I. Grundsätzliches
Alle Planungs- und Bauaktivitäten gilt es darauf zu orientieren, dass nicht nur diese Aktivitäten auf bereits versiegelten Bodenflächen stattfindet und neuer Flächenfrass zu unterbinden ist, sondern sogar Flächenentsiegelungen stattfinden.
In dem Zusammenhang sei erwähnt, dass das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) zur aktuellen täglichen Neuausweisung von Siedlungs- und Verkehrsflächen in der Bundesrepublik Deutschland folgendes angibt, Zitat: „Ausweislich der amtlichen Flächenstatistik des Bundes wurden in Deutschland im Vierjahresmittel 2019 bis 2022 jeden Tag rund 52 Hektar als Siedlungsflächen und Verkehrsflächen neu ausgewiesen. Dies entspricht einer Fläche von circa 72 Fußballfeldern täglich. Damit nahm der Flächenverbrauch nach einem Anstieg im Vorjahreszeitraum (55 Hektar) nun wieder geringfügig ab. 37 Hektar der Flächenneuinanspruchnahme entfielen auf den Bereich Wohnungsbau, Industrie und Gewerbe sowie öffentliche Einrichtungen, 12 Hektar auf Sport-, Freizeit- und Erholungs- sowie Friedhofsflächen. Insgesamt machten Flächen für Siedlung und Verkehr in Deutschland im Jahr 2022 14,5 Prozent, das heißt etwa ein Siebtel der Gesamtfläche aus.
Die Siedlungs- und Verkehrsfläche darf nicht mit „versiegelter Fläche“ gleichgesetzt werden, da sie auch unversiegelte Frei- und Grünflächen enthält. Nach Schätzungen des Statistischen Bundesamtes sind etwa 45 Prozent der Siedlungs- und Verkehrsfläche versiegelt.“, Zitat Ende
Ferner ist folgendes ausgeführt, Zitat:
„In der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie hat sich die Bundesregierung zum Ziel gesetzt, den täglichen Zuwachs an Siedlungs- und Verkehrsfläche in Deutschland von heute rund 52 Hektar pro Tag bis zum Jahr 2030 auf unter 30 Hektar pro Tag zu reduzieren, um bis zum Jahr 2050 einen Flächenverbrauch von netto Null im Sinne einer Flächenkreislaufwirtschaft zu erreichen. Dabei geht es auch um den Schutz und die Erhaltung landwirtschaftlicher Flächen.“, Zitat Ende
Das ergibt im Jahr einen Flächenverbrauch im Umfang von 18.980,00 ha. Im Vergleich dazu hat die Stadt Wanzleben-Börde eine Fläche von 18.150,00 ha = 188,15 km².
II. zu Erläuterungsbericht
Zu Landschaftspflegerischer Begleitplan
In Anknüpfung an die unter I. Grundsätzliches aufgeführten Aspekte sowie der in den Planungsunterlagen genannten Vermeidungsaspekte hält der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) für dringend geboten, dass alle Baumaßnahmen und Aktivitäten der Baustellenlogistik darauf orientiert sind den Gehölz- und Wiesenbestand zu sichern sowie gar Möglichkeiten der Ausweitung von Grünflächen, bestehend aus Wiesen- und Gehölzflächen zu untersuchen. Zudem gilt es nicht nur keine Neuversiegelung bzw. Neuverbrauch von Boden zu vermeiden, sondern Flächenentsiegelungen sowie Bodensanierungen in Folge der Kontaminierungen zum Beispiel mit Treib- und Schmierstoffen sowie Auftaumitteln anzugehen.
Im Zusammenhang mit den Punkten „5.1 Beschreibung“ und „9.4.2 Schutzgut „Boden und Fläche“ des Erläuterungsberichtes ist unter Punkt „1.2. Beschreibung des Vorhabens“ des Landschaftspflegerischen Begleitplans auf den Seiten 7 – 8 folgendes vermerkt, Zitat:
„Ausbau Bornaer Straße:
Der gesamte Ausbauabschnitt der Bornaer Straße beträgt ca. 542,766 m (vom Knoten Wittgensdorfer Straße / Bornaer Straße (Kreuzung), bis Grundstückseinfahrt Nr. 147a).
Der Ausbaubereich auf die neue Gesamtbreite der Verkehrsanlage (15,50 m) erfolgt ca. zwischen Bau-km 0+025 und 0+515 (Zufahrt Möbel Boss auf Bornaer Straße), davor und danach wird die Straße auf die Bestandsbreite verzogen, der Querschnitt wird somit auf einer Länge von 540 m verbreitert.
Die Bornaer Straße wird von 5,5 m Fahrbahnbreite auf 6,5 m aufgeweitet und beidseitig zusätzlich Radfahrstreifen von 2,0 m hergestellt (aktuell keine Radverkehrsanlagen).
Zudem werden beidseitig Gehwege mit je 2,5 m Breite angeordnet (statt einem einseitigen im Bestand). Die Gehwege werden mit Betonsteinpflaster und die Einfahrten/Überfahrten mit Kleinpflaster aus Granit, über Frostschutz- und Schotterschichten, gepflastert. Die Zufahrt zum Möbelmarkt Möbel Boss wird mit den vorhandenen Banketten auf ca. 8 m an den Bestand angepasst.
Es erfolgt keine Neuprofilierung von Straßengräben an Nordseite der neuen Straße, da das anfallende Oberflächenwasser von den angrenzenden Flächen mittels Muldeneinläufen an Tiefpunkten gefasst und über Abläufe unter der Bornaer Straße dem zentralen Mischwasserkanal zugeführt wird. Neu profiliert werden geringfügig Dammböschungen neben den neu herzustellenden Straßenbanketten zur Angleichung an das Bestandsgelände.
Zwischen der Bornaer Straße südöstlich der EÜ (bei Bau-km 0+180) und der Sandstraße wird ein neuer Geh- und Radweg mit einer Gesamtbreite von 5 m hergestellt (2,5 m jeweils).“, Zitat Ende
Daraus ergibt sich nach eigener Berechnung die Gefahr einer Mindestneuversiegelungsfläche: 15,5 m neue Gesamtstraßenbreite – 5,5 m bisheriger Gesamtstraßenbreite = 10,00 m x 540,00 m Baulänge = 5.400,00 m² = 0,54 ha neuversiegelte Fläche.
Angesichts der unter Punkt I. Grundsätzliches dargelegten Bodenverbrauchszahlen eine unverantwortliche Situation. Daher gilt es folgendes zu klären:
Welche Probleme gab es mit der bisherigen Wegeverbindung?
Warum sind keine Angaben zur Reduzierung der Geschwindigkeit auf maximal 30 km/h in den Planungen enthalten?
Gibt es Angaben zur bisherigen Unfallgefahr und welchen Einfluss kann dabei ebengenannte Reduzierung der Maximalgeschwindigkeit sein.
Welchen Verkehrscharakter besitzt die Sandstraße? Vorschlag: Prüfung der Einrichtung einer Fahrradstraße
Die unter Punkten „9.4.1 Schutzgut „Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit“ und „9.6 Schall- und Erschütterungsschutz“, des Erläuterungsberichtes aufgeführten Lärmbelastungen sind insgesamt, aber besonders in der Nacht als problematisch anzusehen. Hier sei auf folgendes hingewiesen, was zwar sich eher auf Fluglärm bezieht, aber durchaus auch hier anwendbar ist:
Aus der Zusammenfassung der noch immer sehr aktuellen Studie „Beeinträchtigung durch Fluglärm:
Arzneimittelverbrauch als Indikator für gesundheitliche Beeinträchtigung“ vom November 2006, in überarbeitetet Fassung vom März 2007 sei folgende Zusammenfassung zitiert:
„Ziel der Studie war es, anhand von Routinedaten gesetzlicher Krankenkassen den Einfluss von Fluglärm des Flughafens Köln-Bonn auf das Verordnungsverhalten niedergelassener Ärzte zu untersuchen. Die Daten von 809.379 Versicherten von 7 gesetzlichen Krankenkassen mit Hauptwohnsitz in der Stadt Köln, im Rhein-Sieg-Kreis und im Rheinisch-Bergischen Kreis wurden mit adressgenauen Lärmdaten (Flugverkehr, Strassenverkehr, Schienenverkehr) zusammengeführt. Analysiert wurde für vier Zeitfenster des Fluglärms am Tage und in der Nacht der Zusammenhang zwischen Lärmintensität und Arzneiverordnungen für relevante Arzneimittelgruppen.
Es zeigten sich von der Lärmintensität abhängige Erhöhungen der Verordnungshäufigkeit und der Verordnungsmenge für Arzneimittel zur Behandlung erhöhten Blutdrucks, Arzneimittel zur Behandlung von Herz- und Kreislauferkrankungen, Tranquillizern, Beruhigungs- und Schlafmitteln. Die Effekte waren bei Frauen deutlich stärker ausgeprägt als bei Männern. Eine Kombination verschiedener Arzneimittelgruppen, die ein Indikator für schwerer erkrankte Patienten ist, wurde in Abhängigkeit von der Fluglärmintensität deutlich häufiger verordnet als Arzneimittel der einzelnen Arzneimittelgruppen für sich allein. Die stärksten Effekte waren durch Fluglärm in der zweiten Nachthälfte (3.00 – 5.00 Uhr) zu beobachten.
Alle Effekte waren für nächtlichen Strassenlärm, nächtlichen Schienenlärm, Sozialhilfe-Häufigkeit des Stadt- bzw. Ortsteils, die Dichte von Alten- und Pflegeheimplätzen der Gemeinden, sowie die Möglichkeit zur Beantragung von Schallschutzmassnahmen beim Flughafen Köln-Bonn kontrolliert“, Zitat Ende
https://www.umweltbundesamt.de/en/publikationen/beeintraechtigung-durch-fluglaerm
https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/publikation/long/3153.pdf
Bereits der 115. Deutsche Ärztetag forderte zudem in einer Presseerklärung vom 03.06.2012 Bund und Länder auf, einen umfassenden Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm, insbesondere den Schutz der Nachtruhe zu gewährleisten. In dem Beschluss des 115. Deutsche Ärztetags ist zudem die Forderung enthalten, dass die Lärmgrenzwerte der Gesetze aus Sicht der Ärzte deutlich nach unten korrigiert werden müssten. Die Ärzte betonen ferner, dass durch Fluglärm vermeidbare Gesundheitsstörungen und Krankheiten ausgelöst werden. Für durch Fluglärm ausgelöste Krankheiten käme es zu zusätzlichen Krankheitskosten.
https://www.baw-fluglaerm.de/files/PDFs/Deutscher_Aerztetag2012_Entschliessung.pdf
Seitdem sind über acht Jahre vergangen und man hat immer noch nicht die notwendigen Konsequenzen daraus gezogen.
Gleiches gilt für eine gemeinsame Veröffentlichung von Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), Robert Koch-Institut (RKI) und Umweltbundesamt (UBA) im „UMWELT MEDIZINISCHER I NFORMATIONSDIENST“, Ausgabe: 2/2007 unter der Überschrift „Arzneimittelverschreibungen als Indikator für gesundheitliche Beeinträchtigung durch Fluglärm“
https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/515/publikationen/umid0207.pdf
Die vom Umweltbundesamt in der SCHRIFTENREIHE UMWELT & GESUNDHEIT | 02/2010 veröffentlichte Publikation „Risikofaktor nächtlicher Fluglärm – Abschlussbericht über eine Fall-Kontroll-Studie zu kardiovaskulären und psychischen Erkrankungen im Umfeld des Flughafens Köln-Bonn“ geht noch spezieller auf das Thema ein.
In der Publikationsübersicht des Umweltbundesamtes war dazu folgendes vermerkt, Zitat: „Anlagenband zum Hauptband: Ziel der Fall-Kontroll-Studie war es, den möglichen Einfluss von Fluglärm, insbesondere von nächtlichem Fluglärm auf das Erkrankungsrisiko von Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs und von psychischen Erkrankungen zu ermitteln.“, Zitat Ende
https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/461/publikationen/3774.pdf
https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/461/publikationen/3775.pdf
Das u.a. dieses und anderes umfassendes Studienmaterial zu dem obengenannten Themenfeldern der damaligen und somit auch der aktuellen Bundesregierung bekannt sein muss zeigt die Antwort vom 18. 10. 2012, Drucksache 17/11081 auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Maria Klein-Schmeink, Tabea Rößner, Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/10918 – Gesundheitliche Auswirkungen von Fluglärm.
https://dserver.bundestag.de/btd/17/110/1711081.pdf
Daher sind Nachtruhezeiten zwischen 22:00 und 06:00 Uhr einzuhalten und somit weniger lärmintensive Arbeiten durchzuführen.
Unter Punkt „5.1 Beschreibung“ des Erläuterungsberichtes auf Seite 29 und 47 sind allgemein und unter Punkt „3.1.1. Anlagebedingte Auswirkungen“ des Landschaftspflegerischen Begleitplanung sind auf Seite 62/63 die Zerstörung von mindestens folgenden Gehölzbeständen vorgesehen, Zitat:
„Insgesamt gehen rund 1.600 m2 Feldgehölze auf den Bahndämmen um die EÜ.
Davon entfallen ca. 120 m2 für die Herstellung von Böschungstreppen und Raubettmulden zum Abfluss von Niederschlagswasser auf den Bahndämmen an der neuen EÜ, sowie für den Ablauf vom Durchlass, welche mit Feldgehölzen bestanden sind, diese werden im Konflikt B/Bo1 nicht zusätzlich bilanziert.
Es müssen 25 Stück der noch jungen Straßenbäume für den Ausbau der Bornaer Straße gefällt werden (Gemeine Eschen und drei Winter-Linden östlich der EÜ, sowie Gemeine Eschen und Spitz-Ahorne westlich der EÜ v. a. Bereich neue Bohrpfahlwand).
Für die Bohrpfahlwand sind weiterhin Laubbaumreihen (Straßenbäume) und -gruppen an der Böschung zur Bornaer Straße, mit hauptsächlich Gemeiner Esche und Spitz-Ahorn, betroffen.
Ebenso sind im Ausbaubereich der Bornaer Straße Gemeine Fichten und zwei Obstbäume, sowie eine Koniferenhecke mit Kiefer, betroffen.
Östlich der Einfahrt zum Möbelmarkt sind weiterhin zwei schmale Gebüschreihen und ein Teilbereich einer Baumreihe betroffen.
Außerdem ist 1 alter Berg-Ahorn am Weg entlang Flurstück 35, und auf der Gartenfläche dieses Flurstückes eine Koniferenhecke betroffen.
Entlang der Bornaer Straße sind im Ausbaubereich auch andere Gehölze in den Privatgrundstücken und Gärten betroffen. Es handelt sich oftmals um Koniferen und Nadelbäume, aber teils auch heimischen Laubbaumarten.
Die nicht standortgerechten, nicht autochthonen Ziergehölze und Nadelbaumarten in den Gärten sind bspw. Magnolien, Rhododendron, Fächer-Ahorn, Thuja, Lawsons Scheinzypresse, Serbische Fichte.“, Zitat Ende
Die massiven Zerstörungen von so viel Gehölz- und Grünflächen sind inakzeptabel und im Zusammenhang mit der Prüfung der gegenwärtigen Verkehrssituation und obengenannter Alternativplanungen umfassend zu überarbeiten.
III. Abschließendes
Vom Grundsatz her ist die Sanierung und Verbesserung des Bahnnetzes zu begrüßen. Das muss jedoch schonend bis positiv für Umwelt, Natur und Landschaft erfolgen. Diese Kriterien erfüllt die gegenwärtige Planung in keiner Weise.
Andreas Liste
Vorsitzender
Halle (Saale), den 29.12.2024
Genehmigungsplanung – Unterlagen für eine Entscheidung nach § 18 AEG
Inhaltsübersicht
Erläuterungsbericht – Deckblatt
Unterlage 1 – Erläuterungsbericht
Unterlage 2 – Übersichtskarten und Übersichtslagepläne
Unterlage 3 – Lagepläne
3.1 Lageplan Strecke 6385, EÜ km 56,942
3.2 Lageplan Straße, Bornaer Straße – Blatt 1
3.2 Lageplan Straße, Bornaer Straße – Blatt 2
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