Im Rahmen mehrerer Begehungen des Arbeitskreises Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) zwischen Schillerpark, Stillingen und Jagdbrücke – jüngst im Oktober 2016 – nahmen die Exkursionsteilnehmerinnen und Exkursionsteilnehmer neben den natürlichen und landschaftlichen Grundlagen, Strukturen und Vielfältigkeiten, auch die noch vorhandenen Auswirkungen und Folgen des Hochwassers im Juni 2013 in Augenschein.
Dabei fielen als Erstes die Folgezustände an der Kleingartenanlage „Am Schillerpark“ und dem angrenzenden Wegesystem sowie an der Gastronomie unweit der Stillinge und des flächenhaften Naturdenkmals (FND) Eichendom auf.
Hier verdeutlichte sich, dass das Hochwasser seinen Raum zur Ausbreitung mit voller Kraft und vollumfänglich gesucht und gefunden hat. In dem Zusammenhang zeigt sich wieder, dass Fließgewässer ganz massiv in ihre Altaue zurückdrängen und sich von keinen Bauten der Menschen daran hindern bzw. aufhalten lassen. In dem Blickwinkel betrachtet nahmen die Exkursionsteilnehmerinnen und Exkursionsteilnehmer die Rückbaumaßnahmen in der Kleingartenanlage „Am Schillerpark“ in Augenschein. Mit Unverständnis stellten sie jedoch fest, dass man offenbar beabsichtigt Bauschutt auch aus anderen oberflächlich beräumten Kleingartenanlagen –z.B. an der Braunschen Lache- herangeschafft, zu verwenden, um Baustraßen zu errichten. Neben der Frage zu dem nicht erkennbaren Sinn derartiger Baustraßen, stellt sich sofort die äußerst dringende Notwendigkeit der vollständigen Beräumung der Flächen, wozu nicht nur die Oberbauten gehören. Die bauliche Beräumung muss sich, nach Ansicht der Exkursionsteilnehmer und Exkursionsteilnehmerinnen, ganz besonders auch auf die Fundamente, Versorgungsleitungen und Klärgruben beziehen. Nur vollständig von u.a. mit gefährlichen Stoffen wie Asbest, zersplittertes Glas, Farb- und Ölresten angereicherten Bauresten und –schutt beräumte Flächen können einer ordnungsgemäßen Umsetzung in Sachen Umwelt-, Natur- und Landschaftsschutz und damit der Vermeidung von Beibehalten und u.a. hochwasserbedingter Ausbreitung von Schadstoffen aller Art dienlich sein. Nach Auffassung der Exkursionsteilnehmerinnen und Exkursionsteilnehmer ist ein derartiges Vorgehen alternativlos und unverzüglich vollständig u.a. auch in den einstigen Kleingartenanlagen am Eschenweg und an der Braunschen Lache ebenso umzusetzen.
Im Zusammenhang einer notwendigen Beseitigung von Kleingärten in Hochwasserräumen gilt es aber von Anfang an mit der Bevölkerung zusammenzuarbeiten, gemeinsam Lösungen zu erarbeiten und dem Prinzip der Freiwilligkeit den Vorrang einzuräumen. Ferner halten es die Exkursionsteilnehmerinnen und Exkursionsteilnehmer für sehr wichtig, dass eine wissenschaftlich fundierte Schutz- und Entwicklungskonzeption die künftige Entwicklung der beräumten einstigen Kleingartenanlagen und die Wiedereingliederung in den Hochwasserausreitungs- und Auenentwicklungsraum der Mulde beinhaltet. Nach Standort und gegenwärtigen Bestand der Vegetation könnten nach Ansicht der Exkursionsteilnehmerinnen und Exkursionsteilnehmer die Möglichkeit der sukzessiven Entwicklung von Auenwäldern, Streuobstwiesen, Hochstaudenflächen, temporäre oder bzw. und ständige Feuchtgebiete, von unregelmäßig gemähten Wiesen sowie Mischbestände aus Allem dazu gehören. Streuobstwiesen und Mähwiesen bedürfen einer intensiven Pflege und Betreuung, wozu auch eine bestehende kleinere Streuobstwiese nördlich des Landhauses und an der Braunschen Lache zählen.
Für den AHA gilt es nunmehr alles Mögliche an Maßnahmen zu ergreifen, um hier der Mulde ihren Überflutungsraum zurückzugeben. In dem Zusammenhang bedarf es im Anschluss daran den östlich und nordöstlich an die Kleingartenanlage „Am Schillerpark“ angrenzenden Deich perspektivisch an zwei Stellen zu schlitzen und den „Restdeich“ als Fluchtinseln für Tiere bereitzustellen. Solche Rückbaumaßnahmen sind dringend erforderlich, um so der Aue wieder Entwicklungs- und Überflutungsraum zurückzugeben.
Im Anschluss daran die Exkursionsteilnehmerinnen und Exkursionsteilnehmer die Streuobstwiese nördlich der Plankenlinie und des Landhauses in Augenschein.
Am 08.12.2015 haben erfreulicherweise die Stadt Dessau-Roßlau und der AHA eine Pflege- und Nutzungsvereinbarung ab 01.01.2016 für die Streuobstwiese am Landhaus abgeschlossen. Nunmehr hat der AHA mit großer Freude und großem Dank den Bescheid der Stiftung Umwelt, Natur- und Klimaschutz des Landes Sachsen-Anhalt zur Förderung von Maßnahmen zum Schutz, Pflege und Betreuung der Streuobstwiese Am Landhaus in der Stadt Dessau-Roßlau erhalten. Mit der superschnellen Bewilligung des Antrages durch die Stiftung Umwelt, Natur- und Klimaschutz des Landes Sachsen-Anhalt besteht nun die Basis, in Absprache mit der unteren Naturschutzbehörde der Stadt Dessau-Roßlau, konkret mit den Pflege- und Betreuungsmaßnahmen beginnen zu können. Im Rahmen der Exkursion berieten und diskutierten die Exkursionsteilnehmerinnen und Exkursionsteilnehmer über die nächsten Aktivitäten zum Schutz, Entwicklung, Pflege und Betreuung der Streuobstwiese.
Als nächste Schritte ist beabsichtigt die Besorgung der Geräte und Werkzeuge, die Bestimmung der Apfelsorten, die Ernte der Äpfel sowie die Mahd im südlichen Bereich der Streuobstwiese anzugehen. Die bisherigen Kontakte zu den beiden Schäfern der Region gestalten sich leider komplizierter als ursprünglich erhofft. Hier ist jedoch vorgesehen erneut Versuche zu starten, um Möglichkeiten der Zusammenarbeit auszuloten. Hinsichtlich der Apfelsortenbestimmung sucht der AHA nun verstärkt den Kontakt zu Pomologen, um vor der Ernte die Apfelsorten bestimmen lassen zu können. Danach soll in Form von öffentlichen Arbeitseinsätzen die Ernte der Äpfel stattfinden. Zur Verwertung der Äpfel setzt der AHA auf Eigenverwendung und -verwertung, aber auch auf Zusam-menarbeit mit Mostereien sowie die Prüfung der Zulassung als Lieferant für das EU-Schulobst- und –gemüseprogramm. Eine Zusammenarbeit mit Obst- und Gemüsehändlern zum Angebot von Tafelobst ist erst nach bereits erwähnter Sortenbestimmung möglich. Denkbar ist ebenfalls Tafeln mit Obst zu versorgen.
Ferner sind Kontakte zur Volkshochschule vorgesehen, um z.B. im Rahmen von Schnittkursen gleich Schnittarbeiten mit realisieren lassen zu können. Ebenso stellt sich der AHA vor, Schulen der Stadt Dessau-Roßlau in das Vorhaben einzubinden.
Für das kommende Jahr 2017 prüft der AHA die Durchführung von regelmäßigen Arbeitseinsätzen.
Für die Exkursionsteilnehmerinnen und Exkursionsteilnehmer stellt sich der Parkplatz am Südostrand der Streuobstwiese als Problem dar. Hier gilt es Abhilfe zu schaffen, um die Streuobstwiese von derartigen Störungen zu befreien. In dem Zusammenhang drückten die Exkursionsteilnehmerinnen und Exkursionsteilnehmer ihre sehr große Sorge aus, dass insbesondere im Zusammenhang mit dem Landhaus, der Autoverkehr zunimmt. Eine derartige Entwicklung am ca. 1.191 ha großen Naturschutzgebiet „Untere Mulde“ ist keinesfalls zufriedenstellend und bedarf alsbaldiger Abhilfe.
Im Rahmen der Inaugenscheinnahme der Streuobstwiese in der Braunschen Lache stellten die die Exkursionsteilnehmerinnen und Exkursionsteilnehmer mit großer Sorge den Zustand des aus Pflaumen bestehenden Obstbestandes fest. Der AHA hat auch hier gegenüber der Stadt Dessau-Rosslau seine Bereitschaft bekundet die Streuobstwiese zu betreuen. Die Exkursionsteilnehmerinnen und Exkursionsteilnehmer waren sich einig, dass hier schneller Handlungsbedarf besteht. Ebenso, dass das direkte Umfeld eines massiven Schutzes bedarf und die große Fichte im Westteil dringend zu erhalten gilt. Neben ihrem würdigen Habitus, dient sie u.a. dem Waldkauz als Schlafplatz und Jagdansitz.
Im Bereich der Jagdbrücke nahmen die Exkursionsteilnehmerinnen und Exkursionsteilnehmer die Mulde im unmittelbaren Vorfeld der Mündung in die Elbe in Augenschein.
Die Mulde ist ein linkselbisch gelegener, nicht schiffbarer Nebenfluss der Elbe. Der 124 km lange Fluss entsteht in Sachsen südöstlich von Leipzig durch die Vereinigung der Zwickauer Mulde und der Freiberger Mulde nördlich von Colditz bei Sermuth. Der Name Mulde bedeutet „Die Mahlende“ und soll auf die Vielzahl der früher am Fluss betriebenen Mühlen hinweisen.
Dieser Teil der Fluss- und Auenlandschaft der Mulde gehört zum ca. 1.191 ha großen Naturschutzgebiet „Untere Mulde“. Die Exkursionsteilnehmer und Exkursionsteilnehmerinnen halten es für dringend notwendig als zu unternehmen die durchaus vorhandene Naturnähe des Flusses in dem Gebiet zu erhalten und vor menschlichen Zugriffen jeglicher Art wie z.B. Verbauungen, Beeinträchtigungen wie Betreten der Ufer-, Kies- und Sandflächen im Flussbereich zu schützen. Diese Gebiete bieten dem Fluss entscheidenden Raum zur Entwicklung und dienen sowohl Tieren und Pflanzen wichtigen Lebens- und Entwicklungsraum.
Der AHA erläuterte in dem Zusammenhang, dass die Auen als unentbehrlicher Überflutungsraum von Fließgewässern zu den arten- und strukturreichsten Landschaften der gemäßigten Zonen der Erde gehören. Sie setzen sich aus Auenwäldern, Auenwiesen, Kies- und Schotterflächen, Altarmen, Stand- und Fließgewässern sowie Schlammflächen zusammen. Somit stellen sie einen wichtigen Lebens- und Rückzugsraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten dar. Diese Vielfältigkeit lädt ferner zum Schauen und Erholen ein.
Jedoch sind zahlreiche Auenlandschaften und die dazugehörigen Gewässer von Baumaßnahmen und anderen Beeinträchtigungen der Wasser- und Bodenqualität bedroht. Derartige Gefährdungen gilt es abzuwenden bzw. zu verhindern.
Verbunden mit dem niedrigen Wasserstand der Mulde kommen immer mehr inselhafte Kies- und Schotterbänke zum Vorschein. Diese Flächen dienen u.a. Flussregenpfeifern als Brutraum. Ferner zeichnen sich mit der möglichen Entwicklung von temporären zu dauerhaften Inseln auch Entwicklungsräume für neue Auenwälder ab. Für die Exkursionsteilnehmerinnen und Exkursionsteilnehmer ist daher sehr wichtig, dass z.B. durch ordnungsgemäße Ausschilderung und Kontrollen eine Nutzung derartiger Flächen u.a. als Badeort und Angelplatz ausgeschlossen ist. Immerhin befinden sich diese Flächen im ca. 1.191 ha großen Naturschutzgebiet „Untere Mulde“.
Um jedoch Auenlandschaften als Natur- und Landschaftsraum zu erhalten und weiter entwickeln zu lassen, bedarf es u.a. einer umfassenden Bildungs- und Aufklärungsarbeit. Dazu soll ein Naturerkenntnispfad Mündungsgebiet der Mulde in die Elbe beitragen.
Die Exkursionsteilnehmerinnen und Exkursionsteilnehmer bekräftigten die volle Unterstützung des AHA in seinem diesbezüglichen Anliegen.
Im Bereich zwischen dem flächenhaften Naturdenkmal „Eichendom“ entlang der Walderseestraße, an den Stillingen und am Schillerpark legte der AHA erneut seine Position zur geplanten Nordostumgehung dar. Nach Auffassung des Arbeitskreises Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) ist es unverständlich, dass die finanziell hochverschuldete Stadt Dessau-Rosslau noch immer an ihrem Vorhaben zur Errichtung einer Nordostumgehung festhält.
Neben der Tatsache, des fortgesetzten Bevölkerungsrückganges und damit verbundener überzogener Verkehrsprognosen, zerschneidet eine derartige Trasse ein UNESCO-Welt-kulturerbe sowie die Mulde in Angrenzung an ein Naturschutzgebiet und somit Gebiete tangiert, welche auch den Richtlinien der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) entsprechen, Lebensräume von Rote-Liste-Arten wie Hirschkäfer und Heldbock betrifft sowie nicht zuletzt sehr wichtige Hochwassereinzugsräume der Mulde quert.
Gerade die jüngsten Hochwasser im Januar- und Februar 2011 sowie Juni 2013 hatten wieder ganz deutlich aufgezeigt, dass Baumaßnahmen aller Art in und an Hochwassereinzugsgebieten konsequent zu unterlassen sind. In dem Blickfeld hält es der AHA sogar für dringend geboten an einer schnellen und öffentlich transparenten Entwicklung bzw. Aktualisierung von Hochwasserkonzeptionen der Stadt Dessau-Rosslau zu arbeiten. Dazu gehören die Wiederausweitung von Auenlandschaften sowie deren Durchgängigkeit zu ermöglichen.
Eine Nordostumgehung in Dessau-Rosslau steht dem aber eindeutig entgegen und es gilt daher sofort bzw. unverzüglich alle diesbezüglichen Aktivitäten auf Kosten des Steuerzahlers zu beenden. Im Falle einer Fortsetzung dieses ungeheuerlichen Verfahrens gilt es eine Verstärkung der Protestaktivitäten sowie Anzeigen bei der Europäischen Union und der UNESCO gegen die politisch Verantwortlichen zu prüfen bzw. in Erwägung zu ziehen.
Der AHA ruft, auch im Rahmen des aktuellen Planungsverfahrens Ostrandstraße 2. BA Ringsschluss Dessau-Nord und 3. BA Zweite Muldebrücke, die Bevölkerung zur Fortsetzung bzw. Verstärkung des Widerstandes gegen das Vorhaben auf.
Die Exkursionsteilnehmer und Exkursionsteilnehmerinnen bekräftigten einmütig die Positionen des AHA.
Auf Grund dieser räumlich und fachlich-inhaltlich vielfältigen Aufgaben und dringend notwendigen beabsichtigt der AHA interessierte Personen zu gewinnen, welche in der Ortsgruppe in Dessau – Rosslau ehrenamtlich mitwirken möchten. Dabei spielen Alter, Beruf, Geschlecht und Nationalität überhaupt keine Rolle.
Dabei soll räumlich gesehen ein enges Zusammenwirken mit den AHA-Aktivitäten in den anderen Wirkungsgebieten, wie zum Beispiel mit der Ortsgruppe Bitterfeld-Wolfen, die Effizienz der Arbeit erhöhen.
Wer Interesse hat an einer derartig wichtigen ehrenamtlichen Arbeit bzw. noch mehr darüber erfahren möchte, wende sich bitte an folgende Anschrift sowie kann nachfolgende Sprechzeit persönlich oder telefonisch nutzen:
Arbeitskreis Hallesche Auenwälder
zu Halle (Saale) e.V. (AHA)
Ortsgruppe Dessau-Rosslau
Schwabehaus
Johannisstraße 18
06844 Dessau
Internet: https://www.aha-halle.de
E-mail: aha_halle@yahoo.de
Fax.: 0180 – 573 737 6961
(Verbindung deutschlandweit zum Ortstarif)
Sprechzeit:
Donnerstag: von 19.00 bis 20.00 Uhr
Fotos Andreas Liste
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