Die Oder, welche slawisch Odra heißt, ist ein nunmehr ca. 912,00 km langer Strom, welcher bei Oderské vrchy im Mährischen Gebirge in der Tschechischen Republik entspringt, den Südwesten der Republik Polen durchquert, auf ca. 162,00 km die deutsch-polnische Grenze bildet und letztendlich bei Swinemünde in die Ostsee fließt.
Der Name Oder geht wohl aus dem altindischen Sanskrit hervor und heißt so viel wie „der Fluss, der ständig seinen Lauf ändert“. Einst galt die Oder auch als unbändiger Fluss. Jedoch beraubte der preußische Staat im Jahr 1741 den Fluss um fast ein Viertel seiner Länge. Dies ist die Folge von Baumaßnahmen wie Flussbegradigungen und Abschnitt von Flussmäandern, um den Fluss schiffbar zu gestalten. Zudem erfolgte eine bauliche Verlegung des Flussverlaufes im Oderbruch von West nach Ost. In Folge dessen verkürzte sich der Flussverlauf um ca. 190,00 km.
Schließlich erfolgte auf Veranlassung des preußische König Friedrich II die Trockenlegung der etwa 56,00 Kilometer langen und 20,00 Kilometer breiten Sumpffläche dem Oderbruch, einer zwischen Lebus, Küstrin und Bad Freienwalde, nördlich von Frankfurt an der Oder gelegenen, einst ständig überschwemmte Auenlandschaft der Oder.
Im Jahr 1753 scheute man keinen technischen Aufwand, die alte Oder bei Güstebiese einfach abzuriegeln und den einst sehr wilden Fluss in ein neues Bett zu drängen.
Somit ist das Oderbruch die jüngste künstlich geformte Landschaft in Brandenburg.

Insbesondere seit dem Jahr 1945 überließ man auf deutscher und polnischer Seite das etwa 60 Kilometer lange Grenzgebiet im Unteren Odertal zwischen Hohenstaaten und Stettin mehr oder weniger einer naturnahen Entwicklung.
Somit konnte sich eine arten- und strukturreiche Fluss- und Auenlandschaft entwickeln, wo u.a. Biber, Fischotter, Seeadler und Kraniche vorkommen. Gleiches gilt für die Bestände von Amphibien, Fischen und Insekten. Zudem dient diese weitläufige Aue als ausgedehnter Überflutungsraum. Jüngstes größeres Hochwasser war im Jahr 1997 zu verzeichnen.
Diese vielfältige Bedeutung führte im Jahr 1995 zur Ausweisung des Unteren Odertals als deutsch-polnischen Nationalpark, welcher auf deutscher Seite ca. 10.000,00 Hektar und auf polnischer Seite ca. 6.000,00 Hektar umfasst.

https://bravors.brandenburg.de/gesetze/natpuog_2016

Als Totalreservat beschränkt sich der Zugang nur auf Wissenschaftler bzw. Beschäftigte des Nationalparks.
Nach Auffassung des Arbeitskreises Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA – gilt es das Fluss- und Auengebiet zusammen mit dem entsprechenden Landschafts- und Naturräumen der beiden Nebenflüsse der ca. 808,00 km langen Warthe und der ca. 254,00 km langen Neiße sowie deren Zuflüsse umfassend zu schützen, zu erhalten und einer naturnaheren Entwicklung zu überlassen.
Daher erfüllen den Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA – mit großer Sorge das fortgesetzte Massenfischsterben, welches offenbar auf skandalösen und katastrophalen Salzeinleitungen aus polnischen Kohlegruben herrührt. Hinzu kommen noch eng damit verbundene Schwermetallbelastungen. Auf Grund der Niederschlagsarmut und erhöhter Temperaturen sowie damit verbundener sinkender Wassermengen im Flusssystem und der damit einhergehenden Verringerung der Fließgeschwindigkeit und Sauerstoffarmut erhöht sich die Lebensgefahr für Fische und andere Wasserbewohner. Womöglich tun Einträge von Nährstoffen und Pestiziden ihr Übriges.
Der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA – fordert daher den sofortigen Stopp aller Einleitungen von Salzen, Schwermetallen, Nährstoffen und Pestiziden sowie anderer Abwässer, um die Wasserqualität wieder dauerhaft zu verbessern und ein Sterben von Fischen und anderen Wasserbewohnern ausschließen zu können. Ferner fordert der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA – die Fortsetzung und Verstärkung der Messungen von Wasser und Böden sowie die Veröffentlichung aller Mess- und Forschungsergebnisse sowie damit verbundener Maßnahmepakete.
Darüber hinaus sind alle gegenwärtigen bzw. angedachten Ausbauplanungen sofort und unwiderruflich zu beenden und Schiffe dem Fluss anzupassen und nicht umgekehrt. Ferner gilt es zu prüfen, inwieweit die Entfernung von Verbauungen aller Art am und im Fluss erfolgen können.
Für den Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA – können Oder, Warthe und Neiße sehr bedeutsame tschechisch-polnisch-deutsche Gemeinschaftsräume für Fauna, Flora, Pilze, Natur, Landschaft, Umwelt sowie Biotop- und Grünverbünde darstellen. Ein darauf abgestimmter Tourismus ermöglicht der stressgeplagten Menschen diesen Landschafts- und Naturraum zu erleben und schätzen zu lernen. Dazu sind länderübergreifende, umfassende und breit aufgestellte Bildungsaktivitäten dringend geboten.
Im Zuge der Betrachtung der Schutzwürdigkeit der Oder und ihrer Aue nahm der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA – am Donnerstag, dem 14.03.2024, eine Fahrradexkursion in die zu dem Zeitpunkt noch sehr stark von den Hochwasserereignissen zum Jahreswechsel 2023/2024 und Februar 2024 geprägten Fluss- und Auenlandschaft der Oder auf deutscher und polnischer Seite in den Städten Frankfurt (Oder) und Słubice vor.
Dabei gehörten auf deutscher Seite der Ziegenwerder, die Oderwiesen südlich von Frankfurt (Oder), der Schweinewerder, der Berghübel, der Güldendorfer Mühlfließ und der Eichwald sowie auf polnischer Seite ein Auenwald nordwestlich von Słubice und das Rezerwat Łęgi koło Słubic dazu.
Die erste Station bildete der 14,00 ha große Ziegenwerder, welcher von Alter Oder und Oder eingerahmt ist und teilweise eine standortfremde Prägung erfahren hat. Andrerseits weisen die Flächen zur Alten Oder und insbesondere zur Oder umfassende naturnahere Entwicklungspotentiale für den bestehenden Auenwald – mit sukzessiven Erweiterungsbeständen – sowie die Wiesen, Stauden- und Schilfflächen auf. Das gilt es unbedingt zu schützen und zu erhalten sowie umfassend eine Erweiterung zu ermöglichen. Die unversiegelten Wege zur Oder betten sich gut in die Auenlandschaft ein und bedürfen eines entsprechenden Schutzes.
Die Einordnungen in die Gebiete gemeinschaftlicher Bedeutung „Oder am Frankfurter Stadtgebiet mit Ziegenwerder (3653-NW)“ und „Oder am Frankfurter Stadtgebiet mit Ziegenwerder (3653-SW)“ bilden dafür durchaus einen angemessenen rechtlichen und fachlichen Rahmen.

https://mluk.brandenburg.de/mluk/de/umwelt/natur/natura-2000/ffh-erhaltungszielverordnungen/24-erhzv/

Der Weg führte im Anschluss daran entlang des Eichwaldweges zu Oderwiesen südlich von Frankfurt (Oder), welcher noch gut von Oderwasser durchnässt waren. Somit war deutlich der Charakter einer Auenlandschaft erkennbar. Das Vorhandensein von Weidenbeständen sowie die Nachbarschaft zu Restauenwäldern wie Schweinewerder, Berghübel und Eichwald bekräftigten diesen sehr erfreulichen Eindruck und zeigen die Arten- und Strukturvielfalt der Oderauenlandschaft auf. In diese Landschaft passt der zwar begradigte Zustand des Güldendorfer Mühlenfließes, mit seinem Vorhandensein von umgestürzten Gehölzen und freien Uferzonen, bestens hinein.
Das Gesamtgebiet ist erfreulicherweise Bestandteil des „rund 580 Hektar“ großen Naturschutzgebietes „Eichwald mit Tzschetzschnower Schweiz und Steiler Wand“, des FFH-Gebietes “Eichwald mit Tzschetzschnower Schweiz und Steiler Wand“ sowie des 31.717.04 ha großen Vogelschutzgebietes (SPA) „Mittlere Oderniederung“.

https://bravors.brandenburg.de/verordnungen/nsg_eichwald#

https://lfu.brandenburg.de/lfu/de/aufgaben/natur/natura-2000/managementplanung/ffh-im-raum-frankfurt-oder/

http://www.natura2000-bb.de/natura2000uebersicht/odertal/vogelschutzgebietmittlereoderniederung/index.html

https://www.bfn.de/natura-2000-gebiet/mittlere-oderniederung

https://lfu.brandenburg.de/sixcms/media.php/9/SPA-7020.pdf

Somit sind bestens rechtliche Rahmenbedingungen für den Schutz, den Erhalt und einer naturnahen Entwicklung gegeben. Um dies vollständig umsetzen zu können ist die sofortige Entfernung der Wildzäune – zum Beispiel im Schweinewerder – entlang des Eichwaldweges dringend erforderlich. Die Existenz dieser Wildzäune behindert bzw. verhindert den ungestörten Wildwechsel.

Auf polnischer Seite führte der erste Weg zu einem Auenwald nordwestlich von Słubice, welcher verhältnismäßig naturnah in Erscheinung tritt, aber leider an punktueller Vermüllung leidet. Ebenso haben an vereinzelten Prallhängen der Oder Verschotterungen stattgefunden, welche eine naturnahe Entwicklung der Oder an diesen Stellen verhindert. Daher scheint es sinnvoll zu sein diese Verbauungen wieder zu entfernen. Ebenso gilt es vorsichtig den Müll zu beräumen und das Einbringen neuen Mülls zu unterbinden. Der südliche Anschlussraum bis zur Nadodrzanska bietet sich als sukzessiver Erweiterungsraum für den arten- und strukturreichen Hartholzauenwald mit seinen Oderaltverläufen an. Erste derartige Tendenzen zur sukzessiven Entwicklung eines Hart- und Weichholzauenwaldes sind gut erkennbar.
Entlang der Szczecinska in nordwestlicher Richtung trennt ein massiver Deich beide Auenwaldteile, welcher nördlich der Nordwestspitze des Auenwaldes nordwestlich von Słubice seine neugebaute Fortsetzung findet. Beide Auenwaldteile gehören offensichtlich zum 397,94 ha großem Rezerwat Łęgi koło Słubic (Naturschutzgebiet Łęgi bei Słubice).

http://westisthebest.pl/2256-westisthebest-rezerwat-legi-kolo-slubic

Es ist dringend zu empfehlen eine Deichrückverlegung zu prüfen, um beide Teile des schützten Auenwaldes wieder zu vereinen und der Oder wieder mehr Retentionsflächen zurückzugeben. Der ausgedeichte Teil des Auenwaldes weist zwar erfreulicherweise Qualmwasserstellen aus, aber das kann keine periodische Überflutung ersetzen.
Ferner scheint eine Vereinigung mit dem „rund 676 Hektar“ großen Naturschutzgebiet „Odertal Frankfurt-Lebus mit Pontischen Hängen“ sowie dem 676 ha großen FFH- Odertal Frankfurt-Lebus mit Pontischen Hängen sinnvoll zu sein.

https://bravors.brandenburg.de/verordnungen/nsg_odertal_frankfurt_lebus#

https://www.natura2000-brandenburg.de/projektgebiete/frankfurt-oder/odertal-frankfurt-lebus-mit-pontischen-haengen

Als Rahmen können zudem das FFH-Gebiet Legi Slubickie und das SPA Dolina Srodkowej Odry dienen.

https://lfu.brandenburg.de/daten/n/natura2000/managementplanung/ffoder/FFH-Raum-FF-k1-Uebersicht.pdf

Im Ergebnis der ca. fünfstündigen Fahrradexkursion ergibt sich für den Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA – das die Oder, ihre Aue und ihre Nebengewässer im Bereich der Städte Frankfurt (Oder) und Słubice von verschiedenen arten- und strukturreichen Landschafts- und Naturbestandteilen geprägt sind, wozu Auenwälder, Auenwiesen, Feuchtgebiete, Röhrichtbereiche und Staudenflächen gehören. Diese Gebiete dienen zahlreichen Tier-, Pflanzen- und Pilzarten als Lebens- und Rückzugsraum sowie bilden die Hauptader für Biotop- und Grünverbünde entlang des Flusses, seiner Nebengewässer und ihrer Auen, aber auch in die urbanen Gebiete hinein, was gleichermaßen für Kalt- und Frischluft zutrifft. Die Hochwässer dienen der Durchfeuchtung, für genetischen Austausch und dienen der Veränderung an Fauna, Flora und Pilzwelt sowie der landschaftlichen Erscheinung. Dazu sind jedoch massive Rückgaben von Retentionsflächen durch Deichrückverlegungen und Rückbaumaßnahmen mit Bodenversiegelungen sowie eine arten- und kulturreiche Landwirtschaft mit umfassender Fruchtfolge und Bodenverbesserung erforderlich.
Zudem gilt es sofort durch den Rückbau der Wildzäune die Behinderung bzw. Verhinderung des Wildwechsels in der Aue zu beenden.
Ferner empfiehlt es sich die Auenwälder einer naturnahen, sukzessiven Verjüngung zu überlassen und daher forstwirtschaftliche Eingriffe, wozu auch Nachpflanzungen gehören, auszuschließen.
Ansonsten fehlt die Beschilderung – außer an der Ecke Buschmühlenweg/Buschmühle zum Naturschutzgebiet „Eichwald mit Tzschetzschnower Schweiz und Steiler Wand“. Das FFH-Gebiet “Eichwald mit Tzschetzschnower Schweiz und Steiler Wand“ ist an keiner Beschilderung erkennbar.
Ähnlich sieht es bei der Beschilderung zu dem FFH-Gebiet Legi Slubickie und dem SPA Dolina Srodkowej Odry sowie zum Rezerwat Łęgi koło Słubic (Naturschutzgebiet Łęgi bei Słubice) aus.
Ferner empfiehlt es sich auf beiden Seiten eine zweisprachige – deutsch und polnisch – Ausschilderung vorzunehmen, um die Schutzgebietsregelungen transparenter darzustellen.
Als positives Beispiel kann u.a. die Beschilderung auf dem Ziegenwerder dienen.

Für das gesamte Odergebiet regt der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA – weiterhin eine staaten- und länderübergreifende, wissenschaftliche Schutz- und Entwicklungskonzeption an.

Der gemäß 3 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) vom Umweltbundesamt anerkannte, gemeinnützige und ehrenamtliche AHA bietet im Rahmen seiner Möglichkeiten seine Mitwirkung an und ruft die Bevölkerung zur Mitwirkung an. Wer Interesse hat daran mitzuwirken, kann sich dazu an folgende zentrale Anschrift des AHA wenden:

Arbeitskreis Hallesche Auenwälder
zu Halle (Saale) e.V. – AHA

Große Klausstraße 11

06108 Halle (Saale)

E-Mail: aha_halle@yahoo.de

Andreas Liste
Vorsitzender

Halle (Saale), den 15.03.2024

Fotos: Andreas Liste