollen. In den Unterlagen finden sich darüber keine Prognosen.

Die erstellten Prognosen gehen ausschließlich bei DHL von einem Zuwachs an normaler KEP-Fracht (Kurier-, Express- und Paketdienste) und das insbesondere gerade im Nachtzeitraum aus.
Dabei ist laut Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Juli 2008 – BVerwG 4 A 3001.07 nachts nur der Transport von Expressfracht uneingeschränkt erlaubt, welche zwar normale Fracht in kleinerer Menge mitziehen kann. Aber weit überwiegend muss die umgeschlagene Luftfracht hocheilige Expressfracht sein. Das höchstrichterliche Urteil des BVerwG ist nicht berücksichtigt worden!

Bodenlärm (Ordner 8): Die lange Lärmschutzwand am Bahnterminal ist praktisch wirkungslos, da sie von den Lärmquellen zu weit entfernt ist. Die wenigen Lärmschutzwände an den Vorfeldern sind zu kurz.
Forderung: Neuplanung unter Berücksichtigung aktueller Messdaten und Verlängerung der bestehenden Lärmschutzwand an der Stellfläche Z1, RAMP 4. Zu errichtenden Gebäude können nicht als Lärmschutzmaßnahme angerechnet werden.

Lärmschutzmaßnahmen (Ordner 8): Die Erfahrungen der Fluglärmbetroffenen des Flughafens Leipzig/Halle haben gezeigt, dass die in Verbindung mit Schallschutzfenstern montierten Zulüfter relativ laute Eigengeräusche verursachen, mehrmals in der Nacht ausfallen und völlig unzureichend sind und nicht dem Stand der Technik entsprechen. Mit dem ausschließlichen Einbau dieser Zulüfter wurde/wird gegen die DIN 1946-6 verstoßen, da auf die Erstellung eines geforderten Lüftungskonzeptes verzichtet wurde.
Forderung: Ein Lüftungskonzept ist unter o. g. Gesichtspunkten für jedes einzelne Wohnhaus zu erstellen und es dürfen ausschließlich nur Lüftungsanlagen eingebaut werden, die dem heutigen Stand der Technik entsprechen.

Luftqualität (Ordner 4):
• Alle Emissionsberechnungen sind unzureichend, da der Schadstoffausstoß nur bis zu einer Flughöhe von 914 m über Grund berücksichtigt wird (LTO-Zyklen). Oberhalb dieser Grenze anfallende Schadstoffmengen werden nicht erfasst. Forderung: Berechnung der Emissionen auf der Grundlage des Kerosinverbrauchs des Flughafens bzw. deren vollständigen Erfassung auch über einer Flughöhe von 914 m.
• Die bodennahen Emissionen werden durch die Bezugsgröße „bis 914 m über Grund“ falsch dargestellt. Forderung: Ermittlung der bodennahen Emissionen durch echte Messungen und mit realistischer „bodennaher“ Begrenzung (z. B. 1–5 m über Grund). Einbeziehung von Ultrafeinstaub, Kohlenwasserstoffe, Benzol. Ein jährliches Monitoring hierzu ist notwendig.
• Alle Ausbreitungsberechnungen beziehen sich auf Jahresmittelwerte. Diese spiegeln die tatsächliche, zeitweise sehr hohe Belastung unzureichend wider. Damit werden besonders gesundheitsschädliche Maximalwerte nicht dokumentiert und nicht berücksichtigt. Forderung: Durchführung der Ausbreitungsberechnungen auf der Grundlage echter Messungen und der Maximalwerte. Jährliches Monitoring.
• In der unmittelbaren Umgebung des Flughafens werden sehr häufig ölige Ablagerungen auf Oberflächengewässern und sehr starke Geruchsbelästigungen registriert, die durch die vorherrschende Windrichtung eindeutig mit dem Flugbetrieb korrelieren. Forderung: Gefährdungsabschätzung für Mensch und Natur durch Messung von Schadstoffen im Boden, in der Luft und in Oberflächengewässern in der unmittelbaren Umgebung des Flughafens. Jährliches Monitoring.
• Die gesundheitsschädliche Wirkung von Ultrafeinstaub ist völlig unzureichend dargestellt. Es fehlen relevante Mess- bzw. Zählwerte aus der Umgebung des Flughafens und es liegen keine Daten zu dessen Ausbreitung vor. Kürzlich veröffentlichte internationale Studien zeigen jedoch, dass durch Flugzeugtriebwerke auch massiv sogenannte ultrafeine Partikel emittiert werden. Die niederländische Studie „Ultrafijn Stof Rondom Schiphol“ von 2014 zeigt gesundheitsgefährdende Erhöhungen der Ultrafeinstaubkonzentration in Wohngebieten in der Umgebung des Amsterdamer Flughafens. Das Risiko eines vorzeitigen Todes durch Lungenerkrankungen erhöhe sich um drei Prozent je 10.000 Partikel in einem Kubikzentimeter Luft. https://www.vcd.org/fileadmin/user_upload/Ultrafeinstaub_Amsterdam.pdf

Die prognostizierten Werte für den Plan-Null-Fall und den Plan-Fall sind gleich. Das kann auf jeden Fall nicht richtig sein, da alle anderen Werte im Plan-Fall in der Regel immer höher ausfallen. Forderung: Durchführung von Messungen bzw. Zählung von Ultrafeinstaubpartikeln wie bspw. im Umfeld der Flughäfen Frankfurt/Main, Berlin-Brandenburg und München.

https://www.uni-bayreuth.de/de/universitaet/presse/pressemitteilungen/2020/109-ultrafeinstaub-flughafen-muc/index.html

Ausbreitungsberechnungen und Abschätzung des Gesundheitsrisikos für Mensch und Natur müssen nachgereicht werden. Jährliches Monitoring.

Es finden sich in den Unterlagen keine aktiven Schallschutzmaßnahmen wieder. Dabei ist der Verzicht auf eine Beschränkung der nächtlichen Flugbewegungen durch entsprechende Betriebsregelungen mit dem Abwägungsgebot (§ 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG) nicht vereinbar! Besonders laute Frachtmaschinen müssen aus dem Nachtflugbetrieb ausgeschlossen werden. Marktübliche Start- und Landeentgelte, lärm- und emissionsabhängige Entgelte sowie Nachtzuschläge müssen obligatorisch sein. Dabei fordert Luftverkehrsgesetz (LuftVG) § 19b ganz eindeutig: In der Entgeltordnung von Verkehrsflughäfen ist eine Differenzierung der Entgelte nach Lärmschutzgesichtspunkten vorzunehmen; daneben soll eine Differenzierung nach Schadstoffemissionen erfolgen. Das bestehende Rabattsystem für die Höhe der umgeschlagenen Frachtmengen muss umgehend abgeschafft werden. Das Rabattsystem lockt durch Preisdumping nicht nur wettbewerbswidrig und auf Kosten der Umwelt weitere Frachtmengen an den Flughafen Leipzig/Halle, es verhindert gar, dass der Flughafen wirtschaftlich betrieben werden kann und der Flughafen auf Staatshilfe angewiesen ist.

Ebenso sind in den Antragsunterlagen keine passiven Schallschutzmaßnahmen zu finden. Dabei sollte doch der Schutz der menschlichen Gesundheit beim geplanten Ausbau oberste Priorität haben! Wir fordern daher, dass ohne eine Terminbegrenzung in den berechtigten Wohnhäusern Schallschutzfenster in allen genutzten Räumen eingebaut werden und nicht nur in den Schlaf- und Kinderzimmern, wie es die bisherige Praxis war. Wohnhausdächer und Fassaden müssen auf Kosten des Flughafens schallgedämmt werden. Bisher hat der Flughafen diese Maßnahmen stets abgelehnt. Bestehende passive Schallschutzmaßnahmen müssen auf zukünftige Lärmereignisse überprüft und ggf. erweitert werden. Nur so kann ein halbwegs ausreichender Lärmschutz gewährleistet werden.

Das seinerzeitige Nachschutzgebiet wurde unter Hinweis darauf, dass gekippte Fenster als schalltechnisch schwächste Bauteile in der Gebäudehülle einen Mindestschallschutz von
15 dB(A) garantieren.
Diese grundlegende Annahme (s. Basner) wurde jedoch an keiner Stelle belegt oder hinterfragt und wird hiermit von uns bestritten und der Klärung durch eine gutachterliche Stellungnahme (Institut für Fenstertechnik (ift), Rosenheim) anheimgestellt.
Vielmehr ist davon auszugehen, dass die maximalen Schalldämmwerte je nach Größe der Fenster und der Spaltöffnung bei max. 8-10 dB(A) liegen (Beweis: gutachterliche Stellungnahme).
Sollte sich die ursprüngliche Annahme als tatsächlich falsch erweisen, wäre die seinerzeitige Ausweisung der Nachtschutzzone zu klein dimensioniert und zu wenige Anwohner wären in das Schallschutzprogramm einbezogen worden.
Wir fordern die Planfeststellungsbehörde hiermit auf, das obig erwähnte Gutachten einzuholen und ggfls. das Nachtschutzgebiet neu zu berechnen.

Es ist auch am Tag mit einer signifikanten Zunahme des Flugbetriebes zu rechnen. Die fehlenden Angaben über die prognostizierten Entwicklungen der 60 weiteren Frachtflugairlines, der militärischen Flugbewegungen sowie der Passagierflüge am Flughafen sind zu ergänzen.
Die genauen Auswirkungen auf das SPA- und FFH-Gebiet sind zu benennen.
Die Aussage, dass das FFH- bzw. das SPA-Gebiet nicht überflogen werden, ist grundlegend falsch und unwahr. Ebenso wird auch das als Natura 2000 an die Europäische Kommission gemeldete Europäische Vogelschutzgebiet – Agrarraum und Bergbaufolgelandschaft am Werbeliner See bei Delitzsch – nachts bei Windrichtung Ost bei allen Nordabkurvungen sowohl von der SLB Süd, als auch von der SLB Nord direkt und relativ niedrig mit ohrenbetäubenden Frachtfluglärm überflogen. Längst gibt es erste Anzeichen von Störungen bei den geschützten Vogelarten im Europäischen Vogelschutzgebiet.

Der weitere Ausbau des Flughafens mit zusätzlichen Flugzeugstellflächen wird in der Nacht noch weitaus intensiveren Flug- und Bodenlärm verursachen und stellt daher einen eklatanten Verstoß gegen den Sächsischen Koalitionsvertrag dar.
So ist im Sächsischen Koalitionsvertrag u.a. festgeschrieben: Im Interesse der Menschen im Ballungsraum Leipzig und der Akzeptanz der weiteren ökonomischen Entwicklung des Flughafens werden wir uns für eine weitere Reduzierung der Fluglärmbelastungen einsetzen.Mit einem geplanten weiteren Ausbau ist dieser Grundsatz nicht vereinbar.
Wissenschaftliche Studien zeigen eindeutig, dass die gesundheitlichen Folgen von Fluglärm, insbesondere von Nachtfluglärm, erheblich sind. Zum Schutz der Bevölkerung empfiehlt das Umweltbundesamt daher, den regulären Flugbetrieb in der Zeit von 22 bis 6 Uhr ruhen zu lassen.
Auch der Leipziger Stadtrat hat den Ausbau des Frachtflughafens Leipzig/Halle aus Gründen des Lärm- und Umweltschutzes längst abgelehnt!
Nachtruhe ist ein verfassungsrechtlich verbrieftes Grund- und Menschenrecht!

Die gesetzliche Regelung der Fluglärmproblematik im Luftverkehrsrecht ist unterentwickelt. Das LuftVG enthält keine Grenzwerte für Fluglärm. Lärmschutz sollte daher grundsätzlich vorrangig durch aktive Lärmschutzmaßnahmen verwirklicht werden. Es besteht zudem eine staatliche Schutzpflicht für die menschliche Gesundheit, die nicht zu einer Entwertung des Schutzes der Nachtruhe führen darf. Die Nachtkernstunden sollen demnach grundsätzlich von Flugaktivitäten frei bleiben. Das DLR hat im Rahmen der DLR-Studie (Grundlage für das Nachtschutzkriterium) betont, dass aus medizinischer Sicht passiver Schallschutz nur als ultima ratio eingesetzt werden sollte.

Laut der monatlich auf der Flughafen Homepage veröffentlichten Lärmmessberichte der 10 stationären Lärmmessstellen des Flughafens, reichen die nächtlichen Dauerschallpegel schon jetzt in einigen Ortschaften bis kurz an den Grenzbereich für das verpflichtende Übernahmegebiet im Planfeststellungsbeschluss von 2004 – energieäquivalenter Dauerschallpegel von 58,7 dB(A) außen – heran.
Die Planfeststellungsbehörde folgt deshalb hier der zuvor zitierten Rechtsprechung (vgl. auch BVerwGE 101, 11; VGH Mannheim, NVwZ-RR 2003, 412) und sieht diese Voraussetzungen, die ein gesundes Wohnen nicht mehr zulässt, bei einem nächtlichen Dauerschallpegel von 60 dB(A) als erreicht an.
Die Planfeststellungsbehörde sieht deshalb bereits bei einem Leq nachts von 58,7 dB (A) einen Übernahmeanspruch als begründet an. Das Entschädigungsgebiet „Übernahmeanspruch“ umfasst das Gebiet, welches von der Grenzlinie eines für die Nachtstunden (22 bis 6 Uhr) der sechs verkehrsreichsten Monate ermittelten energieäquivalenten Dauerschallpegels von 58,7 dB(A) außen, umschlossen wird.

Im Rahmen der Planänderungsunterlagen wird kein Ausschluss von besonders lauten Frachtflugzeugen im Nachtflugbetrieb berücksichtigt. Wir fordern die Planfeststellungsbehörde daher auf, festzuschreiben, dass das Flughafenkonzept der Bundesregierung aus dem Jahr 2009, wonach ausschließlich modernstes Fluggerät, das einem fortschrittlichen Stand der Technik entspricht, im Nachtflugbetrieb eingesetzt werden darf.
Die Flugzeugmuster mit besonders hohen Schalldruckpegeln wie An 12, An 22 und An 26, A306, Boeing 747 sowie die An 124-100 sind vom nächtlichen Flugbetrieb auszuschließen, analog der nächtlichen Betriebsuntersagung der An 124-100 am Flughafen Frankfurt/Main.
Die Planfeststellungsbehörde ist kompetent, in der lfd. Planänderungsfeststellung weitgehende Betriebsregelungen (Sperr-, Betriebszeiten, Bahnbelegung, Landeverfahren) zum Schutz der Anwohner zu treffen. Betriebliche Regelungen können auch Gegenstand der Planfeststellung sein (§ 8 Abs. 4 Satz 1 LuftVG). In diesem Fall ist die Genehmigung nach § 6 Abs. 4 Satz 1 LuftVG anzupassen. Diese Regelungen haben keinen Appellcharakter, sondern sind von allen am Luftverkehr Beteiligten zu beachten.
Der Verzicht auf eine Beschränkung der nächtlichen Flugbewegungen durch entsprechende Betriebsregelungen ist mit dem Abwägungsgebot (§ 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG) nicht vereinbar!

Es ist außerdem zu prüfen, ob nach den im Luftfahrthandbuch veröffentlichten Flugrouten überhaupt ein unabhängiger An- und Abflugbetrieb gewährleistet ist. Im PFB von 2004 wird hervorgehoben, dass der für ein Drehkreuz notwendige unabhängige Flugbetrieb erst mit dem unabhängigen Pistensystem ermöglicht werde und nur so, dass zu erwartende hohe Bewegungsaufkommen in der Spitzenstunde bewältigt werden könne (PFB. S. 86).
Ein unabhängiger Abflugbetrieb ist u.E. nach über 12 Jahren nächtlichem Frachtflugbetrieb noch immer nicht möglich und ist dadurch mit dem eigentlichen Ausbauziel von 2004 nicht vereinbar.

Luftverkehrsprognose (Ordner 1)
Die Prognose des Luftverkehrsaufkommens für 2032 auf der Grundlage der Daten von
1995-2014 ist falsch, da die durch die Corona-Pandemie verursachten dramatischen Veränderungen nicht berücksichtigt werden. Wegen drastisch rückläufiger Passagierflüge wird deren Cargo-Zuladung stark abnehmen und dadurch der reine Cargo-Flugverkehr noch mehr zunehmen. Deshalb sind alle weiteren Gutachten, die auf der o. g. Luftverkehrsprognose basieren, ebenfalls falsch.
Forderung: Die Luftverkehrsprognose und alle darauf basierenden Gutachten sind unter Berücksichtigung der durch die Corona-Pandemie bedingten starken Veränderungen neu zu erstellen.

Grundsätzliche Forderung zu Emissionen: Bewertung aller Emissionen wie Lärm und Schadstoffe sowie deren Ausbreitung nicht allein auf der Grundlage berechneter Mittelwerte, sondern Kalkulation der Prognosen für 2032 auf der Basis aktueller Messergebnisse und Berücksichtigung vor allem der nächtlichen Maximalwerte.

Klimaschutz (Ordner 8): In allen Gutachten findet sich kein Bezug darauf, welchen Beitrag der Flughafen zur Erfüllung das Pariser Klimaschutzabkommens (2015), der Klimabeschlüsse der Bundesregierung, der EU-Kommission und des EU-Parlamentes leistet. Es gibt keinerlei Aussagen darüber, wie die durch die Erweiterung verursachte dramatische Steigerung ökologisch schädlicher Emissionen begrenzt bzw. reduziert werden kann. Der Flughafen ist bereits heute der größte Verursacher klimaschädlicher Gase in Sachsen. Die ausschließliche Kompensation der erzeugten klimaschädlichen Gase durch Emissionshandel ist mit den Zielen des Klimaschutzes unvereinbar. Deshalb beantragen wir die Ablehnung der Erweiterung des Frachtflughafens.

Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), Alternativenprüfung nach § 16 Abs. 1 Nr. 6 UVPG (Ordner 8):
Im aktuell vorliegenden Antrag wurde die Nutzung des Luftfrachtumschlagebahnhofs als Alternative zu Inlandsflügen nicht betrachtet.
Forderung: Erstellung eines Anbindungskonzeptes mit der DB Cargo für Kurzstrecken.
Es wird nicht hinreichend dargelegt, warum ein enges Zeitfenster für den Warenumschlag vorliegt und dass Alternativen mit etwa 30 Minuten längeren Umschlagzeiten inakzeptabel wären. Forderung: Plausible Erklärung des engen Zeitfensters für den Warenumschlag, Beschreibung der Alternativen und schlüssige Begründung für deren Inakzeptanz.
Für die im Antrag als Mehrbedarf ausgewiesenen 12 Flugzeugabstellplätze ist die Fläche von 400.000 qm viel zu groß bemessen.
Forderung: Schlüssige Begründung für die geplante erhebliche Vergrößerung des Vorfeldes.
In allen öffentlichen Informationsveranstaltungen, die im Jahr 2020 zum Ausbau des Flughafens stattgefunden haben, wurde von 36 Stellplätzen gesprochen. Der Widerspruch ist genauestens zu prüfen und darzulegen.

FFH-VU 4639-301 Leipziger Auensystem und SPA 4639-451 Leipziger Auwald (Ordner 9) und Flugrouten (Ordner 7): Durch die Flugrouten DEP08R_GOLAT_1E (2) /_NEVKO_1E (2) und EP08L_GOLAT_1Q (1) /_NEVKO_1Q (1) „Kurze Südabkurvung“ wird das FFH- Gebiet Leipziger Auensystem und SPA- Gebiet Leipziger Auwald überflogen. Die in o. g. Dokumenten aufgestellte Behauptung (S.14 bzw. S.12) „Das SPA wird nur … in großer Höhe überflogen.“, ist falsch. Die o. g. Abflugrouten enthalten keine Mindestflughöhen, so dass es bereits in der Vergangenheit zu Überflügen unter 600m über Grund gekommen ist. Forderung: Die o. g. Routen der „kurzen Südabkurvung“ sind gemäß dem einstimmigen Beschluss des Deutsche Bundestages ersatzlos zu streichen.

Absturz und Störfälle (Ordner 8):
Ein Notfallplan bzw. Havarie-Konzept, die eventuelle Stör- bzw. Unfälle, insbesondere Havarien beim Überflug über bewohntem Gebiet mit einkalkulieren, liegen nicht vor. Das stellt einen gravierenden Mangel dar.
Forderung: Risikoanalyse und Erstellung eines Notfallplans für Stör- und Unfälle auf dem Flughafen und insbesondere für Havarien beim Überflug von bewohntem Gebiet.

Siedlungsbeschränkungsbereich:

Durch die Erweiterung des Frachtflughafens wird der sogenannte Siedlungsbeschränkungsbereich erheblich ausgedehnt (Stichwort Flächenfraß). Die durch den Antrag beanspruchten Flächen entsprechen vom Umfang her in etwa der Fläche der Stadt Leipzig. Diese Flächen stehen für den Neubau von Wohnungen, Schulen, Kitas, Freizeiteinrichtungen usw. in Zukunft nicht mehr zur Verfügung. Darüber hinaus werden durch die besagten Siedlungsbeschränkungsmaßnahmen weitere tausende Bürgerinnen und Bürger zusätzlichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen ausgesetzt. Die kommunale Selbstverwaltung nach Artikel 28 Abs. 2 GG wird weitestgehend eingeschränkt bzw. ausgeschlossen. Dies muss mit entsprechenden Auflagen vermieden werden.

Der Schutz der menschlichen Gesundheit ist ein Menschenrecht und im Grundgesetz verankert; der uneingeschränkte Betrieb des nächtlichen Frachtumschlages an einem stadtnahen Flughafen nicht!
Der uneingeschränkte Nachtflugbetrieb für Fracht- und Militärmaschinen am Verkehrsflughafen Leipzig/Halle verstößt gegen Art. 8 EMRK (hier: staatliche Schutzpflicht vor unzumutbaren Umweltbeeinträchtigungen). Hier kommt es zu einer dauerhaften Benachteiligung von jungen Familien, die sich in den betroffenen Regionen nicht mehr ansiedeln können. Gemeinden und kleinere Ortschaften werden in Ihrer Entwicklung eingeschränkt. Das kann nicht hingenommen werden.

Am stadtnahen und ringsum dicht besiedelten Flughafen Leipzig/Halle gibt es durch den uneingeschränkten Nachtflugbetrieb derzeit über 70.000 unmittelbar und hochgradig vom Nachtfluglärm Betroffene, außerdem ist der Schutz der menschlichen Gesundheit nicht gewährleistet. Dem muss mit betrieblichen Regelungen Rechnung getragen werden.
Mittlerweile stößt der nächtliche Frachtflugbetrieb bei einem Großteil der Bevölkerung auf Ablehnung. Der Raubbau an der Umwelt darf so nicht weitergehen.

Deshalb lehnen wir den weiteren Ausbau im Frachtbereich des Flughafens ab und fordern gleichzeitig eine signifikante Beschränkung der Nachtflüge auf unbedingt notwendige und eilige Luftfracht, wie z.B. dringende medizinische Ausrüstungen.“, Zitat Ende

Andreas Liste
Vorsitzender

Halle (Saale), den 14.02.2021

„Stoppt den Ausbau des Flughafens Leipzig/Halle!“

Das Aktionsbündnis gegen den Flughafenausbau und die Bürgerinitiative „Gegen die neue Flugroute“ rufen zur Kundgebung auf

Montag, den 15. Februar 2021 um 14:30 Uhr vor der Landesdirektion Sachsen, Leipzig

Mit dem derzeit laufenden Planfeststellungsverfahren will DHL seine Kapazität am Flughafen um 67% erweitern. Das bedeutet eine massive Zunahme der Lärm- und Klimabelastung, sowie des Ausstoßes von Ultrafeinstaub, nicht nur für Leipzig, sondern für die ganze Region. Wir sagen deshalb:
Der Flughafenausbau muss gestoppt werden!

Die Bürgerbeteiligung zu den Ausbauplänen für den Frachtflughafen Leipzig/Halle ist bisher völlig fehlgeschlagen: Vor gut einem Jahr gab es Informationsveranstaltungen zum Ausbauvorhaben, bei denen Fragen und Diskussionen unterbunden wurden. Mit dem Stadtratsbeschluss vom 10. Juni wurde eine Informationsveranstaltung beschlossen, die nie umgesetzt wurde. Seit dem 16. November 2020 läuft die „öffentliche Auslegung“ der endlos langen und für Laien unverständlichen Pläne zum Ausbauvorhaben. Dabei wird einfach so getan, als ob es keinen Corona-Lockdown gebe. Und schließlich hat die Landesdirektion Sachsen (LDS) in ihren Bekanntmachungen über die Auslegung auch noch ihre eigene Adresse falsch angegeben! Ein solches Verfahren ist unzumutbar!

Am 15. Februar endet die Einspruchsfrist gegen das ausgelegte Planfeststellungsverfahren (PFV). Wir lassen dieses scheindemokratische Desaster nicht unkommentiert und rufen daher erneut zum Protest gegen den Flughafenausbau auf!

Wir freuen uns, wenn von allen uns wohlgesonnen Gruppen Vertreter und Vertreterinnen erscheinen. Überlegen Sie sich aber, ob es in diesen Zeiten ratsam ist, in großer Zahl aufzuschlagen.

Demo gegen den Flughafenausbau am 24. Juli 2020 in Leipzig, Quelle: Leipziger Zeitung

Wann? Am 15. Februar 2021 um 14:30 Uhr
Wo? Leipzig, Braustraße 2 vor der Landesdirektion Sachsen
Was? Kundgebung mit Redebeiträgen und Übergabe einer Protestnote
Wie? Mit 1,5m Abstand untereinander und FFP2-Masken

Matthias Zimmermann, Pressesprecher BI „Gegen die neue Flugroute“
Elisabeth Reckmann, Aktionsbündnis gegen Flughafenausbau

AHA fordert weiterhin und verstärkt eine naturnahe Entwicklung des Ettersberges!

Mit sehr großer Besorgnis und absolutem Unverständnis hat der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) die Massenfällung von rund 500 Bäumen in der Prinzenschneise im Bereich von Weimar-Schöndorf sowie den respektlosen Umgang von leitenden Vertretern von ThüringenForst – Anstalt öffentlichen Rechts“ (Landesforstanstalt) mit der Bürgerinitiative „Pro Ettersberg“ aufgenommen.
Der weiter aktuelle fachlich-inhaltliche Ausgangspunkt des seit dem Jahr 2019 vom Umweltbundesamt nach § 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannten Umwelt- und Naturschutzvereinigung Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) beruht auf folgender Feststellung:

Der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) ist der Auffassung, dass ein dauerhafter Schutz und Erhalt des von Arten- und Strukturreichtum gekennzeichneten, aber auch von sehr großer historischer Verantwortung geprägter 17 km² großen Ettersberg mit seinen 3 Naturschutzgebieten Rautenschlag (19 ha), Prinzenschneise (88 ha) und Südhang Ettersberg (408 ha) zu gewährleisten ist. Ferner befindet sich der größte Teil der Landschaft im EU-Vogelschutzgebiet Ackerhügelland und im FFH-Gebiet Nr. 45 „Großer Ettersberg“, wo dringender Schutzbedarf geboten ist.

In dem Zusammenhang sei daran erinnert, dass u.a. bereits in einer Begehung am 26.07.2017 im Bereich des Naturschutzgebietes „Prinzenschneise“ die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Spuren von massiven bisherigen forstwirtschaftlichen Eingriffen mit deutlichen Spuren in Form von etwa alle 20 m von der Prinzenschneise nach Norden und Süden in den Wald gefrästen Rückegassen, gefällten Bäumen und zerfahrenen Waldböden und Wegen feststellten.
Darüber hinaus erfolgten auch Abholzungen, welche zu umfassenden Lichtungen führten. Selbst vor dem Naturschutzgebiet „Prinzenschneise“ machten die Abholzungsmaßnahmen des Forstes keinen Halt.
Auf Grund der Tatsachen, dass es sich hier um NSG und ein FFH-Gebiet handelt, leiten sich zwingende Notwendigkeiten ab, wozu ein Verschlechterungsverbot gehört. Die bisher durchgeführten massiven Abholzungen, denen offensichtlich Traubeneichen, Winterlinden, Eschen, Salweiden, Bergahorne und Birken zum Opfer fielen, widersprechen dem ebengenannten Ansinnen. Nach Auffassung des Arbeitskreises Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) gilt es daher in derartigen schutzwürdigen Gebieten vorrangig eine naturnahe Entwicklung zuzulassen. Die immer vom Forst vorgetragene Behauptung, dass nur forstwirtschaftliche Maßnahmen die Vermehrung und Entwicklung von Stiel- und Traubeneiche ermöglichen, ist nicht korrekt. Abgesehen davon, dass die Fällungen und der Einsatz von schwerer Räumtechnik die Struktur der Wälder stören bzw. gar zerstören, entziehen Bodenverdichtungen und übermäßige Lichteinträge die besonderen Entwicklungsmöglichkeiten der empfindlichen und langsam wachsenden Stiel- und Traubeneichenjungbäume. Verschärfung erfährt die Situation, dass auf Grund hoher Nährstoffeinträge Staudenkulturen und verstärkt Spitz- und Bergahorn Einzug halten.
Beide Eichenarten benötigten Halbschatten, um keimen und sich entwickeln zu können. Vereinzelt umstürzende Bäume schaffen dafür ausreichend Raum. Ferner bieten Waldrandbereiche und bestehende Kleinlichtungen sehr guten Entwicklungsraum. Erfreulicherweise konnte damals die Exkursionsgruppe zudem mehrere Bestände an Jungbäumen der Traubeneiche feststellen.
Darüber hinaus dienen Wälder durch Aufnahme von Kohlendioxid sowie der Abgabe von Sauerstoff und Wasser als Teil einer dringend notwendigen Klimaregulierung und gehören somit zum bedeutsamen und unersetzlichen Teil des Klimaschutzes. Ferner dienen Wälder der Naherholung für die einem vielfältigen Stress ausgesetzte Menschheit. Ebenfalls fungieren sie als sehr bedeutsamer Lebens- und Rückzugsraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten sowie spielen bei dem Schutz, dem Erhalt und der Entwicklung von Biotop- und Grünverbundräumen eine sehr wichtige Rolle.
Insofern ist eine andere Herangehensweise in den vielfältigen Schutzgebieten dringend nötig. Dazu zählt nunmehr ausschließlich die naturnahe und sukzessive Entwicklung der Waldgebiete am Ettersberg – insbesondere in den drei Naturschutzgebieten, im EU-Vogelschutzgebiet Ackerhügelland und im FFH-Gebiet Nr. 45 „Großer Ettersberg“ – zuzulassen. Eine Einstellung der Forstwirtschaft ist zudem nicht nur ein Ausdruck eines aktiven Schutzes von Umwelt, Natur und Landschaft sowie der Förderung eines nachhaltigen Tourismus, sondern ebenfalls ein Gebot der historischen Demut gegenüber der naheliegenden Gedenkstätte Buchenwald.
Von daher fordert der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) den Freistaat Thüringen, die Stadt Weimar und den Landkreis Weimarer Land weiterhin auf, diese obengenannten Ansinnen endlich zu respektieren.
Die nunmehr erfolgte Fällung von ca. 500 Bäumen in der Prinzenschneise im Bereich von Weimar-Schöndorf ist ein weiterer Beleg dafür, dass man der ökologischen und landschaftlichen Bedeutung von Gehölzen und Wäldern noch immer nicht die angemessenen Schutzmaßnahmen angedeihen lässt. Eine zu definierende Gefährdung der Verkehrssicherheit mehr oder minder alleine durch Vertreter des Forstamtes Berka beurteilen zu lassen, bedeutet für den Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) eine fahrlässig und fachlich sehr bedenkliche einseitige Betrachtungsweise. Offensichtlich hatte an der von Forstamtsleiter Jan Klüßendorf in Medien erwähnten Begehung weder Vertreterinnen und Vertreter von Umwelt- und Naturschutzorganisationen, noch der Bürgerinitiative „Pro Ettersberg“ teilgenommen. Diese Handlungs- und Verfahrensweise ist eine inakzeptable Fortsetzung der mehr als umstrittenen massiven forstwirtschaftlichen Eingriffe in das Gebiet der Prinzenschneise, wovon 88 ha Bestandteil eines Naturschutzgebietes sind. Zudem gehört Alt- und Totholz zu einem arten- und strukturreichen Wald dazu. Sie bilden Lebensraum für zahlreiche Tier-, Pflanzen- und Pilzarten und sind Bestandteil des Stoffkreislaufes Wald.
Hinsichtlich der Verkehrssicherheitspflichten in Waldgebieten sei auf das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 02.10.2012, Aktenzeichen: VI ZR 311/11, insbesondere ab Randnummer 5 hingewiesen. In dem Zusammenhang sei darauf verwiesen, dass die Feststellung unter Randnummer 12 auch im Freistaat Thüringen greift, da im Thüringer Waldgesetz unter § 6 Absatz 1 Satz 2 das Betreten des Waldes auf eigene Gefahr geregelt ist.
Nicht nur die zerstörerischen forstwirtschaftlichen Eingriffe in die Waldgebiete des 17 km² großen Ettersberg mit seinen 3 Naturschutzgebieten Rautenschlag (19 ha), Prinzenschneise (88 ha) und Südhang Ettersberg (408 ha), welche zum größten Teil zum EU-Vogelschutzgebiet Ackerhügelland und im FFH-Gebiet Nr. 45 „Großer Ettersberg“ gehören, beunruhigen den AHA. Minder besorgniserregend und unverantwortlich ist der respektlose bis verleumderische Umgang mit der ehrenamtlichen Bürgerinitiative „Pro Ettersberg“, welche sich fachlich fundiert äußert und sich stets gesprächsbereit zeigt. Welches Recht glaubt der der zuständige Revierförster Wolfgang Grade für sich zu beanspruchen, in aller Öffentlichkeit die Mitglieder der Bürgerinitiative „Pro Ettersberg“ als fachlich inkompetent zu bezeichnen sowie ihnen fehlendes Verständnis für Leben und Gesundheit der Anwohnerinnen und Anwohner zu unterstellen? Der Gipfel der verbalen Entgleisung dieses Mannes ist die Unterstellung, dass die Bürgerinitiative „Pro Ettersberg“ die Bewirtschaftung des Waldes mit dem Leiden der Häftlinge des einstigen Konzentrationslagers Buchenwald vergleicht.
Der AHA bekräftigt an dieser Stelle seine Ansicht, dass angesichts der nahen Lage zur Gedenkstätte Buchenwald und der Kenntnis der dort massenhaft verübten Verbrechen der deutschen Faschisten, es sich gebietet die angrenzenden Wälder vor störenden bis zerstörerischen Eingriffen zu bewahren und im Gedenken an die zahlreichen Opfer auch dort Ruhe zu wahren. Nichts Anderes hat die Bürgerinitiative „Pro Ettersberg“ ebenfalls schon immer erklärt. Was anderes zu behaupten entbehrt jeder Grundlage und ist als verleumderisch anzusehen.
Mit welcher arroganten, aggressiven und provozierenden Art und Weise Angehörige von ThüringenForst – Anstalt öffentlichen Rechts“ (Landesforstanstalt) auftreten können, konnte der AHA sehr anschaulich und eindrucksvoll bei Exkursionen in das Gebiet der Prinzenschneise am 20.01.2018 und 25.01.2020 erleben.
Der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) weist zudem darauf hin, dass nach seiner Ansicht als Gesprächs- und Verhandlungspartner die zuständigen Verantwortlichen und Aufsichtsführenden in Politik und Verwaltung des Freistaates Thüringen sowie der Stadt Weimar und des Landkreises Weimarer Landes fungieren. Die in § 2 des Thüringer Gesetzes über die Errichtung der Anstalt öffentlichen Rechts „ThüringenForst“ vom 25. Oktober 2011 formulierten Aufgaben können sie nicht von ihren Verantwortlichkeiten entbinden. Der unverantwortliche Umgang von ThüringenForst mit sehr hochgradig schützenswerten Waldgebieten im Bereich des Ettersberges und mit ehrenamtlichen Organisationen zeigen auf, dass offensichtlich eine unzulässige Verselbstständigung der Thüringer Forstverwaltung stattfindet bzw. bereits stattgefunden hat. Daher fordert der AHA die Fraktionen des Thüringer Landtages und die Staatsregierung Thüringens auf, unverzüglich umfassende und grundlegende Veränderungen anzugehen und umzusetzen.
Im Zusammenhang mit den gegenwärtigen ablehnungswürdigen Handlungs- und Verhaltensweisen im Umgang mit den Waldgebieten am Ettersberg sowie des bei ThüringenForst beschäftigten Revierförsters Wolfgang Grade sieht der AHA unverzüglichen Handlungsbedarf gemäß § 3 des Thüringer Gesetzes über die Errichtung der Anstalt öffentlichen Rechts „ThüringenForst“ vom 25. Oktober 2011, welcher die „Rechts- und Fachaufsicht des für Forsten, Jagd und Fischerei zuständigen Ministeriums (Aufsichtsbehörde)“ beinhaltet und regelt.

Ferner und fortgesetzt bekräftigt der AHA erneut seine Bereitschaft im Rahmen seiner ehrenamtlichen und gemeinnützigen Möglichkeiten sein Wissen sowie seine Erfahrungen einzubringen. Außerdem bietet sich der ehrenamtliche und gemeinnützige AHA an, Interessenten eine Plattform zur Mitwirkung bereitzustellen. Wer Interesse hat sich ehrenamtlich für den Schutz, den Erhalt und die Entwicklung von Umwelt, Natur und Landschaft in Weimar & Weimarer Land einzusetzen, wende sich bitte an folgende zentrale Anschrift des AHA:

Arbeitskreis Hallesche Auenwälder
zu Halle (Saale) e.V. – (AHA)
Große Klausstraße 11

06108 Halle (Saale)

Tel.: 0345 200 27 46
E-Mail: aha_halle@yahoo.de

Andreas Liste
Vorsitzender

Halle (Saale), den 09.02.2021

67_3_Baumschutzsatzung
ThA_02.02.2021_Ettersberg
TLZ_27.01.2021_Ettersberg
TLZ_28.01.2021_Ettersberg
VerkehrssicherheitspflichtWaldbesitzer_BGH_VI_ZR_311-11_02.10.2012
VerkehrssicherheitspflichtWaldbesitzer_BGH_VI_ZR_311-11_02.10.2012Anmerkungen

Initiative „Pro Baum“ und AHA fordern weiterhin den bedingungslosen Erhalt der Eiche in Burgstall!

Die Initiative „Pro Baum“ und der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) haben mit Entsetzen und Unverständnis Pläne aufgenommen, dass man offensichtlich begonnen hat rechtswidrig eine ca. 300-jährige Stieleiche im Landkreis Börde in Burgstall, Unter den Eichen zu fällen. Beide Organisationen weisen erneut mit Nachdruck darauf hin, dass heimische Eichenarten zu den ökologisch und archäologisch bedeutsamsten Baumarten gehören. So erklärt der Professor für Pflanzensoziologie Dr. Hansjörg Küster in seinem Beitrag „Vegetationsgeschichte der Eiche“, dass Fossilienfunde Hinweise geben, dass die Eiche bereits im Quartär – Beginn vor 1,75 Millionen Jahren – vorkam. Somit zählen Eichen zu den ältesten Bäumen, welche es noch heute gibt. Ferner führt Dr. Heinz Bußler in seinem Beitrag „Käfer und Großschmetterlinge an der Traubeneiche“ folgendes aus, Zitat: „Eichen beherbergen unter den heimischen Baumarten die meisten Großschmetterlinge und Käferarten und insgesamt die meisten Insektenarten. Bekannt sind 179 Großschmetterlingsarten (Hacker 1998), ü b e r 500 holzbesiedelnde Käfer (Palm 1959) und circa 500 weitere phytophage, mycetophage und räuberischen Arten. Nur von diesen beiden Ordnungen sind somit über 1.000 Arten an Eichen nachgewiesen.“, Zitat Ende. Ferner führt er u.a. aus, Zitat: „Viele der größten Käferarten Mitteleuropas entwickeln sich an und in Eichenholz: Hirschkäfer (Lucanus cervus), Heldbock (Cerambyx cerdo), Breitschulterbock (Akimerus schaefferi), Eremit (Osmoderma eremita), Großer Goldkäfer (Protaetia aeruginosa), Veränderlicher Edelscharrkäfer (Gnorimus variabilis) und Nashornkäfer (Oryctes nasicornis). Einer der farbenprächtigsten Laufkäfer Europas, der Große Puppenräuber (Calosoma sycophanta), ist als Raupenjäger eng an Eichen und das Vorkommen der assoziierten Schmetterlingsarten Schwammspinner (Lymantria dispar) und Eichen-Prozessionsspinner (Thaumetopoea processsionea) gebunden.“, Zitat Ende

http://www.lwf.bayern.de/biodiversitaet/biologische-vielfalt/089049/index.php

So geht man ferner von folgendem aus, Zitat aus „Der Kleine Garten“:
Eine ausgewachsene Buche, Eiche oder Kastanie bindet pro Jahr etwa 100 kg Staub (Feinstaub). Ein Hektar Buchenwald kann pro Jahr an die 50 t Feinstaub vertilgen.
200 bis 300 Liter Wasser werden von einem großen belaubten Baum am Tag verdunstet. Das kühlt die Umgebung und befeuchtet die Luft.
Pro Tag bindet solch ein Baum etwa 13 bis 18 kg Kohlendioxid, das sind 5 bis 6 t pro Jahr, und produziert dabei 10 bis 13 kg Sauerstoff, also etwa 4 t Sauerstoff pro Jahr. Das entspricht etwa der Atemluft von 11 Menschen pro Jahr.
Übrigens, wer sich ein kraftstoffsparendes Auto mit 3,5l pro 100 Km Verbrauch kauft, der würde bei 10.000km Fahrleistung im Jahr grob gerechnet 1000 kg CO2 in die Luft pusten.“, Zitat Ende

https://www.derkleinegarten.de/nutzgarten-kleingarten/gartenarbeiten/kleine-baumschulung.html

Bereits diese Bedeutung für Umwelt, Natur, Landschaft und Klima sind Anlass genug Eichen besonders zu schützen. Hinzu kommt noch die Bedeutung als Schattenspender, was angesichts der zunehmend heißen, sonnigen und trockenen Sommer auch kein zu verachtender Faktor für Lebensqualität darstellt.
Dabei ist noch nicht die Bedeutung als Lebens-, Nahrungs- und Rückzugsraum für zahlreiche Säugetiere wie Fledermäuse, Bilcharten, Vogelarten, Spinnenarten und Pilzarten ausreichend gewürdigt.

Wie bereits im Rahmen einer Presseerklärung vom 13.02.2020 geschehen, fordern daher die Initiative „Pro Baum“ und der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) den Erhalt und Schutz der Stieleiche endlich und nachhaltig zu garantieren. Neben den betroffenen Personen bzw. Familien sind aber insbesondere der Landkreis Börde, die Verbandsgemeinde Elbe-Heide sowie die Gemeinde Burgstall gefordert.
Angesichts des rechtswidrigen Beginns der Fällung der ca. 300jährigen Stieleiche in Burgstall, stellen beide Organisationen die Presseerklärung ebenfalls der Staatsanwaltschaft Magdeburg zu, um die strafrechtliche Relevanz prüfen zu lassen.
So ist es ferner nach Ansicht von beiden Organisationen vollkommen unverständlich, dass der Gemeinderat der Gemeinde Burgstall am 09.10.2012 eine „Satzung zur Aufhebung der Baumschutzsatzungen der Ortsteile der Gemeinde Burgstall“ beschlossen hatte, welche im § 1 folgendes regelt, Zitat: „Die Baumschutzsatzungen der Ortsteile Burgstall vom 17.10.2006, Dolle vom 19.12.1996 und Sandbeiendorf vom 07.06.2001 treten außer Kraft.“ Somit hat offensichtlich die gesamte Gemeinde Burgstall entschieden, dass sie nicht beabsichtigt Bäume zu schützen. Dass der Landkreis Börde keine kreisweite Baumschutzsatzung vorzuweisen hat macht die Sache keinesfalls besser.
Auf Grund dieser katastrophalen rechtlichen Ausgangssituation halten es Initiative „Pro Baum“ und die vom Umweltbundesamt nach § 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Umwelt- und Naturschutzvereinigung Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) für dringend geboten unverzüglich Gehölzschutzsatzungen für den Landkreis Börde und dem Einzugsbereich der Verbandsgemeinde Elbe-Heide zu erarbeiten, öffentlich auszulegen und zu diskutieren sowie letztendlich zu beschließen und konsequent umzusetzen.
Die Initiative „Pro Baum“ und der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) sind bereit im Rahmen ihrer gemeinnützigen und ehrenamtlichen Möglichkeiten an der Erstellung der Gehölzschutzsatzungen, welche den Schutz von Bäumen und Sträuchern regeln, mitzuwirken.
Beide Organisationen bieten im Rahmen ihrer ehrenamtlichen und gemeinnützigen Möglichkeiten ihre Unterstützung an.

Ferner rufen Initiative „Pro Baum“ und AHA aus den obengenannten Gründen heraus interessierte Personen und Organisationen zur aktiven Mitwirkung auf und sich mit einzubringen. Interessenten können folgendermaßen zur Initiative „Pro Baum“ und zum AHA Kontakt aufnehmen:

Arbeitskreis Hallesche Auenwälder
zu Halle (Saale) e.V. – (AHA)
Initiative „Pro Baum“
Große Klausstraße 11

06108 Halle (Saale)

E-Mail: aha_halle@yahoo.de
Tel.: 0345 – 2002746

Andreas Liste
Vorsitzender

Halle (Saale), den 04.02.2021

Fotos: Andreas Liste

Abriss Neue Hütte Wimmelburg

Wimmelburg – Blick auf die Neue Hütte, April 2019

Zum besseren Verständnis der Vorgänge

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Abriss der Neuen Hütte durch die Kommune Wimmelburg ist in vielfacher Hinsicht ein Skandal, der bundesweites Aufsehen erregt. Von der besonderen Bedeutung dieses technischen Denkmals aus der Zeit Goethes, über das Verhalten der zuständigen Behörden bis zur groben Missachtung eines seriösen Kaufangebotes UND der In-Aussicht-Stellung von Fördermitteln des Landes Sachsen-Anhalt in Höhe von 3 Mio. Euro haben wir es mit einem außerordentlichem Fall zu tun.

Zum besseren Verständnis der sich über 10 Jahre hinziehenden Vorgänge rund um den aktuell immer noch stattfindenen Abriss möchten wir Ihnen Dokumente des LVA von Sachsen-Anhalt, Referat Denkmalpflege, von 2008 bis 2011 zur Kenntnis bringen (im Anhang), die in Sachen Abriss des Montandenkmals Neue Hütte Wimmelburg (Januar 2021) folgendes dokumentieren:

  1. Die Obere Denkmalbehörde, in Gestalt der Referentin Susanne Nolte, hat dem vom Bürgermeister der Gemeinde Wimmelburg, Andreas Zinke, Architekt und Mitglied der Architektenkammern in Thüringen und Sachsen-Anhalt, beantragten Abriss bereits 2008 zugestimmt. Unter Auflagen, unter anderem der Dokumentation des Denkmals.
  2. Das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in Sachsen-Anhalt ist offenbar NICHT, wie z.Bsp. in Thüringen, die „obere Denkmalschutzbehörde“. Die „obere Denkmalschutzbehörde“ ist ein Referat im Landesverwaltungsamt. Dieses Referat prüft und entscheidet über Abrissanträge. Das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in Sachsen-Anhalt archiviert die Dokumentationen der abgerissenen Denkmäler, die es von der „obere Denkmalschutzbehörde“ zugesandt bekommt.
  3. Der Bescheid dokumentiert ausführlich die denkmalpflegerische Bedeutung der Neuen Hütte, um zu dem Schluss zu kommen (Hervorhebungen in rot im Dokument von uns): „Die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der unveränderten Erhaltung des Kulturdenkmals (§ 10 Abs. 2 Nr. 3 DenkmSchG LSA) kann von Ihnen nicht geltend gemacht werden.“
    ZUGLEICH bestätigt der Bescheid, dass Absperrmaßnahmen des Geländes der Gemeinde nicht zumutbar sind: „Aufgrund notwendiger Absperrmaßnahmen entstehen derzeit ohne Nutzen Personal- und Sachkosten, die den haushaltswirtschaftlichen Grundsätzen widersprechen.“ Deshalb sei dem Antrag zuzustimmen.
  4. Die Untersuchungen und Dokumentationen der TU Bergbauakademie Freiberg von 2010 sind verwendet worden, um diesen Abriss zu ermöglichen. Man darf vermuten, dass sie dafür in Auftrag gegeben wurden.
  5. Die Frage, ob und wie sich die Gemeinde Wimmelburg um öffentliche Fördermittel zum Erhalt des Denkmals Neue Hütte Wimmelburg bemüht hatte, wurde nicht gestellt.
  6. Ein alternatives Gutachten neben jenem eines lokalen Architekturbüros von 2001, das ausschließlich durch die Planung von Einfamilienhäusern in Erscheinung tritt, wurde nicht beauftragt.
    All das ist seit fast 10 Jahren amtlich.
  7. Am 20.12.2020, 19 Jahre später, bestätigte das Planungsbüro Heinrich Bögemann aus Halle/Saale, ein seit vielen Jahren mit der Sanierung im Bestand befasstes Unternehmen, dass eine Einsturzgefahr der im Sommer 2020 noch stehenden Gebäude aufgrund der soliden Bausubstanz nicht gegeben ist und auch absehbar nicht eintreten wird. Auch dieses Dokument liegt uns vor.
    Seit dem Sommer 2020 gibt es eine erneuerte Abrissgenehmigung, die uns leider nicht vorliegt.

Auf eine Anfrage verweigerte das LVA die Akteneinsicht. Wie wir nun erfuhren, und wie am Fortgang der Abrissarbeiten auch zu sehen ist, wurde die in der ersten Genehmigung verlangte Abdeckung des Ofenhauses durch eine Betondecke (und damit zumindest dessen Erhalt) auch noch aufgehoben. Grundlage für diese Erneuerung der Abrissgutachten war ein Gutachten, das die Undurchführbarkeit dieser Abdeckungsmaßnahme belegen will, und das das Ingenieurbüro Helk, Schulz und Dr. Prabel Ingenieurgesellschaft mbH (HSP) erstellt hat. Diese Gesellschaft gehört zum Verbund der Planungsbüros unter der HELK ARCHITEKTEN UND INGENIEURE GMBH, MELLINGEN, als deren Geschäftsführer Andreas Zinke, der Bürgermeister der Gemeinde Wimelburg,  seit 2010 eingetragen ist.

Wir sind der Ansicht, dass der Fall Neue Hütte Wimmelburg Anlass sein sollte, Richtlinien, Zuständigkeiten und Kommunikationswege zu überdenken, um zumindest zukünftig ähnliche Prozesse rechtzeitig zu erkennen und zu verhindern.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Kobel

www.kulturfabriken.eu

Initiative Industriekultur
unterstützt durch die Thüringer Staatskanzlei
Baudenkmal Milchhof Arnstadt GmbH
Pfarrhof 1

D-99310 Arnstadt

info@jankobel.de
www.milchhof-arnstadt.de
+49 171 120 85 00

Abbruchgenehmigung Neue Hütte

Fotos vom Abruch der Neuen Hütte dokumentiert von Werner Zabel:

Fotos von 29.12.2020

Fotos vom 04.01.2021

Fotos vom 30.01.2021

Fotos vom 06.02.2021

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