Das Schutzziel, Zitat aus der „Verordnung des Regierungspräsidiums Halle über die Festsetzung des Naturschutzgebietes „Hakel“, Landkreise Aschersleben-Staßfurt und Quedlinburg“ vom 20.09.1995, geändert am 25.04.2002:
„Schutzziel der Verordnung ist deshalb die Erhaltung und Entwicklung des vorgenannten Waldkomplexes als Lebensraum zahlreicher bestandsbedrohter Tier – und Pflanzengesellschaften und seines agrarisch genutzten Umf eldes als Grundlage der Nahrungskette unter dem besonderen Aspekt des Greifvogelschutzes.“
Zitat Ende, hatten die Bürgerinitiative Hakelwald und den Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) zum fünften Mal veranlasst, zur Exkursion „Das neue Jahr im Hakel begrüßen“ am 10.01.2015 ab Heteborn einzuladen.
Eingebettet zwischen den Orkantiefs „Elon“ und „Felix“, verwies der Vorsitzende des AHA Andreas Liste zu Beginn der Exkursion mit ca. 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, auf die Bedeutung des ca. 1.366,00 ha großen, als Naturschutzgebiet sowie nach europäischem Recht nach der Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Richtlinie und als Vogelschutzgebiet ausgewiesene vielfältige Mischwaldgebiet. Dabei gilt es alles zum Schutz und Erhalt des von sehr großer Artenvielfalt an Fauna und Flora geprägten Schutzgebietes zu unternehmen und ein entsprechendes umfassendes Maßnahmepaket anzugehen. An erster Stelle gehört nach Auffassung des AHA, die Beendigung der forstwirtschaftlichen Aktivitäten in dem Gesamtgebiet, um eine weitgehend ungestörte sukzessive, naturnahe Gehölzentwicklung zu ermöglichen und die Tierwelt nicht zu stören. Auch eine Bereicherung der anzubauenden Feldkulturen im Umfeld des Hakels auf Vorwendeniveau, insbesondere mit Luzerne, Klee und Landsberger Gemenge tragen unweigerlich dazu bei. Die 3 genannten Feldkulturen verbessern nicht nur die Ernährungssituation für Greifvögel und Eulen, sondern auch des Feldhasen und von Insekten. Ebenso zählen sie zu den Humusmehrern und tragen somit zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit bei. Nach Vorstellung des AHA gehört ebenfalls dazu, auch die Mäusebekämpfung mit Giftködern einzustellen, um das Nahrungsangebot für Greifvögel und Eulen nicht noch weiter zu vermindern sowie die Vergiftungsgefahr für andere Tiere auszuschließen.
Aber auch der angedachte Flugbetrieb von und nach Cochstedt bereitet dem AHA Sorge. Hier gilt es nach den Gesichtspunkten eines angrenzenden Naturschutzgebietes und Europäischen Vogelschutzgebietes unbedingt eine gründliche Überprüfung vorzunehmen. Immerhin leben noch ca. 70 Brutvogelarten, darunter z.B. in den Jahren 2002 bis 2006 insgesamt 9 Greifvogelarten als Brutvögel: Schwarzmilan, Rotmilan, Habicht, Sperber, Mäusebussard, Wiesenweihe, Rohrweihe, Turmfalke und Baumfalke. Alles Vogelarten, welche unteren besonderen Schutz stehen müssen.
Das anwesende Mitglied des Europäischen Parlaments Sven Schulze (CDU) verwies in seinen anschließenden Ausführungen, dass auch ihm der Schutz des Hakels sehr am Herzen liegt. Jedoch bezweifelt er, dass eine vollständige Aufgabe der forstwirtschaftlichen Nutzung notwendig und überhaupt politisch durchsetzbar ist. Er möchte sich im Rahmen der Exkursion aber mit den Vorstellungen des AHA auseinandersetzen, um politischen Verantwortlichen im Land und auf kommunaler Ebene die Situation darzulegen und deren Vorstellungen zu hinterfragen. Letztendlich muss es nach seiner Ansicht dazu führen, dass alle Verantwortlichen und Interessenten an einen Tisch kommen, um machbare Kompromisse zu suchen. Hinsichtlich des Flugplatzes Cochstedt erklärte der CDU-Abgeordnete, dass er nicht verstehe, warum zu Zeiten der Nutzung durch die Sowjetarmee dies kein Problem für die Vogelwelt sei und jetzt auf einmal doch.
Der AHA-Vorsitzende drückte die Freude aus, dass es Herr Schulze einrichten konnte, an der Exkursion teilzunehmen und man so hofft nun endlich in der Frage Schutz und Entwicklung des Hakels voranzukommen. Hinsichtlich der Anmerkungen des Abgeordneten zum Flugplatz Cochstedt, gab der AHA-Vorsitzende zu bedenken, dass die Vielfachbelastung für die Avifauna zugenommen hat. Dazu zählen die intensivere forstwirtschaftliche Nutzung sowie die zunehmende landwirtschaftliche Monokultur in Form des flächendeckenden Anbaus von Mais und Raps. Während Ersteres auf die Brutstandorte einwirkt, führt der gegenwärtige Feldbau zu herben Verlusten an Nahrungsräumen. Während des Beginns der Exkursion in den Hakel, erläuterte der Vorstandsvorsitzende der Agrargenossenschaft e.G. Hedersleben Lutz Trautmann, dass aber eine andere Landwirtschaft aus ökonomischen Gründen nicht möglich sei. Zudem muss man bedenken, dass die Landwirtschaft eine Aufgabe zur Ernährung und zur Produktion nachwachsender Rohstoffe habe. Es könne nicht sein, dass der Nahrungsmittelbedarf im zunehmenden Maße auf Kosten der Dritten Welt erfolge. Ferner müsse man ihm erklären, wie die Deckung des Holzbedarfes erfolgen soll, wenn u.a. im Hakel keine forstwirtschaftliche Nutzung mehr stattfinden könnte.
Dem entgegneten AHA-Mitglieder, dass die gegenwärtige Anbaustruktur wenig mit der Absicherung der Ernährung der Bevölkerung zu tun habe. Ferner hat in den letzten Jahren eine Verarmung der Anbaustruktur und somit der Agrarlandschaft eingesetzt. Während noch zu DDR-Zeiten bis zu 25 Ackerkulturen zum Einsatz kamen, sind es heute noch maximal 5 bis 6 Arten. Neben dem Verlust von Nahrungs- und Lebensraum zahlreicher Tierarten wie z.B. für Greifvögel, Hasen und Insekten, gehen auch Pflanzenarten verloren. Zudem führt der verstärkte Anbau von Humuszehrern wie Mais und Raps zu Verlusten an der Humusbilanz und zur Verfestigung der Böden. Niederschlagswasser kann nicht mehr im Boden einsickern, fließt oberflächlich ab und befördert so die Wassererosion. Der abgetragene Boden gelangt mit dem häufig vermehrt ausgebrachten mineralischen Düngern und Pestiziden in die Graben- und Fließgewässersysteme, welche dann verschlammen und eutrophieren. Ferner fehlen Flur- und Feldgehölze, welche nicht nur das Landschaftsbild verbessern, sondern als Biotopverbundräume, Lebens- und Rückzugsraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten sowie Schutz gegen Winderosion dienen. Ein Verlust wertvoller Waldgebiete und Ackerflächen durch eine derartige Bewirtschaftung bringen nicht nur Umwelt, Natur und Landschaft in Gefahr, sondern sorgen womöglich so auch zu Arbeitsplatzverlusten. Zur Frage des möglicherweise steigenden Holzbedarfs erneuerte der AHA seinen dringenden Vorschlag diesen in neue Waldflächen umzurechnen.
Hinsichtlich der Dritten Welt gilt es faire Weltmarktpreise zu zahlen, um den dortigen Menschen helfen zu können. Herr Trautmann hat nach Auffassung der AHA-Mitglieder somit auch die globale Komponente eingebracht. Alles dies gehört in eine ordentliche wirtschaftliche Betrachtung hinein. Es kann nach Ansicht des AHA nicht sein, dass die Gewinne privatisiert sind und die Folgeschäden die Gesellschaft zu tragen habe.
Einig waren sich der Vorstandsvorsitzende, die überwiegende Zahl der Exkursionsteilnehmerinnen und Exkursionsteilnehmer sowie die AHA-Mitglieder, dass die tagtägliche Neuversiegelung von 81 ha, was ca. 116 Fußballfeldern und im Jahr in etwa der Fläche der Stadt München entspricht, eine sehr große Gefahr für die Landwirtschaft darstellt. In Fortsetzung der Exkursion und Feststellung massiv zerfahrener Rückegassen, erkundigte sich der Europaabgeordnete Sven Schulze, was die rechtlichen Rahmenbedingungen dazu aussagen. Einige Exkursionsteilnehmer und AHA-Mitglieder erläuterten, dass die gegenwärtige Naturschutzgebietsverordnung (NSG-VO) darauf abzielt, wie eingangs erwähnt, den Mischwaldbestand in seiner Vielfalt sowie die dort lebende vielfältige Fauna und Flora zu schützen und zu entwickeln. Ein Holzeinschlag darf nach § 5 NSGVO u.a. nur außerhalb der Zeit vom 1.3. bis 31.8. eines jeden Jahres und eine Holzrückung in der Zeit vom 15.03. bis 31.08. eines jeden Jahres erfolgen. Die Holzabfuhr darf in der Zeit vom 2.3. bis 31.8. eines jeden Jahres nur entlang des Hauptweges (Cochstedter Weg) und dem Kreuzweg im Kleinen Hakel stattfinden. Eine Fläche von 33,69 ha ist als Totalreservat der ungestörten natürlichen Entwicklung vorbehalten.
Ebenso besagt der seit 2004 bestehende Forsteinrichtungsplan, dass eine Durchforstung auf den Flächen nur alle 10 Jahre erfolgen darf, um weitere Störungen auf den Flächen zu vermeiden. Beobachtungen von Exkursionsteilnehmerinnen und Exkursionsteilnehmer sowie AHA-Mitgliedern besagen, dass dies bereits häufig nach 5 bis 6 Jahren erfolgt. Zudem liegt kein neuer Entwurf des Forsteinrichtungsplans vor. Im § 4a der Änderung der NSG-VO vom 25.04.2002 ist nunmehr eine Schutzzone mit einer Größe von ca. 3 707 ha festgeschrieben. Sie erstreckt sich nördlich und südlich um den “Großen Hakel” und den “Kleinen Hakel” in den Gemarkungen der Gemeinden Cochstedt, Schadeleben, Friedrichsaue, Hausneindorf, Hedersleben, Heteborn, Kroppenstedt und Hakeborn. Die Grenze verläuft vom Ortsausgang der Gemeinde Hedersleben in nordöstlicher Richtung entlang der Landesstraße L 66 bis zur Grenze der Gemarkung ca. 500 m südöstlich der Gemeinde Heteborn. In ihr sind folgende Handlungen verboten:
- die Bodengestalt zu verändern oder Böden zu versiegeln,
- Bodenschätze abzubauen,
- den Landschaftscharakter zu verändern,
- die Art oder das Ausmaß der bestehenden Grundstücksnutzung zu ändern,
- nicht landwirtschaftlich genutzte Flächen oder sonstige Grünlandflächen umzubrechen oder in eine andere Nutzung zu überführen,
- bauliche Anlagen mit Ausnahme jagdlicher Einrichtungen zu errichten oder wesentlich zu verändern, auch wenn dies keiner öffentlich rechtlichen Genehmigung bedarf
Diese dient dazu auch das Umfeld des Schutzgebietes Hakel nachhaltig zu schützen. Im Rahmen der Exkursion erläuterte der AHA weiterhin, dass der Hakel, eingebettet zwischen Harzvorland und Börde sowie weiträumig gesehen zwischen den Fließgewässern Bode, Selke, Wipper und Eine zur Entwicklung und Stabilisierung von Biotopverbundräumen beitragen kann. Dazu zählen die sukzessive Wiederausdehnung des Hakel in Richtung der Selke, die Entwicklung bzw. Schaffung von Grünverbindungen zum gefluteten Concordia-See sowie die Wieder- und Neuentstehung von Streuobstwiesenbeständen in Richtung Hakeborn, Egeln und Cochstedt. Diese Grünverbindungen sollten aus mindestens 10 m breiten Gehölzstreifen mit einem mindestens 3 m breiten Kraut- und Staudensaumen bestehen. Als Leitlinie könnten u.a. Wege dienen. Diese Gehölzstreifen können sich sukzessiv entwickeln oder bzw. sowie als Pflanzung aus Obstalleen und an feuchteren Stellen aus Kopfweiden bestehen. Der geflutete Concordia-See könnte sich zu einem großen Lebens- und Nahrungsraum z.B. für Seevögel, Amphibien, Fische und Insekten entwickeln. Dies gilt es bei allen neuen Konzepten für das stark bergbaulich geprägte Gewässer mit allen Gefahren und Chancen zu berücksichtigen.
Der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) beabsichtigt daher verstärkt und massiver sich für den Schutz, Erhalt und Entwicklung des Raumes zwischen Selke, Hakel, Wipper, Eine und Bode bzw. zwischen Harz, Harzvorland und Börde einzusetzen. Zu diesen Aktivitäten gehören u.a. das Entwickeln einer FFH-tauglichen NSG-Verordnung mit einer aktuellen Schutz- und Entwicklungskonzeption, die Konzipierung eines Naturerkenntnispfades mit Erweiterungspotenzial zu Bode, Selke, Eine und Wipper sowie regelmäßige Hakelexkursionen.
Pünktlich zum Eintreffen des Orkantiefs „Felix“ fand die Exkursion mit dem Hinweis auf folgende Fahrradexkursion des AHA ihr Ende:
Samstag, den 18.07.2015, Beginn: um 10.00 Uhr Fahrradexkursion mit folgender Route:
Parkanlage zum „Oberhof“ der ehemaligen preußischen Staatsdomäne in Gatersleben -> Naturschutzgebiet Hakel -> Bode mit Aufenthalten an den Mündungsbereichen von Ehle und Röthe sowie im Gaensefurther Busch -> Bahnhof Stassfurt
Treffpunkt: Bahnhof Gatersleben
Endpunkt: Bahnhof Stassfurt
Dauer: ca. 6 Stunden
Bei Interesse sich für den Schutz und Erhalt des NSG Hakel einzusetzen zu wollen, besteht die Möglichkeit der Kontaktaufnahme über folgende Anschrift:
Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – (AHA)
Ortsgruppe Gatersleben
Schmiedestraße 1
06466 Gatersleben
Fax.: 01805-684 308 363 (deutschlandweit zum Ortstarif)
E-Mail: aha_halle@yahoo.de
Foto: Andreas Liste
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