I. Grundsätzliches

Der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA – setzt sich nunmehr seit über 44 Jahren im Allgemeinen für den Schutz, den Erhalt und die Entwicklung von Umwelt, Natur und Landschaften sowie im Speziellen für den Schutz, den Erhalt und die Entwicklung von Auenlandschaften und angrenzenden Landschaften ein. Dabei setzt der ehrenamtliche und gemeinnützige Umwelt- und Naturschutzverein auf wissenschaftlich fundierte sowie natürliche bzw. naturnahe Schutz- und Entwicklungsaktivitäten. Dabei gilt es entsprechende Entwicklungen zu befördern und Eingriffe weitgehend auf Rückbaumaßnahmen zu beschränken. Bei Fließgewässern handelt es sich zum Beispiel um bauliche Beseitigungen von Müll, Verrohrungen sowie Ufer- und Sohlbefestigungen aller Art. Ebenfalls sinnvoll erscheinen ggf. Unterstützungsmaßnahmen wie das Belassen von Holz, Steinen und Kies bzw. das begrenzte Einbringen von Störsteinen und -hölzern. Ansonsten gilt es Fließgewässern ausreichend Raum für Entwicklungen – mindestens 10,00 m breite Gewässerschutzstreifen beiderseits der Uferoberkante – zu gewähren.
Als Basis aller möglichen Aktivitäten hält der AHA eine umfassende Erstellung von wissenschaftlich fundierten Schutz- und Entwicklungskonzeptionen für dringend geboten, um faktenbasierte Beratungs- und Entscheidungsgrundlagen zu besitzen.

II. Planungsunterlagen

Das Gebiet der Verwaltungsgemeinschaft und der Stadt Bad Tennstedt sowie die nähere Umgebung ist agrarisch sowie von einer Anzahl von Fließgewässern geprägt. Dazu zählen der Wilde Graben, der Borntalsbach/Flutgraben, die Öde, der Burggraben, der Saitenraingraben, die Hühnerklinge, der Klunkerbach, der Singerbach sowie Großen und Kleinen Schambach geprägt. Darin eingebettet befindet sich das 23,70 ha große FFH-Gebiet Nr. 37 „Bruchwiesen bei Bad Tennstedt“

https://natura2000.thueringen.de/download-bereich/ffh-gebiete-map/ffh37-map

https://natura2000.thueringen.de/fileadmin/000_TLUBN/Naturschutz/Dokumente/9_natura2000/FFH_Gebiete_MaP/ffh_037_map_ab.pdf

https://www.bfn.de/natura-2000-gebiet/bruchwiesen-bei-bad-tennstedt

Das Gesamtgebiet ist Bestandteil der Unstrut und ihrer Aue. Die besondere Schutzwürdigkeit im Bereich der Unstrut-Gera-Aue drückt sich insbesondere in den folgenden europäischen und nationalen Schutzgebieten aus:

  • FFH-Gebiet Nr. 39 „Unstrut-Niederung nordöstlich Herbsleben“ = ca. 193,70 ha
  • SPA Nr. 15 „Gera-Unstrut-Niederung um Straußfurt“ = 5.522,56 ha
  • Naturschutzgebiet (NSG) 76 „Herbslebener Teiche“ = 99,30 ha

https://natura2000.thueringen.de/download-bereich/ffh-gebiete-map/ffh39-map

https://natura2000.thueringen.de/fileadmin/000_TLUBN/Naturschutz/Dokumente/9_natura2000/FFH_Gebiete_MaP/ffh_039_map_ab.pdf

https://www.bfn.de/aba-gebiet/id-225-gera-unstrut-niederung-um-straussfurt-th

https://natura2000.thueringen.de/managementplaene-fuer-spa-fachbeitraege-offenland/spa-nr-15-gera-unstrut-niederung-um-straussfurt

https://natura2000.thueringen.de/fileadmin/000_TLUBN/Naturschutz/Dokumente/9_natura2000/SPA_MaP/SPA_15_Myotis_AB_20230123.pdf

https://tlubn.thueringen.de/naturschutz/schutzgebiete/naturschutzgebiet/nsg-076-herbslebener-teiche

https://tlubn.thueringen.de/fileadmin/000_TLUBN/Naturschutz/Dokumente/8_schutzgebiete/NSG/Rechtsgrundlagen/nsg_076_Lesefass_TLUBN_20190820_VO_Herbslebener_Teiche.pdf

Damit verknüpft ist nicht nur der Schutz in den jeweiligen Schutzgebieten, sondern ebenfalls der Verbund im Biotop- und Grünverbund des gesamten Natur- und Landschaftsraumes, wozu das Planungsgebiet eindeutig dazugehört.
Daher ist es erforderlich alle Planungen und Aktivitäten darauf zu orientieren bzw. abzustimmen. So auch das konkrete Vorhaben.

Nach Ansicht des Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA – ist das Vorhaben vom Grundsatz her zu begrüßen und zu unterstützen. Jedoch gilt es auf folgende Dinge zu achten:

Das Vorhaben erfordert eine Komplettberäumung von Müll, Verrohrungen, Sohl- und Uferbefestigungen, die dauerhafte Einrichtung von mindestens 10,00 m breiten Gewässerschutzstreifen beiderseits der Uferoberkante, das Belassen von Holz, Steinen und Kies sowie die Unterlassung von Beräumungen des Fließgewässerbettes von angeschwemmten Naturmaterial. Zudem ist eine Feststellung, Überprüfung und Unterbindung von Abwasser- und ungeklärten Schmutzwassereinleitungen vorzunehmen. Selbstverständlich ist eine dauerhafte Einrichtung eines „mittlere“n „Gewässerentwicklungskorridorbreite des Mittelgrabens ca. 33 m“, wie unter Punkt 7.2.1 Ermittlung Entwicklungskorridor angegeben, als noch optimaler anzusehen. Erstrebenswert ist die Einrichtung derartiger Korridore für alle Fließgewässer in der Region. Je größer die Entwicklungs- und Schutzräume sind, desto mehr naturnahere und sukzessive Entwicklung der Aue ist möglich. Zudem dienen solche Räume als Abpufferung von negativen Umwelteinflüssen, wozu Abdriften von Düngemittel und Pestiziden. Letzteres ist besonders wichtig, solange keine Umstellung auf eine arten- und strukturreiche Landwirtschaft in biologisch-alternativer oder dynamischer Produktionsform erfolgt ist. Andere Negativeinflüsse sind Lärm, Feinstaub und Abgase.
Wichtig ist auch der Erhalt von Gehölzflächen und -standorten entlang der Fließgewässer und im Agrarraum. Gerade in weitgehend ausgeräumten Landschaften haben Gehölze eine noch wichtigere Funktion als Lebens- und Rückzugsraum für Tiere, Pilze und andere Pflanzen. Daher ist keinesfalls ein „Aufbrechen geschlossener Gehölzbestände“ zu begrüßen, wie sie unter den Punkten 7.2.4.1 Allgemeines und 7.2.4.2 Zur Ausführung kommende Bauweisen beschrieben sind. Zudem tragen derartige, bereits bestehende Gehölzbestände zur Bereicherung des Arten- und Strukturreichtumes bei. Eine Mäandrierung lässt sich auch bestens außerhalb derartiger Gehölzbereiche entwickeln. Außer der obengenannten Aktivitäten gilt es keine weiteren Eingriffe, insbesondere bauliche Aktivitäten und Initialpflanzungen, vorzunehmen. Nur so lässt sich eine standortgerechte, ortsbürtige und wechselvolle Auenlandschaft entwickeln, welche Stabilität aufweist, aber auch Wandlungen unterliegen können.
Bei allen Betrachtungen sind Klimaentwicklungen im Auge zu behalten, wozu insbesondere Niederschlagsmengen, Wind und Temperaturen gehören. Ausgetrocknete bzw. gewässerarme Fließgewässer schließen alternative Entwicklungen bzw. verlangsamen diese. Daher sind entsprechende Messungen und Prognosen dringend geboten.

https://www.pik-potsdam.de/~wrobel/sg-klima-3/landk/Unstrut-Hainich-Kreis.html

Der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA – möchte jedoch bereits zu dem Zeitpunkt folgende zusammenfassende Hinweise geben:

  • Ermittlung und Auswertung sämtlicher Wasserdaten, wozu Herkunft und Qualität gehören
  • Ermittlung und Auswertung sämtlicher Bodendaten, wozu Humusbilanz, Anteil Edaphon sowie chemische Bestandteile gehören.
  • Beseitigung von Verrohrungen, Ufer- und Sohlbefestigungen, Einleitungen von Ab- und Schmutzwasser sowie Müll und Unrat.
  • Eintrag von Störhölzern und -steinen → Beachtung der Tatsache, dass offensichtlich Wasser fehlt, so dass die erhoffte Wirkung begrenzt ist oder gar ausbleibt.
  • Einrichtung und Sicherung von beidseitig mindestens 10,00 m Gewässerschutzstreifen ab jeweiliger Gewässeroberkante zu ermöglichen. Dies ist wichtig, um naturnahe Entwicklungsräume zu schaffen (z.B. Mäandrierungen, Entwicklungsgebiete standortgerechter Fauna, Flora und Pilzwelt) sowie Einträge von Nährstoffen und Pestiziden abzupuffern – Umstellung der Landwirtschaft auf biologisch – alternative bzw. dynamische Produktionsformen ist dringend zu empfehlen –
  • Keine Eingriffe in bestehende Gehölzbestände vornehmen, da dies zum Verlust an Gehölzen in einer gehölzarmen Landschaft sowie von Lebens- und Rückzugsräumen für Fauna, Flora und Pilzwelt führt.
  • Keine Pflanzung von Gehölzen, da der Natur über Standorte und Artenzusammensetzung entscheiden soll. Somit besteht die Möglichkeit der Entstehung und Entwicklung von standortgerechten und naturnahen Pflanzenbeständen, welche zudem eher die Möglichkeit besitzen Niederschlagsarmut und Hitzephasen zu überstehen. Zudem bedürfen Gehölzpflanzungen mehr oder minder der Pflege, wozu insbesondere das Gießen gehört. Außerdem können nicht von der Natur zugeordnete Gehölzstandorte zu einer biologischen Uferbefestigung führen und
  • bei angemessener Wassermenge Mäandrierungen behindern oder gar ausschließen.
  • Bewertung der Möglichkeiten für den Biotop- und Grünverbund gilt es unbedingt vorzunehmen

Der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA – hält daher eine dringende Überarbeitung der Planungsunterlagen für dringend geboten, um so erfolgreich und sinnvoll eine „Initiierung einer eigendynamischen Entwicklung und Habitatverbesserung, Mittelgraben Abschnitte 1-3, Bad Tennstedt“ sowie ebenfalls eine umfassende ökologische und hydrologische Wirkung für das Fließgewässer und auf das Umland erreichen zu können.

III. Schlussbemerkungen

Der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA – begrüßt grundsätzlich Aktivitäten zur Renaturierung von Natur, Umwelt und Landschaften. Sie bedürfen jedoch eines hohen Maßes an Wissenschaftlichkeit und Transparenz.
Die vorliegenden Planungsunterlagen erfüllen diese Aspekte sehr gering bis gar nicht. Daher ist eine dringende Überarbeitung erforderlich.
Ansonsten bietet der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA – in allen Planungs- und Entwicklungsphasen, im Rahmen seiner ehrenamtlichen und gemeinnützigen Möglichkeiten, seine Mitwirkung an.

Der AHA ist unter folgender zentraler Anschrift zu erreichen:

Arbeitskreis Hallesche Auenwälder
zu Halle (Saale) e.V. – AHA

Große Klausstraße 11

06108 Halle (Saale)

E-Mail AHA: aha_halle@yahoo.de

Andreas Liste
Vorsitzender

Halle (Saale), den 16.09.2024