Der gemeinnützige und ehrenamtliche Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) setzt sich bekanntlich sehr intensiv für den Schutz, Erhalt und naturnahe Entwicklung der Weißen Elster, ihrer Fluss- und Auenlandschaften, ihrer Nebengewässer sowie angrenzender Natur- und Kulturlandschaften ein. Dies geschieht in Form von Stellungnahmen, Vorschlägen, Exkursionen sowie Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit.
Im Rahmen dieser räumlich, fachlich-inhaltlich und organisatorisch umfassenden ehrenamtlichen Tätigkeit beabsichtigt der AHA nunmehr auch seine Aktivitäten auf die ca. 30 km lange Weiße Elster zwischen den Städten Gera und Zeitz zu intensivieren.
Dabei bilden der Erhalt, der Schutz und die Entwicklung weiterer Abschnitte zu naturnahen Natur- und Landschaftsräumen, die Erweiterung von Hochwasserräumen, die mögliche Wiederanbindung von Altarmen und eines umwelt- und naturverträglichen Tourismuskonzeptes, die Entwicklung eines breitgefächerten Umweltbildungskonzeptes sowie die Unterstützung des Vorhabens der Ausweisung großer Teile des Gebietes der Weißen Elster ab Gera, über Markkleeberg, Leipzig, den angrenzenden Landkreisen bis nach Halle (Saale) zur Ausweisung zum UNESCO-Weltkulturerbe, die ersten Arbeitshauptschwerpunkte. So lassen sich ökologische, geologische, archäologische, historische, kulturelle, wissenschaftliche, ökonomische, soziale und kulturelle Aspekte umfassender und günstiger ins Verhältnis bringen, um so angemessen zukunftsfähig länderübergreifend eine nachhaltige Entwicklung zu ermöglichen. Perspektivisch erscheint es in dem Zusammenhang sinnvoll zu sein, die Gebiete über Gera, Greiz und Plauen bis ins Erzgebirge nach Tschechien ins Quellgebiet auszuweiten.
Dazu ist es jedoch notwendig, dass die Stadt Gera diesen dringenden Schutzanspruch verstärkter in die eigene Stadtplanung aufnimmt.
In dem Rahmen hatte der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) wiederholt zu einer Fahrradexkursion entlang der Weißen Elster eingeladen. Nachdem die erste Exkursion im Mai des Jahres 2022 flussabwärts bis nach Milbitz/Franzosenweg führte, folgten am 03.09.2022 Interessierte der zweiten Exkursion in diesem Jahr flussaufwärts nach Zwötzen. Auf der Basis des Aufrufes von Initiative „Pro Baum“ und AHA zum Gießen von Bäumen und Sträuchern vom 29.07.2022, waren der Exkursion intensive Bemühungen der AHA-Regionalgruppe Gera-Zeitz vorausgegangen, die von der monatelangen Trockenheit standortgefährdeten Jungbäume zu wässern und öffentlich auf deren Bedrohung durch die extreme Hitze aufmerksam zu machen. Die Aktion selbst beinhaltete das Anbringen von Flugblättern an die entsprechenden Jungbäume mit dem allgemeinen Aufruf zur Mithilfe beim Wässern der Bäume und Sträucher, das Bereitstellen von Schöpfeimern im Stadtteil Untermhaus und die Veröffentlichung des Gießaufrufs im digitalen Köstritzer Amtsblatt. 
Zum Abschluss der Gießaktion fand Anfang September eine Fahrradexkursion entlang der Strecke statt, wo Jungbäume mit Stützpfeilern gepflanzt wurden und von der Stadt Gera gepflegt werden. Die Strecke führte die Exkursionsteilnehmer vom Geraer Hbf. über den Küchengarten und die Kastanienallee direkt zum Elsterufer im Bereich Untermhäuser Brücke, um einerseits die Jungbäume auf dem Biermannplatz/Mühlgraben hinter der Schutzmauer zu begutachten, andererseits den Baumbestand flussaufwärts sowohl vor- und hinter der Mauer, als auch ohne Mauer zu dokumentieren.
Zum Abschluss der Radexkursion wurde ein Treffen vor Ort in Zwötzen mit Betroffenen arrangiert.
Ablauf:

  • Bestimmung der Bäume mittels der App „flora inkognito“ – bevor es mit der Exkursion los ging, gab mir Herr Lorenz (Baumsachverständiger und Treeworker) eine umfassende Auskunft über den Zustand der Jungbaumbepflanzung. Baum- und Landschaftspfleger Lorenz berichtete, dass junge Bäume in den Monaten Juni, Juli, August 2022 ausschließlich dem Stress ausgesetzt gewesen sind. So sind die wenigsten Jungbäume kaum bis gar nicht vor extremer Sonneneinstrahlung geschützt; Beschattung durch größere Bäume mit ausladender Baumkrone sind nicht vorhanden.
  • Uferstraße – Biermannplatz: 6 Buchen, eine Weide, 1 Buche tot vermutlich vertrocknet
  • Gries: keine gefährdeten Jungbäume
  • Gries/Wasserstraße:
  • Mühlgraben: 3 Eichen, 2 Weiden, 1 Buche – 2 Eichen gefährdet
  • Textimasteg/Tschaikowskistraße in Heinrichsgrün – 54 Winterlinden, 3 gefährdet; alle Bäume sind standortgefährdet, da Sie nur 2,00 – 2,50 Meter neben der Hochwasserschutzmauer gepflanzt wurden, welche massiv und 2015/16 bis zu 4 Meter tief neuerrichtet wurde, welche dadurch eine horizontale Sperre im Wurzelraum darstellen. Trotz der Anpassungsfähigkeit gibt es eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass diese neu gepflanzten Bäume ab dem zwanzigsten Lebensjahr entfernt werden müssen aufgrund zu extremer Standortbedingungen. Die an dieser Stelle des Ufers gepflanzten Jungbäume werden nach bisherigem Erkenntnisstand keine Normalgröße eines ausgewachsenen Baumes erreichen.
  • Stadion am Steg bis Zwötzener Wehr: 52 Bäume (Eiche, Hainbuche), 1 Baum tot

Durch Bodentrockenheit und Dürre sind insbesondere städtischen Jungbaumbepflanzungen den besonderen Belastungen erlegen, da der zur Verfügung stehende Boden höchstwahrscheinlich nicht genug Nährstoffe bietet.
Junge Bäume brauchen mindestens zweihundert Liter täglich, insbesondere bei den Neubepflanzung entlang der Hochwasserschutzmauer müssen Jungbäume oftmals ohne zusätzlichen Schatten auskommen, vor allem in der Tschaikowskistraße und im Bereich Gera-Zwötzen entlang des Elsteradweges ist dies der Fall. Aber auch im Bereich am Gries zwischen Wasserstraße und Otto-Dix Brücke zeigt sich der erhöhte Wässerungsbedarf.

  • Ein Schutzanstrich ist generell zu empfehlen, da an problematischen sonnenexponierten

Standorten sich unter der Rinde im Kambium mit Temperaturen bis zu achtzig Grad bilden und die Rinde reißen kann, bis zum Alter von zehn Jahren.

Dabei fällt auf, dass Neupflanzungen von städtischer Seite nur dort vorgenommen wurden, wo der technische „Hochwasserschutz“ in Form einer Schutzmauer vor der unmittelbaren Fertigstellung steht oder bereits fertiggestellt wurde. Hier seien u.a. der Bereich Textimasteg bis Heinrichbrücke auf westlicher Uferseite genannt. Dort, wo von städtischer Seite keine technischen Schutzvorrichtungen geplant wurden oder werden, befinden sich keine Neupflanzungen, wie z.B. zwischen Untermhäuser Brücke und Textimasteg an beiden Uferseiten.

Auffallend ist zudem, dass die Jungbäume hinter der Mauer sehr standortgefährdet sind (z.B. entlang der Tschaikowskistraße), da zum einen der Abstand zur Mauer nicht annähernd ausreichend ist, damit die Jungpflanzen ihr Wurzelwerk in gewohnter Weise gleichmäßig unterirdisch ausbreiten können. Zum anderen setzt der hohe Versiegelungsgrad des Bodens und die Wahl des Standortes direkt an der westlichen Schutzmauer erheblich zu: junge Pflanzen benötigen ausreichend Schutz durch ihre „Mutterbäume“, indem diese Schatten spenden bei extremer Sonneneinstrahlung und Hitzeeineinwirkung, und sie außerdem den Jungbaumbestand vor starken Orkanböen, Sturm und Hagel schützen. Die neugepflanzten und durch Stützpfosten gestützten Jungbäume entlang der Tschaikowskistraße sind allesamt als standortgefährdet einzustufen, da sie ohne Schutz allen Wetterextremen ausgesetzt sind, was dazu führt, dass diese Bäume nur durch intensive Pflege von Menschenhand Überlebenschancen besitzen. Die hohe Versiegelungsdichte in diesem Bereich der Stadt dient zusätzlich als Katalysator für das vorzeitige Absterben der Bäume, bevor diese ihre maximale Höhe und Baumkronenvolumen erreicht haben werden. Beton und Asphalt auf Straßen, Mauer und Gebäuden lassen die Umgebungstemperatur um mehrere Grad zusätzlich ansteigen, indem die Wärme durch intensive Sonneneinstrahlung gespeichert und nur langsam wieder abgegeben wird. Somit ist auch nachts nicht mehr von einer notwendigen Kühlungsfunktion für Mensch und Tier auszugehen, weil die Wärmespeicherung und -abstrahlung die funktionale Abkühlungsfähigkeit von jungen Laubbäumen um ein Vielfaches übersteigt.

Die Exkursion führte weiter in Richtung Debschwitz bis zum Zwötzener Wehr am östlichen Ufer der Weißen Elster entlang. Auch dort ist festzustellen, dass vorrangig „Ausgleichspflanzungen“ entlang der schon vorhandenen Schutzmauer vorgenommen wurden, anstatt präventiv dort zu pflanzen, wo bisher keine Mauer gebaut oder geplant wurde.
Die Jungbäume zwischen Stadion am Steg und Zwötzener Wehr sind als weniger standortgefährdet einzustufen, da hier insbesondere der barrierefreie Zugang zum Wasser ins Gewicht fällt. Wurzeln können sich – wenngleich die Bildung eines weitverzweigten Wurzelgeflechts auch hier infrage gestellt werden muss – ungehindert Richtung Flussbett unterirdisch ausbreiten. Gerade in sehr langanhaltenden Trockenphasen sehen wir darin einen Standortvorteil gegenüber Jungbäumen hinter der Mauer. Nichtsdestotrotz bleibt abzuwarten, welche maximale Höhe diese Bäume erreichen werden. Es ist davon auszugehen, dass nur mit intensiver Unterstützung des Menschen die Bäume überleben können, da Jungbäume über noch kein ausreichend tiefes Wurzelsystem verfügen und auf zusätzliche Wässerungen während der trockenen Sommermonate angewiesen sind.

Blicken wir weiter südlich flussaufwärts, so befindet sich in unmittelbarer Nähe zur Gartenanlage Huth – welche nach dem Willen von der Stadt Gera und des Freistaates Thüringen konsequent beräumt und abgetragen werden soll – ein natürliches Reservoir an Auenwald, welches mit einer Mischung aus Alt – und Jungbaumbestand als natürliche Retentionsfläche gerade für den Bereich Zwötzen und die anderen direkt an der Elster gelegenen Stadtteile dienlich sein kann. Zwischen dem Ortsteil Liebschwitz und dem Liebschwitzer Bahnhof in Höhe der Zoitzbergmühle befindet sich noch immer ein scheinbar unbeachteter Nebenarm der Weißen Elster auf östlicher Flussuferseite, der über die letzten Jahrzehnte in Vergessenheit geraten ist. Gerade mit Blick auf Schutz von Auenlandschaften und dem Schutz der Weißen Elster als „Flusslandschaft des Jahres“ regt der AHA an, diesen Restbestand von Altaue auch vor dem Hintergrund des natürlichen, präventiven Überflutungsschutzes systematisch zu renaturieren und seiner natürlichen Funktion zu überführen. Gemeinsam mit dem Freistaat Thüringen und der Stadt Gera möchte der AHA in Arbeitseinsätzen diese Fläche im Geraer Oberlauf der Weißen Elster von Schrott und anderen baulichen Hindernissen befreien, den Nebenarm durchlässig für Fließgewässer machen und somit zu effektiven Natur- und Artenschutz beitragen, indem effektive Hochwasserfläche geschaffen wird. Ungefähr in Höhe des stillgelegten Liebschwitzer Bahnhofs mündet der Seitenarm wieder in das Flussbett der Weißen Elster. Volumen und Geschwindigkeit möglicher zukünftiger Hochwasser können damit flussabwärts bereits viele hundert Meter vor der Flussbiegung im Bereich Zwötzener Brücke minimiert werden. Damit ist es nicht erforderlich, großflächig Erde im Bereich der Gartenanlage Huth abzutragen. Den Abschluss der Exkursion am 03.09.2022 machte eine Ortsbegehung mit einer besorgten Gartenbesitzerin, deren Lebensinhalt sich – wie bei vielen anderen betroffenen Pächtern ebenfalls – gerade seit der Corona-Pandemie verstärkt auf die Pflege ihres Gartens konzentriert. 

Kleingartenanlagen sind natürliche Refugien vieler Tier- und Pflanzenarten. Kleingärten tragen sehr effektiv zum Artenschutz gerade innerhalb von Städten bei. Gerade Insekten als Bestäuber sind unverzichtbar für den Artbestand und Bienenweiden braucht es nicht nur in städtischer Obhut, sondern mehr und mehr auch durch die Förderung und Pflege im Privatsektor. Kleingärten sind daher unverzichtbarer Bestandteil, wenn es darum geht, Bienen und andere Insekten langfristig zu schützen. Die relativ große Gartenanlage „Huth e.V.“ bietet dafür alle Voraussetzungen.
Dieses Areal kann als zusätzliche Retentions- u/o Hochwasserfläche dienen, ohne dass Pächter ihre Parzelle beräumen müssen.

Der AHA denkt ganzheitlich und nachhaltig und fordert daher einen tragfähigen Kompromiss zwischen Stadt Gera, Freistaat Thüringen sowie Anwohnern und Nutzern. Bisher nützt die Vorgehensweise von Stadt und Land niemandem – am wenigsten dem Natur- und Artenschutz an der „Flusslandschaft des Jahres“. Der AHA sieht die dringende Notwendigkeit über die offizielle Titelvergabe bis 2023 hinaus, die Weiße Elster als Flusssystem zu schützen und zu bewahren. Bisher spricht vieles dagegen, dass der Freistaat Thüringen und die Stadt Gera das auch wollen. Der AHA bekräftigt erneut und mit Nachdruck im Rahmen seiner ehrenamtlichen und gemeinnützigen Möglichkeiten unter Einbeziehung der Bevölkerung und der Wissenschaft mit der Politik und den Verwaltungen des Freistaates Thüringen und der Stadt Gera gemeinsame Lösungen zu suchen und zu finden.
In dem Zusammenhang bekräftigt der AHA wiederholt und mit Nachdruck seinen Wunsch und Bereitschaft verstärkt für den Schutz, Erhalt und Entwicklung des gesamten Flussgebietes der Weißen Elster von Quelle bis zur Mündung einzusetzen. Dazu zählen selbstverständlich auch das Stadtgebiet Gera sowie der Abschnitt der Weißen Elster zwischen den Städten Gera und Zeitz. Daher hatte die Mitgliederversammlung des AHA vom 07.12.2020 beschlossen eine länderübergreifende Regionalgruppe Gera-Zeitz zu bilden. In dieser AHA-Gruppe können sich ehrenamtliche Interessenten unabhängig von Alter, Geschlecht, Bildung und Beruf einbringen. Wer Interesse hat, wende sich bitte an folgende Kontaktmöglichkeit:

Arbeitskreis Hallesche Auenwälder
zu Halle (Saale) e.V. – AHA

Regionalgruppe Leipzig und Umland
Otto-Adam-Straße 14

04157 Leipzig

E-Mail: aha_halle@yahoo.de

Andreas Liste
Vorsitzender

Halle (Saale), den 20.11.2022