„Auf einer Fläche von über 300 km² erstreckt sich im südwestlichen Sachsen-Anhalt das Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz. Es entspricht einem Anteil von ca. 1,5 Prozent der Landesfläche und zeichnet sich durch einen reichen natürlichen Formenschatz, hohe Biodiversität sowie besondere Vielfalt und Seltenheit vorkommender Arten und Lebensräume aus.“, so ein Zitat aus dem Beginn des Beitrages „Das Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz – Nutzung und Schutz einer Landschaft im Kontext von Natura 2000“ von Christiane Funkel und Steffen Szekely in Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt, 48. Jahrgang • 2011 • Sonderheft: 3-23
Neben ihrer sehr vielfältigen, arten- und strukturreichen, geologischen, klimatischen und hydrologischen Bedeutung besitzt diese Karstlandschaft Südharz eine sehr wichtige länderübergreifende Biotop- und Grünverbundfunktion zwischen den Ländern Sachsen-Anhalt und Niedersachsen sowie mit dem Freistaat Thüringen. Zudem besteht ein sehr bedeutsamer Raum für wissenschaftliche Forschung sowie einen sanften, einem dem Schutzcharakter untergeordneten Tourismus.
Nun droht diesem sehr bedeutsamen und sehr schützenswertem länderübergreifenden Landschafts- und Naturraum im Land Sachsen-Anhalt massive Zerstörungen und Störungen.
So weist die „FFH-Erheblichkeitseinschätzung und Verträglichkeitsprüfung FFH-Gebiet „Buntsandstein- und Gipskarstlandschaft bei Questenberg im Südharz“ (EU-Code: DE 4432-301, Landescode: FFH0101)“ vom August 2024 auf Seite 3, unter dem Punkt 1.1 Anlass folgendes Gefährdungsszenario aus, Zitat:
„Die Knauf Gips KG beabsichtigt durch die Durchführung von Probebohrungen neue Gewinnungsfelder zu erschließen. Aus diesem Grund sollen im Landkreis Mansfeld-Südharz 8 Probebohrungen durchgeführt werden. Da die Bohrpunkte teilweise innerhalb des FFH-Gebietes „Buntsandstein- und Gipskarstlandschaft bei Questenberg im Südharz“ liegen, wird zunächst eine Erheblichkeitseinschätzung erforderlich. Kann eine Beeinträchtigung nicht ausgeschlossen wird im Anschluss für die betroffenen Punkte der geplanten Probebohrungen eine Verträglichkeitsprüfung durchgeführt. Entsprechend §34 BNatSchG sind Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf die Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebietes zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen.“, Zitat Ende
Deutlicher sieht die Darstellung unter Punkt 3 Beschreibung des Vorhabens aus, Zitat:
„Die nachfolgende Beschreibung des Vorhabens beruht auf den durch den Vorhabenträger übermittelten Angaben:
– Flächenbedarf ca. 150- 200 m² je Bohrung
– Raupenbohrgerät und 2 Beifahrzeuge, Paralleles bohren an zwei Punkten möglich
– Dauer je Bohrung ca. 2 Wochen
Es sind innerhalb und im Umfeld des FFH-Gebietes 8 Probebohrungen vorgesehen. Diese können in ihrer Lage der Kartendarstellung in Anhang I entnommen werden.
Die Probebohrungen sind durch die Buchstaben A, B, C, D, E, G, H, I bezeichnet. In der nachfolgenden FFH-Verträglichkeitsprüfung wird der Flächenbedarf je Bohrung mit dem Maximalwert 200 m² angenommen. Es wird davon ausgegangen, dass als Zuwegung nur vorhandene ausreichend befestigte Wege genutzt werden, so dass der zu bewertende Eingriff auf die Bohrpunkte selbst sowie ein 200 m² Umfeld beschränkt.
IHU 2024: „Das geologische Ziel der geplanten Bohrungen ist das sog. „Zechstein- oder Transgressionskonglomerat“, welches in Teufen zwischen 72 und 88 m erwartet wird. Darüber werden vorwiegend Gips und Anhydrit, aber auch Kalkstein, Tonstein, Mergel und der Kupferschiefer (bzw. ein Äquivalent) erwartet. Es ist möglich, dass größere Hohlraume auftreten. Die endgültige Festlegung der Bohrteufe wird vor Ort anhand des während der Bohrarbeiten aufgeschlossenen Schichtenaufbaus durch die fachtechnische Begleitung (FTB) festgelegt.“, Zitat Ende
Schon die geplanten direkten Eingriffe auf Gesamtflächen im Umfang von 1.200,00 bis 1.600,00 m² sind schon verheerend genug, aber die Gerätschaften bedürfen ja An- und Abtransportwege. Inwieweit in dem genannten Flächenbedarf für die Bohrungen Lagerflächen eingeplant lässt sich anhand dieses Dokumentes nicht feststellen.
Eine zweiwöchige Dauerbelastung durch die Bohraktivitäten sind vollkommen inakzeptabel in Lebens- und Rückzugsräumen für Tiere, Pflanzen und Pilze. Gerade wo jeder derartiger oder ähnlich gearteter Eingriff als störend sowie schädlich einzustufen und somit zu unterlassen ist.
Ebenso platzieren sich in dem grob abgesteckten Plangebiet vorrangig Kern- und Pflegezonen des Biosphärenreservates „Karstlandschaft Südharz“
Auf Seite 6 ist unter dem Punkt „2.2 Funktionale Beziehungen zwischen den Schutzgebieten“, folgendes aufgeführt, Zitat:
„Das Gebiet ist eingeschlossen von dem Biosphärenreservat „Karstlandschaft Südharz“ (BR0003LSA), dem Landschaftsschutzgebiet „Harz und südliches Harzvorland“ (LSG0032SGH) und dem Naturpark „Harz/Sachsen-Anhalt“ (NUP0004LSA), umfasst das Naturschutzgebiet „Gipskarstlandschaft Questenberg“ (NSG0166) sowie die Flächennaturdenkmale „Hänge östlich des Dinsterbaches“ (FND0008SGH), „Hänge östlich des Wickeröder Weges“ (FND0018SGH), „Kalkköpfe“ (FND0007SGH) und das „Orchideenvorkommen Spatberge“ (FND0002SGH). Die Prüfung auf Vereinbarkeit des Vorhabens mit Verordnungen von Schutzgebieten außerhalb des NATURA2000 – Systems ist nicht Gegenstand dieses Gutachtens.“, Zitat Ende
Neben der Tatsache der deutlich aufgezeigten rechtlichen Schutzwürdigkeit in Konsequenz des vielfältigen Arten- und Strukturreichstums sowie seiner damit verbundenen umfassenden ökologischen, geologischen und hydrologischen in den gesamten, länderübergreifenden Raum, weist das Dokument darauf hin, dass eine „Prüfung auf Vereinbarkeit des Vorhabens mit Verordnungen von Schutzgebieten außerhalb des NATURA2000 – Systems ist nicht Gegenstand dieses Gutachtens.“ Ist. Das dies aber zur Gesamteinschätzung der Schutzwürdigkeit des Gesamtgebietes dringend geboten ist scheinen die Verfasser des Dokumentes unverantwortlicherweise nicht im Blick zu haben. Das spricht Bände, wie es mit der Würdigung der vielfältig schützenswerten und geschützten Karstlandschaft Südharz bestellt ist.
https://www.vdhk.de/fileadmin/pdf/Schutzgebiete/Gipskarst/05_FFH-VP_Probebohrungen.pdf
Auf Grund der bekannten massiven Schutzwürdigkeit und ebenso dringend notwendigen Schutzbedarfes bestehen nunmehr vielfältige großflächige Schutzgebiete, welche kleinere Schutzgebiete beinhalten. Zu den größeren, flächendeckenden Schutzgebieten im Vorhabengebiet im Land Sachsen-Anhalt gehören, Zitat:
- Biosphärenreservat „Karstlandschaft Südharz“ – 30.034,00 ha
- Landschaftsschutzgebiet „Harz und Vorländer“ – 157.596,00 ha
- FFH-Gebiet „Buntsandstein- und Gipskarstlandschaft bei Questenberg im Südharz (EU-Code: DE 4432-301, Landescode: FFH0101) – ca. 6.022,00 ha
- Naturschutzgebiet ”Gipskarstlandschaft Questenberg” – ca. 3.891,00 ha
https://www.natura2000-lsa.de/front_content.php?idart=167&idcat=33&lang=1
https://www.bfn.de/bedeutsame-landschaft/gipskarstlandschaft-suedharz
Auf Grund der massiven, flächendeckenden Bedrohung des länderübergreifenden, arten- und strukturreichen, vielfältig schützenswerten und geschützten Landschafts- und Naturraumes Karstlandschaft Südharz fordert der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA – die Verantwortlichen in Politik und Verwaltungen des Landes Sachsen-Anhalt und des Landkreises Mansfeld-Südharz auf das Vorhaben sofort und unwiderruflich zu stoppen.
Ferner unterstützt der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA – die sehr wichtige „Resolution zum Schutz der Karstlandschaft im Südharz“ des Verbandes der deutschen Höhlen- und Karstforscher e.V. vom 26. September 2024.
https://www.vdhk.de/fileadmin/image/Schutzgebiete/VdHK_Resolution_Gipskarst_240926.pdf
Der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA – ruft nunmehr alle Umwelt- und Naturschutzvereinigungen und Bürgerinitiativen sowie die gesamte Bevölkerung auf, ebenfalls die Resolution zu unterstützen.
Darüber hinaus kritisiert die ehrenamtliche, gemeinnützige, vom Umweltbundesamt im Juni 2019 nach Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz – UmwRG anerkannte, vorrangig in Mitteldeutschland agierende Umwelt- und Naturschutzvereinigung Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA – die selektive und kurzfristige Einbindung von anerkannten Umweltverbänden. Mit Schreiben vom 08.10.2024 hat der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA – seine Beteiligung an dem Vorhaben eingefordert.
Auf Grund der räumlich, ökologisch, geologisch und hydrologisch engen Verknüpfung der Karstlandschaft Südharz mit der Helme, ihrer Aue, ihres Einzugsgebietes, ihrer Nebengewässer und weiterer angrenzenden Gebiete beabsichtigt der AHA die Bildung einer länderübergreifende Arbeitsgruppe Helme bzw. Regionalgruppe Nordhausen-Sangerhausen massiv voranzutreiben, welche ehrenamtlich Interessierten die Möglichkeit eröffnet, sich im Interesse des Umwelt-, Natur- und Landschaftsschutzes einbringen zu können.
In dem Zusammenhang möchte der AHA auf folgende Fahrradexkursion hinweisen:
Samstag, den 02.11.2024, um 10.00 Uhr
Fahrradrundexkursion zur Helme und zum Helmestausee bei Berga-Kelbra
Treffpunkt: Bahnhof Berga-Kelbra
Dauer: ca. 4 Stunden
Wer noch mehr zu der Fahrradexkursion erfahren möchte und Interesse an den länderübergreifenden Aktivitäten des AHA im Raum Nordhausen-Sangerhausen bzw. in den Einzugsbereichen von Unstrut und Helme hat, wende sich bitte an folgende zentrale Anschrift:
Arbeitskreis Hallesche Auenwälder
zu Halle (Saale) e.V. – AHA
Große Klausstraße 11
06108 Halle (Saale)
E-Mail AHA: aha_halle@yahoo.de
Andreas Liste
Vorsitzender
Halle (Saale), den 13.10.2024