Der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) stellt immer mit sehr großem Bedauern fest, dass in den letzten Jahren kein Ende der Verarmung der Anbaustruktur und somit der Agrarlandschaft zu erkennen ist. Während noch zu DDR-Zeiten bis zu 25 Ackerkulturen zum Einsatz kamen, sind es heute noch maximal 5 bis 6 Arten. Neben dem Verlust von Nahrungs- und Lebensraum zahlreicher Tierarten wie z.B. für Greifvögel, Hasen und Insekten, gehen auch Pflanzenarten verloren. Zudem führt der verstärkte Anbau von Humuszehrern wie Mais und Raps zu Verlusten an der Humusbilanz und zur Verfestigung der Böden. Niederschlagswasser kann nicht mehr im Boden einsickern, fließt oberflächlich ab und befördert so die Wassererosion. Der abgetragene Boden gelangt mit dem häufig vermehrt ausgebrachten mineralischen Düngern und Pestiziden in die Graben- und Fließgewässersysteme, welche dann verschlammen und eutrophieren. Ferner fehlen Flur- und Feldgehölze, welche nicht nur das Landschaftsbild verbessern, sondern als Biotopverbundräume, Lebens- und Rückzugsraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten sowie Schutz gegen Winderosion dienen. Ein Verlust wertvoller Waldgebiete und Ackerflächen durch eine derartige Bewirtschaftung bringen nicht nur Umwelt, Natur und Landschaft in Gefahr, sondern sorgen womöglich so auch zu Arbeitsplatzverlusten.
Darüber hinaus gilt es entlang der Gehölzstreifen und Wege mindestens 5,00 m breite Streifen als Wiesen- und Staudenflächen entwickeln zu lassen, um so Raum der Entwicklung von standorttypischen Agrarwildpflanzen sowie weitere Nahrungs- und Rückzugsräume für Insekten und Spinnen zu schaffen. Ferner gilt es temporär oder dauerhaft Wiesenflächen zu schaffen, welche flächen- und zeitmäßig einem unregelmäßigen Mahdregimen unterliegen sollten, um durch Saatgutausreifung die Arten- und Strukturvielfalt zu sichern bzw. zu erhöhen sowie Jungtieren und Bodenbrütern Schutz zu gewährleisten. Dadurch erhöhen und verbessern sich nicht nur Arten- und Strukturvielfalt, das Landschaftsbild sowie die Attraktivität des Gebiets, sondern gewährleistet man eine höhere Bodenqualität, verbessert das Klima und stabilisiert nicht zuletzt Nahrungsketten. Letzteres wirkt sich auch auf die natürliche Tilgung von Tieren, welche landwirtschaftliche Kulturen schädigen. Das Scheinargument, dass derartige Flächen nichts zur menschlichen Ernährung beitragen können, führen solche Personen nicht bei dem monokulturellen Anbau von Mais und Raps an. Nur das arten- und strukturreiche Wiesen, Staudenflächen, Gehölzbereiche und Stauden noch sehr viele ökologische Funktionen besitzen.
Nach Auffassung des Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) zählen ausgeräumte Landschaften, versiegelte Böden, fehlende Gewässerschonstreifen und Retentionsflächen sowie begradigte und häufig an Ufern und in der Gewässersohle befestigte Fließgewässer als verheerende Ausgangssituation für den Bestand von in Agrarlandschaften eingebettete Gewässer aller Art. Der AHA hält es daher für dringend geboten, insbesondere den Fließgewässern naturnahe Entwicklungen zu ermöglichen, wozu die Möglichkeit der Mäandrierung, die Schaffung von mindestens 10,00 m breiten Gewässerschonstreifen entlang beider Ufer, verstärkte Schaffung von Möglichkeiten zur Wieder- bzw. Neuentstehung von Gehölzflächen in der ausgeräumten Agrarlandschaft sowie eine vielfältige Fruchtfolge im Ackerbau, welche auch tier- und bodenfreundliche Kulturen wie z.B. Luzerne, Phacelia, Lupine und Landsberger Gemenge, bestehend aus Zottelwicke (Vicia villosa), Inkarnatklee (Trifolium incarnátum) und Welschem Weidelgras (Lolium multiflorum), einbezieht. Derartige Maßnahmen verhindern auch die wind- und wasserbedingte Bodenerosion und der damit verbundenen Einträge von häufig mehr oder minder stark nährstoff- und pestizidbelasteten Böden in die Gewässer und Wälder. Einhergehend müssen solche Maßnahmen mit der Schaffung von Retentionsflächen, der Beseitigung von Verbauungen in und am Gewässer sowie die Unterstützung der Mäandrierung durch den Einsatz von Störsteinen oder -hölzern sowie z.B. des Belassens von Ästen, Laub und Zweigen im Gewässerbett.
Insofern ist die Forderung der FDP-Gruppe im Thüringer Landtag in keiner Weise nachvollziehbar Gewässerrandstreifen außerhalb der Orte von 10,00 m auf 5,00 m zu reduzieren und dafür Fanggräben anzulegen. Offenbar hat man in dieser Partei den oben geschilderten Sinn und Zweck von Gewässerrandstreifen in keiner Weise verstanden. Im Interesse aller Verantwortung für den Schutz, den Erhalt und der nachhaltigen Entwicklung von Umwelt, Natur und Landschaften als Lebens- und Rückzugsraum für Tiere und Pflanzen, als Entwicklungsraum für das Fließgewässer und der häufig weitläufig ausgeräumten, landwirtschaftlich genutzten Flächen, einer Verbesserung des Landschaftsbildes und des Erhaltes bzw. der Ausweitung von Biotop- und Grünverbundräumen sowie nicht zuletzt der Verbesserung der klimatischen Situation und der Wirkung auf nachhaltigen Tourismus und Naherholung haben alle Verantwortlichen in Politik, Gesellschaft, Verwaltungen und Landwirtschaft dafür Sorge zu tragen das hier keine Einschnitte, sondern eher Fortschritte geschehen. Daher gilt es diesem FDP-Vorschlag die Zustimmung zu verweigern.
In den Ortschaften selbst gilt es verstärkt zu prüfen, inwieweit eine Entfernung von Verbauungen aus dem Ufer- und Sohlbereich möglich und umsetzbar ist, Verunreinigungen mit Abwässern und Abfällen verhindert und beseitigt sowie Durchlässe erweitert und Verrohrungen entfernt werden können.
Die immer auftretenden Forderungen, dass Fließgewässer von „Verschmutzungen“ wie Laub, alten Zweigen und Schlamm zu beräumen sind, zeugen von wenigen oder gar nicht vorhanden Sach- und Fachverstand über die obengenannten Ursachen und Auswirkungen sowie aber auch zu dem was zur Entwicklung naturnaher Fließgewässer dazugehört. Nach Auffassung des AHA sollten sich u.a. Landkreise, Stadtkreise und Gemeinde eher dafür einsetzen, dass Fließgewässer nicht vermüllt, bestehende Vermüllungen beseitigt, Gewässerschonstreifen von mindestens 10 m gesichert bzw. eingerichtet, Abwässereinträge verhindert und unterbunden sowie Verbauungen im Sohl- und Uferbereich unterlassen und zurückgebaut werden.

Alles dies gehört in eine ordentliche wirtschaftliche Betrachtung hinein. Es kann nach Ansicht des AHA nicht sein, dass die Gewinne privatisiert sind und die Folgeschäden die Gesellschaft zu tragen habe. In dem Zusammenhang bekräftigt der AHA, Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) zur aktuellen täglichen Neuausweisung von Siedlungs- und Verkehrsflächen in der Bundesrepublik Deutschland folgendes angibt, Zitat: „Täglich werden in Deutschland rund 52 Hektar als Siedlungsflächen und Verkehrsflächen neu ausgewiesen. Dies entspricht einer Flächenneuinanspruchnahme – kurz Flächenverbrauch – von circa 73 Fußballfeldern.“, Zitat Ende

https://www.bmu.de/themen/nachhaltigkeit-digitalisierung/nachhaltigkeit/strategie-und-umsetzung/flaechenverbrauch-worum-geht-es

Das ergibt im Jahr einen Flächenverbrauch im Umfang von 18.980 ha. Im Vergleich dazu hat die brandenburgische Landeshauptstadt Potsdam – mit Stand vom 31.12.2020 – eine Fläche von 18.824,00 ha = 188,24 km².
Der Klimawandel zeigt auch massive Auswirkungen auf die Agrarlandschaften. Insbesondere in den Jahren 2018 bis 2020 sind mehr oder minder von Hitze, andauernd fehlenden Niederschlägen und damit verbundener massiver Trockenheit geprägt. Das bleibt nicht ohne Folgen auf Fauna, Flora, Boden und Gewässer. Einhergehend mit verstärkter Monokulturanbau, fehlender Fruchtfolge sowie fortbestehender sowie voranschreitender Verringerung der Arten- und Strukturvielfalt treten verstärkt Kalamitäten, insbesondere von Feld- und Wühlmäusen auf. Die ebengenannten Bedingungen führten zum starken Rückgang von deren Fraßfeinden wie Füchsen, Mauswiesel, Greifvögel, Eulen und Storcharten bei. Trotz der Tatsache, dass es verstärkt Störche und Reiher abgeerntete Äcker insbesondere zum Beutefang auf Mäusearten aufsuchen, reicht das nicht aus, um deren Kalamitäten einzudämmen. Riesige Mais- und Rapsbestände machen es insbesondere Greifvögeln, Eulen sowie Storch- und Reiherarten unmöglich auf Mäusejagd zu gehen. Somit ist die die gegenwärtige Kalamität von Feld- und Wühlmäusen in mehrfacher vom Menschen verursacht. Bund und Länder sind bisher kaum in Erscheinung getreten, den obengenannten vielfachen Probleme und Schäden entgegenzutreten. Stattdessen feiert man sich in Bund und Ländern immer wieder, wenn man neue Flächenversiegelungen und Landschaftszerschneidungen für weitere Verkehrstrassen, Wohn- und Gewerbeansiedlungen planen und umsetzen kann.
Die nunmehrige Krönung dieser umwelt- und naturzerstörenden Politik in Bund und Ländern hat das zum Geschäftsbereich des nunmehr bündnisgrün geleitetem Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft gehörende Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit mit öffentlicher Mitteilung vom 10.09.2020 mit der „Notfallzulassung nach Artikel 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 für das Pflanzenschutzmittel Ratron Giftweizen“ für 9. September 2020 bis 6. Januar 2021 zugelassen. Die Behandlungsfläche im Umfang von 28.500 ha, welche sich wie folgt nach folgenden Bundesländern aufteilt: Sachsen-Anhalt: 20 Tonnen, 10.000 ha; Niedersachsen: 10 Tonnen, 5.000 ha; Bayern: 2 Tonnen, 1.000 ha; Rheinland-Pfalz: 9 Tonnen, 4.500 ha; Sachsen: 16 Tonnen, 8.000 ha
Der Wirkstoff ist Zinkphosphid, eigentlich richtiger Trizinkphosphid oder Trizinkdiphosphid (Zn3P2). Wie andere Phosphide (Aluminiumphosphid oder Calciumphosphid) verwendet man ebenfalls Zinkphosphid zur Bekämpfung von Wühlmäusen oder anderen Nagetieren. Dabei wirkt es als Fraßgift, da bei Kontakt mit der Magensäure giftiges Phosphin (PH3) entsteht. Die Tiere sterben unter großen Qualen. Was für eine Tierquälerei!
Hinzu kommt, dass Zinkphosphid schon mit Luftfeuchtigkeit giftige und hochentzündliche Gase (Monophosphan und Diphosphan) abgibt. Diese können sich unter Umständen von selbst entzünden. Auch mit Säuren reagiert Zinkphosphid unter Bildungen von Phosphanen.
Nach der EU-Gefahrstoffkennzeichnung und der GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus EU-Verordnung (EG) 1272/2008 (CLP) gilt das schwere Gift nicht nur als leichtentzündlich, sondern ebenfalls als sehr giftig und umweltgefährlich.
Diese „Notfallzulassung“ enthält u.a. folgende „Anwendungsbestimmungen“, Zitat: „Der Köder muss tief und unzugänglich für Vögel in die Nagetiergänge oder die mit einer Köderlegemaschine geschaffenen, nach oben geschlossenen Gänge eingebracht werden. Dabei sind geeignete Geräte (z. B. Legeflinte oder Köderlegemaschine) zu verwenden. Es dürfen keine Köder an der Oberfläche zurückbleiben.
Darüber hinaus gelten für diese Notfallzulassung die im Rahmen der regulären Zulassung für das Mittel Ratron Giftweizen festgesetzten Anwendungsbestimmungen.“, Zitat Ende
Wer solche Festlegungen liest, kommt gar nicht auf den Gedanken, welches schwere Gift man nun in der Agrarlandschaft verteilen darf. Eine Kontrolle dieser „Anwendungsbestimmungen“ ist praktisch nicht möglich und daher hat man sie erst gar nicht in dieses weitere Machwerk zur Zerstörung von Umwelt, Natur und Landschaft aufgenommen.
Diese auf Drängen der für ihre Umwelt- und Naturfeindlichkeit bekannten Agrarlobby zu Stande gekommene Skandalfestlegung zeugt eindeutig, inwieweit die zuständige Bundesministerin mit diesen Kräften verbunden ist.
Anstatt sich nun endlich für eine nachhaltige, umwelt-, natur-, landschafts- und klimageprägte Landwirtschaft und entsprechende Entwicklung der Agrarräume einzusetzen, setzt man nun mit der sogenannten „Notzulassung“ noch eine weitere umwelt- und naturvergiftende Krone auf. Neben Tierquälerei ist mit einer umfassenden Vergiftung der Agrarlandschaft zu erwarten, welche nicht nur die ohnehin schon stark bedrohte und bedrängte Fauna in weitere Bedrängnis bringt, sondern zu einem weiteren Gifteintrag in Boden und Wasser beiträgt.
Daher fordert der AHA das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit auf, diese Vergiftungszulassung von Umwelt, Natur, Landschaft und Klima sofort ersatzlos zurückzunehmen. Zudem prüft der AHA Möglichkeiten der Beschwerden bei der Europäischen Union, das stellen einer Strafanzeige und Animierung öffentlicher Proteste.

Der AHA sieht daher aus diesem Grund hier massiven Handlungsbedarf und fordert die Auszahlungen der von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern gespeisten Subventionen der EU – Deutschland erhält momentan 6,45 Milliarden Euro – an Bedingungen wie Einhaltung und Ermöglichung von Entwicklungen, Schutz und Erhalt von Umwelt-, Natur- und Landschaft zu verknüpfen.
Ferner ruft der AHA die Bevölkerung auf daran mitzuwirken.
Der AHA ist auf jeden Fall bereit im Rahmen seiner ehrenamtlichen Arbeit an derartigen Maßnahmen konzeptionell und praktisch mitzuwirken und ruft daher auch die interessierte Bevölkerung zur intensiven Mitarbeit auf. Wer Interesse daran hat, kann sich an folgende zentrale Anschrift des AHA wenden:

Arbeitskreis Hallesche Auenwälder
zu Halle (Saale) e.V. – (AHA)
Große Klausstraße 11

06108 Halle (Saale)

E-Mail AHA: aha_halle@yahoo.de

Andreas Liste
Vorsitzender

Halle (Saale), den 31.01.2022

Artikel vom 29.01.2022, Ostthüringer Zeitung:
Außerorts nur 5 Meter breite Uferstreifen