Antrag der Kieswerk Wernshausen GmbH & Co. KG (KWW) auf Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung vom 23.05.2024
hier: Scopingverfahren
I. Grundsätzliches
Bekanntlich gehören Fluss- und Auenlandschaften zu den arten- und strukturreichsten Landschaften und Naturräumen der gemäßigten Zonen. Sie bieten punktuell und flächendeckend Lebens- und Rückzugsraum für zahlreiche Tier-, Pflanzen- und Pilzarten, bilden Kaltluft- und Frischluftentstehungsgebiete und fungieren als Ventilationsbahnen sowie üben sehr wichtige Funktionen als Hochwasserausbreitungs-, Biotop- und Grünverbundraum aus. Ferner dienen sie als Erholungsraum für die Menschen.
Diese vielfältigen Funktionen erfordern jedoch eine naturnahere bis naturnahe Entwicklung.
Dazu zählt ebenfalls die 299,60 km lange Werra, welche den rechten, östlichen der beiden Hauptquellflüsse der Weser darstellt. Im Südosten Niedersachsens vereinigt sich die Werra in Hannoversch Münden mit dem anderen links westlich fließenden 220,70 km langen Hauptquellfluss Fulda zur Weser, welche dann zur Nordsee fließt.
Trotz der sehr hohen und zerstörerischen Salzbelastung hat die Werra eine sehr wichtige Funktion als Lebens- und Rückzugsraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten, für den Biotop- und Grünverbund sowie als Kalt- und Frischluftentstehungsgebiet und -korridor. Zudem ist die Werraaue und angrenzende Natur- und Landschaftsräume von zahlreichen arten- und strukturreichen Natur- und Naturlandschaftsbestandteilen geprägt. Beispielsweise kommt dies mit den Ausweisungen des 2.260,00 ha großen FFH-Gebiet 5328-305 – Werra bis Treffurt mit Zuflüssen sowie 2.578,00 ha großen Vogelschutz-Gebiet 5127-401 – Werra-Aue zwischen Breitungen und Creuzburg zum Tragen.
https://www.bfn.de/natura-2000-gebiet/werra-bis-treffurt-mit-zufluessen
https://www.bfn.de/natura-2000-gebiet/werra-aue-zwischen-breitungen-und-creuzburg
Dabei gilt es nicht nur die dazugehörigen Landschaften sowie die dazugehörige Natur und Umwelt zu schützen und zu sichern, sondern dem Fluss und seiner Aue wieder naturnahe Entwicklungs- und Hochwasserräume zurückzugeben, wozu u.a. Deichrückverlegungen und -aufhebungen, die Unterlassung neuer Flächenversiegelungen und Baumaßnahmen im Fluss – Ufer und Sohle – und in der Aue sowie Rückbau- und Flächenentsiegelungsmaßnahmen gehören. Das entspricht auch der „RICHTLINIE 2000/60/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik“
Auf der Basis dieser Ausgangssituation ergibt sich seitens des Arbeitskreises Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA – folgende Stellungnahme:
II. Zu den Verfahrensunterlagen
Der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA – sieht mit der Erschließung der Kiessandlagerstätte bei Wernshausen einen massiven Eingriff in die Fluss- und Auenlandschaften von Werra und Schmalkalde. Laut Punkt 5.2 Schutzgut „Boden und Fläche“ beabsichtigt man für das Vorhaben ca. 19,2 ha Auenland zu beanspruchen.
Laut Punkt 3.3 Gewinnbare Mineralmenge, Fördermenge, Laufzeit gehen die Planer von einer „Vorhabenslaufzeit von etwa 16 Jahren“ und unter „Berücksichtigung von Rückbau- und Rekultivierungsarbeiten“ von einer „Gesamtlaufzeit von ca. 25 Jahren“ aus. Eng damit verbunden sind Zerstörungen von Natur, Landschaft, Veränderung der Hydrologie, Lärmbelastungen, der Bau von Verkehrstrassen sowie verstärkter Verkehr mit Kraftfahrzeugen. Somit beschränken sich die Eingriffe nicht auf die Vorbereitung und Durchführung des Abbaus, sondern auch auf Transport und Verkehr.
Insbesondere die Auflistungen unter Punkt „4 Kurzbeschreibung der Umwelt“ lassen massiv die Eingriffe, Bedrohungen und Zerstörungen erkennen.
Ein Kiesabbaugebiet zerstört eindeutig die natürliche Funktion als Lebens- und Rückzugsraum für zahlreiche Tier-, Pflanzen- und Pilzarten, des Bodens, als Überflutungsraum von Werra, Schmalkalde und ihrer Nebengewässer, Gebiet der Neuentstehung von Grundwasser, Teil eines umfassenden Grün- und Biotopverbundes sowie Kalt- und Frischluftentstehungsraumes und -korridors. Zudem ist davon auszugehen, dass die Werra den Auenraum mit Altverläufen durchflossen hat.
Eingebettet in das 2.260,00 ha großen FFH-Gebiet 5328-305 – Werra bis Treffurt mit Zuflüssen und dem damit verbundenen Verschlechterungsverbot gilt es also derartige Eingriffe wie die Erschließung einer Kieslagerstätte auszuschließen.
Der „Managementplan (Fachbeitrag Offenland) für das FFH-Gebiet 111 „Werra bis Treffurt mit Zuflüssen“ (DE 5328-305) und für Teile der SPA 18, 19, 26 und 27 – Abschlussbericht bildet dazu momentan den rechtlichen und fachlichen Rahmen, welchen es selbstverständlich immer wieder zu aktualisieren gilt.
Die Darlegungen unter dem Punkt 1 Rechtlicher und organisatorischer Rahmen der Natura 2000-Managementplanung erläutern diesen Aspekt und lassen bereits hier den Widerspruch zu den angedachten Plänen eines Kiesabbaus erkennen.
Für den Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA – ergibt sich daraus alternativ mögliche Standorte von Altverläufen der Werra zu prüfen, diese wieder zu reaktivieren sowie Flächen der Sukzession für Auenwälder und -wiesen sowie Hochstaudenflächen gekoppelt mit einer arten- und strukturreichen Landwirtschaft zu entwickeln. Ein Kiesabbau ist standort- und landschaftsfremd und hat nichts in der Aue von Werra und Schmalkalde zu suchen.
Zudem ist davon auszugehen, dass eine offene Wasserfläche nicht nur zu massiven Verdunstungsverlusten von Grundwasser verursacht, sondern auch zu einer Einpegelung des Wassers des angedachten Gewässers in die Horizontale mit damit verbundenen Abweichungen in den Wasserständen des Umfeldes führt.
III. Schlussbemerkungen
Bekanntlich gehören Fluss- und Auenlandschaften zu den arten- und strukturreichsten Landschaften und Naturräumen der gemäßigten Zonen. Sie bieten punktuell und flächendeckend Lebens- und Rückzugsraum für zahlreiche Tier-, Pflanzen- und Pilzarten, bilden Kaltluft- und Frischluftentstehungsgebiete und fungieren als Ventilationsbahnen sowie üben sehr wichtige Funktionen als Hochwasserausbreitungs-, Biotop- und Grünverbundraum aus. Ferner dienen sie als Erholungsraum für die Menschen.
Diese vielfältigen Funktionen erfordern jedoch eine naturnahere bis naturnahe Entwicklung, wozu definitiv ein mindestens 16 Jahre langer Kiesabbau auf einer Mindestfläche von ca. 19,2 ha Auenfläche nicht dazugehört.
Daher fordert der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. den sofortigen und unwiderruflichen Stopp der Planungen.
Ferner bietet der ehrenamtliche und gemeinnützige Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. gerne seine Erfahrungen und fachlichen Kenntnisse für eine naturnahere Entwicklung der Werra-Schmalkalde-Aue an.
Der Kontakt lautet:
Arbeitskreis Hallesche Auenwälder
zu Halle (Saale) e.V. – AHA
Große Klausstraße 11
06108 Halle (Saale)
E-Mail: aha_halle@yahoo.de
Andreas Liste
Vorsitzender
Halle (Saale), den 09.09.2024
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