Die Initiative „Pro Baum“ und der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) begrüßen alle Aktivitäten zum Schutz, zum Erhalt und zur Entwicklung von Umwelt, Natur und Landschaft sowie zur Umweltbildung, wenn sie auf wissenschaftlich-fachlicher Basis beruhen und in dem Zusammenhang die Standortbedingungen und Selbstentwicklung der Natur beinhalten bzw. berücksichtigen. Jahrzehntelange Erfahrungen beider Organisationen zeigen immer wieder auf, dass bei vollständigem bzw. teilweisem Fehlen dieses Grundsatzes alle diesbezüglichen gut gemeinten Aktivitäten meistens zu einem gegenteiligen Ergebnis führen.
Im konkreten Fall sehen die Initiative „Pro Baum“ und der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) mit sehr großer Sorge genau eine solche Entwicklung mit dem Start bzw. Fortsetzung des Projektes „Ernteweg“ im mittleren westlichen Bereich der der halleschen Peißnitzinsel. Am 16.04.2021 erstmalig die Aktivitäten entdeckt, wendete sich der nach § 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz vom Umweltbundesamt anerkannte, gemeinnützige und ehrenamtliche Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) mit Mail vom 22.04.2021 an den Vorstand des Trägervereins Food Forest Halle e.V. mit folgendem Inhalt, Zitat:
„Lieber Vorstand von Food Forest Halle e.V.,
mit sehr großem Interesse haben wir euer Vorhaben Ernteweg aufgenommen. Ein Projekt was grundsätzlich zu begrüßen ist. Jedoch sehen wir Diskussions- und Handlungsbedarf bei der Standortwahl.
So erfüllt uns mit sehr großer Sorge die Umsetzung des Vorhabens im westlichen Mittelteil der Peißnitzinsel.
Die Peißnitzinsel ist bekanntlich Bestandteil der Auenlandschaft der Saale. Auenlandschaften gehören zu den arten- und strukturreichsten Landschafts- und Naturbestandteilen der gemäßigten Zonen und sind von einer engen Korrelation mit einem Fließgewässer geprägt.
Im konkreten Fall existieren auf der halleschen Peißnitzinsel noch Restauenwaldbestände entlang der Uferzonen entlang der Saale und Wilden Saale. Besonders hervorzuheben ist dabei das Naturschutzgebiet Nordspitze Peißnitz, welches mit dem Naturschutzgebiet Forstwerder in Halle-Trotha ein gemeinsames FFH-Gebiet bildet.
Daraus ist abzuleiten, dass ein sehr umfassendes Schutzbedürfnis und -notwendigkeit auch für diesen Teil der Saaleaue besteht.
Die Errichtung von Bauten und das Einbringen von nicht standortgerechten Pflanzenmaterial führen noch heute zu massiven Störungen des Gesamtgefüges, was als Hochwasserausbreitungsraum der Saale fungiert. Der heutige Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) setzt sich nunmehr seit bald 41 Jahren für den Schutz, den Erhalt und die Entwicklung der Peißnitz als naturnähere Auenlandschaft ein. Hierzu haben wir zahlreiche Vorschläge mündlich und schriftlich vorgebracht. Dazu gehört ebenfalls die Mahnung das Einbringen nicht standortgerechter Pflanzen zu unterlassen sowie durch unregelmäßige, partielle Mahden die Entwicklung von auentypischen naturnahen Wiesen zu ermöglichen. Positive Ansätze sind bereits im Nordteil der Insel und im Gimritzer Park erkennbar.
Die bereits begonnene Errichtung eines Gartens auf einer potenziellen und entwicklungsfähigen Wiese im westlichen Mittelteil der Peißnitzinsel mit Anpflanzung von Khakis, Kiwis, Honigbeeren, Jostabeeren etc. können wir daher nicht gutheißen. In dem Blickwinkel betrachtet besteht zudem die Gefahr, dass bei Hochwassersituationen eine Ausbreitung der standortuntypischen Pflanzen bzw. von Teilen und Saatgut in die anderen Teile der Saaleaue erfolgt. Ebenfalls besteht die Möglichkeit, dass Tiere zur Ausbreitung beitragen. Besonders kritisch sind mögliche Einträge in die Naturschutzgebiete Nordspitze Peißnitz und Forstwerder zu betrachten.
Wir sind bereit mit euch über mögliche Standorte für Gärten im Rahmen des Ernteweges zu beraten, möchten aber ebenfalls darum bitten den Standort auf der Peißnitzinsel zu überdenken und nicht weiterzuverfolgen.“, Zitat Ende
Die schriftliche Reaktion des Vorstandes von Food Forest Halle e.V. vom 22.04.2021 beinhaltete eine Erläuterung und Rechtfertigung des Vorhabens, ließ aber kein Eingang auf das fachliche Angebot des AHA erkennen. Ferner deutete man an, dass die untere Naturschutzbehörde der Stadt Halle (Saale) den Standort des Projektes genehmigt habe. In Reaktion darauf, schrieb der AHA am 22.04.2021 folgende Bekräftigung seiner Positionen, Zitat:
„Guten Morgen Stefano Massa,
recht herzlichen Dank für die schnelle Antwort. Ihre Reaktion geht keinesfalls auf unsere fachlichen Hinweise und Einwände ein, was wir sehr bedauern. Leider ist es uns erst jetzt möglich sich, zu Ihrem Vorhaben auf der Peißnitzinsel zu äußern, da wir erst mit Feststellung des Beginns der praktischen Arbeiten davon Kenntnis erhalten haben.
In Anknüpfung an unsere Mail vom 22.04.2021 möchten wir uns noch einmal wie folgt äußern:
Der heutige, ehrenamtlich agierende und gemeinnützige AHA ist bereits 41 Jahren aktiv und begann seine Tätigkeit auf Halles Peißnitzinsel. Die Peißnitzinsel gehört zur Saaleaue und hat eine spezielle Fauna und Flora der Hartholz- und Weichholzaue sowie der Hochstauden- und Wiesengesellschaften. Alle anderen Arten und Gemeinschaften sind die nicht autochthon, also nicht standortgerecht und haben dort auch nichts zu suchen. Dazu zählen eben auch die Pflanzenarten, welche Sie dort anpflanzen möchten. Dabei ist es vollkommen unerheblich, ob sie im Norden vorkommen bzw. winterhart sind.
Ein sehr zu begrüßendes Wirken für den Schutz und den Erhalt von Umwelt, Natur und Landschaften muss von Fachlichkeit und Wissenschaftlichkeit und nicht von einem, dem widersprechenden Aktionismus geprägt sein. Dazu gehört eben auch sich eingehend und umfassend mit einem Standort auseinanderzusetzen. Offensichtlich ist das im konkreten Fall nicht im erforderlichen Umfang geschehen. Daran ändern auch keine behördlichen Genehmigungen etwas. Hier scheint eine Korrektur dringend erforderlich zu sein.
Noch einmal: Ihr Anliegen ist grundsätzlich zu begrüßen. Jedoch bedarf es einer korrekten fachlichen und wissenschaftlichen Grundlage. Ferner darf es nicht zur Verstärkung der Artenüberfremdung beitragen. Daher bieten wir Ihnen erneut an, sich gemeinsam mit uns über alternative Standorte zu verständigen. Wir sind überhaupt nicht daran interessiert den Konflikt mit Ihnen und Ihren Verein zu suchen. Nur gelten fachliche, rechtliche und sachliche Grundsätze für alle Personen und Organisationen. Davon kann bzw. darf es auch im konkreten Fall keine Ausnahmen geben.
Bitte nehmen Sie unser Angebot an und profitieren Sie von unseren in nunmehr 41 Jahren gesammelten Erfahrungen und unserer vielfältigen Fachlichkeit.“, Zitat Ende
Eine erneute Reaktion von Food Forest Halle e.V. blieb jedoch leider aus. In Folge dessen startete der AHA mit Mail vom 14.05.2021 an den Beigeordneten für Stadtentwicklung und Umwelt der Stadt Halle (Saale) René Rebenstorf folgende Anfrage, Zitat:
„Sehr geehrter Herr Rebenstorf,
bereits am 16.04.2021 haben wir feststellen müssen, dass im mittleren westlichen Bereich der Peißnitzinsel Aktivitäten für einen „Ernteweg“ begonnen haben. Anbei erhalten Sie aktuelle Fotos vom 14.05.2021.
In dem Zusammenhang möchten wir anfragen, ob dafür eine Genehmigung Ihrer Behörde vorliegt und wenn ja, auf welcher Basis, warum und wann diese erfolgte?
Wir bitten um eine zeitnahe Antwort.“, Zitat Ende
Auf Grund des Ausbleibens einer Antwort, bat der AHA mit Mail vom 16.06.2021 an Herrn Rebenstorf bis zum 21.06.2021 um eine schriftliche Beantwortung seiner Anfrage vom 14.05.2021.
Auch hier erfolgte bisher überhaupt keine Reaktion. Währenddessen findet die Umsetzung des Projektes „Ernteweg“ ihre ungeminderte Fortsetzung. Bedenken, Hinweise und Vorschläge wischt man vom Tisch, Anfragen bleiben unbeantwortet.
Die Initiative „Pro Baum“ und der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) finden diese Vorgehens- und Herangehensweise sehr befremdlich. Beide Organisationen vertreten die Auffassung, dass das grundsätzlich begrüßenswerte Ansinnen des Projektes „Erntweg“ so Schaden nimmt. Zudem bekräftigen die Initiative „Pro Baum“ und der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) erneut ihre Bereitschaft fachlich-inhaltlich sich einzubringen, wozu auch die Standortfrage gehören muss. Dazu ist aber ein Moratorium der Aktivitäten auf der halleschen Peißnitzinsel dringend erforderlich.Darüber hinaus mahnen die Initiative „Pro Baum“ und der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) erneut und mit Nachdruck einen anderen Umgang mit potentiellen Wiesen in der Stadt Halle (Saale) an. Dazu gehört die Durchführung von unregelmäßigen, partiellen Mahden, um die Entwicklung standortgerechter, arten- und strukturreicher Wiesen zu ermöglichen. Dabei ist es erforderlich während der Blütezeit, aber auch während der Reifezeit von Saatgut keine Mahd durchzuführen. Ferner gilt es Brut- und Setzzeiten von Tieren zu beachten.
Das trifft auch für die potentiellen Wiesen auf der halleschen Peißnitzinsel zu. Die Widersprüchlichkeit des Wirkens der Verwaltung der Stadt Halle (Saale) dokumentiert sich gerade im konkreten Fall. Einerseits tritt sie als Unterstützer des Projektes „Ernteweg“ auf, führt aber in direkter Angrenzung zu dem Vorhaben ständige Mahden durch und hinterlässt so weitgehend sterile Rasen.
Die Initiative „Pro Baum“ und der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) bekräftigen ihr Angebot sich im Rahmen ihrer ehrenamtlichen und gemeinnützigen Möglichkeiten fachlich-inhaltlich in das Projekt „Ernteweg“, aber auch bei der Entwicklung von Wiesen, einbringen zu wollen.
Darüber hinaus rufen Initiative „Pro Baum“ und AHA weiterhin interessierte Bürgerinnen und Bürger in der Stadt Halle (Saale) zur aktiven Mitwirkung auf, sich mit einzubringen. Interessenten können folgendermaßen zur Initiative „Pro Baum“ und zum AHA Kontakt aufnehmen:
Arbeitskreis Hallesche Auenwälder
zu Halle (Saale) e.V. – (AHA)
Große Klausstraße 11
06108 Halle (Saale)
E-Mail: aha_halle@yahoo.de
Andreas Liste
Vorsitzender
Halle (Saale), den 08.07.2021
Fotos: AHA
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