I. Grundsätzliches

Bekanntlich bilden Fluss- und Auenlandschaften eine wichtige Einheit. Beide stehen in einer engen und sehr vielfältigen Wechselbeziehung zueinander. Die Auenlandschaften dienen den Flüssen als Ausbreitungsraum für Hochwasser und versorgen sie somit mit Wasser, Sedimenten und z.B. als Schwemmgut herangetragenes neues genetisches Material aus Tieren und Pflanzen. Im Umkehrschluss fungieren die Auenlandschaften als „Reinigungskraft“ für die Flüsse, indem beispielsweise Auenwälder das abgebremste Wasser von Sedimenten „befreien“ sowie Schwemmgut „herauskämmt“.
Diese langzeitige Wechselbeziehung hat somit eine der arten- und strukturreichsten Naturlandschaften der gemäßigten Zonen hervorgebracht, welche zahlreichen Tier- und Pflanzenarten Lebens- und Rückzugsraum bietet. Darüber hinaus trägt diese intensive Wechselbeziehung zur Verbesserung des Landschafts- und Ortsbildes urbaner Gebiete bei und sorgt als Kalt- und Frischluftentstehungsgebiet und -korridor für eine nachhaltige Verbesserung des Klimas.
Dazu gehört aber auch, dass naturnahe bis natürliche Gewässerstrukturen erhalten und geschützt bleiben und dort wo sie verlorengegangen sind, wieder möglich sein können. Dazu gehören neben der Prüfung des Wiederanschlusses von Altverläufen die Beseitigung von Sohl- und Uferbefestigungen, die Freihaltung von Neuverbauungen und die Beseitigung von bestehenden Verbauungen.
Auf dieser Basis bezieht der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA – folgendermaßen Stellung:

II. Zu den Verfahrensunterlagen

An der Stelle sei ferner erwähnt, dass die ca. 192,00 km lange Unstrut als ein sehr bedeutsamer Nebenfluss der Saale fungiert und in seinem über 6.000 km² großen Einzugsgebiet Flüsse wie die Wipper (Einzugsgebiet: 647,00 km²), Helbe (414,00 km²) und Helme (1.318,00 km²) aufnimmt; rechtsseitig sind neben der Gera (1.092,00 km²) die Gramme (357,00 km²) und die Lossa (394,00 km²) zu nennen. In dem Zusammenhang regt der AHA an, u.a. Möglichkeiten länderübergreifend wissenschaftlich zu untersuchen, wie eine Wiederanbindung von Altmäandern der Unstrut erfolgen kann.
Dabei ist sich der AHA der Entwicklungspotentiale sehr bewusst, welche es nun gilt verstärkt zu nutzen. Dazu zählen zum Beispiel die Wiederanbindung von Altauen an das Hochwasserregime des Flusssystems der Unstrut, weitere Beendigung und Rückbau von Verbauungen, Aufschüttungen, Bodenversiegelungen, Ufer- und Sohlbefestigungen, Prüfung der besseren Wiederanbindung von Altverläufen an das Gesamtflusssystem sowie nicht zuletzt der Erhalt und die Ausweitung von Biotop- und Grünverbundräumen.
Vom Grundsatz ist die Nutzung von vorhandenen Mühlenanlagen zur Umwandlung der Wasserkraft in Elektroenergie zu begrüßen. Jedoch gilt dies daran zu messen, welche Eingriffe und Maßnahmen damit verbunden sind.
So gilt es zu prüfen, inwieweit Zement zur Anwendung kommt. So sind Klimabilanzen, bei Maßnahmen zu bewerten und u.a. die Verwendung von Zement zu berücksichtigen. So gibt die Hüthig GmbH unter „Klimabilanz der Zementindustrie“ folgendes an, Zitat:
Die Zementherstellung ist, je nach Rechenweg und einbezogenen Produktionsprozessen, verantwortlich für 4 bis 8 % der weltweiten CO2-Emissionen.“, Zitat Ende.

https://www.chemietechnik.de/energie-utilities/klimabilanz-der-zementindustrie-372.html

Das Umweltbundesamt weist ebenfalls auf die Klimabelastung durch Zement hin.

https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/376/dokumente/factsheet_zementindustrie.pdf

Nach Ansicht des Arbeitskreises Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA – gilt weitere Bodenversiegelungen zu vermeiden.
Es ist dabei zu bedenken, das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) zur aktuellen täglichen Neuausweisung von Siedlungs- und Verkehrsflächen in der Bundesrepublik Deutschland folgendes angibt, Zitat: „Täglich werden in Deutschland rund 55 Hektar als Siedlungsflächen und Verkehrsflächen neu ausgewiesen. Dies entspricht einer Flächenneuinanspruchnahme – kurz Flächenverbrauch – von circa 78 Fußballfeldern.“, Zitat Ende
Ferner ist folgendes ausgeführt, Zitat:
Bis zum Jahr 2030 will die Bundesregierung den Flächenverbrauch auf unter 30 Hektar pro Tag verringern. Diese gegenüber der Nachhaltigkeitsstrategie von 2002 verschärfte Festlegung wurde vom Bundeskabinett bereits im Januar 2017 in der „Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie – Neuauflage 2016“ festgelegt. Seit dem Klimaschutzplan vom November 2016, der die Leitplanken für ein grundsätzliches Umsteuern in Wirtschaft und Gesellschaft auf dem Weg zu einem treibhausgasneutralen Deutschland beschreibt, strebt die Bundesregierung bis 2050 sogar das Flächenverbrauchsziel Netto-Null (Flächenkreislaufwirtschaft) an, womit sie eine Zielsetzung der Europäischen Kommission aufgegriffen hatte. Diese Zielsetzung hat während der deutschen Ratspräsidentschaft 2020 Eingang in die Erwägungen für eine EU-Biodiversitätsstrategie gefunden und wurde im März 2021 nun auch in die weiterentwickelte Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie aufgenommen.“, Zitat Ende

https://www.bmuv.de/themen/nachhaltigkeit-digitalisierung/nachhaltigkeit/strategie-und-umsetzung/flaechenverbrauch-worum-geht-es

Das ergibt im Jahr einen Flächenverbrauch im Umfang von 20.075 ha. Im Vergleich dazu hat die Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt Magdeburg eine Fläche von 20.103 ha = 201,03 km².

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1233769/umfrage/flaeche-der-grossstaedte-deutschlands/

Nach Auffassung des Arbeitskreises Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA -, trägt das angedachte Vorhaben, im Falle der Umsetzung, zur Festigung der begradigten und bei weitem nicht naturnahe Flussstruktur der Unstrut bei. Das Wehr Riedtorbrücke ist u.a. ein bauliches Zeugnis der Begradigung der Unstrut. Selbst die Bilder vom momentanen Hochwasser scheint erwartungsgemäß nicht davon abzuschrecken, weiterhin Aue von Flüssen – konkret hier der Unstrut in Sömmerda – zuzubauen. Nach Ansicht des AHA gilt es eher wissenschaftlich fundiert und umfassend öffentlich beraten und diskutiert die Rückführung der Unstrut in naturnaherer Strukturen von Aue und Flusssystem zu prüfen und ggf. dann umzusetzen. Eine Umsetzung dieses Vorhabens in dieser Form stellt eine klare Behinderung dieses Vorhabens dar.
Selbst das „Gesamtkonzept zur Herstellung der Durchgängigkeit der Unstrut“ zeigt sehr vorsichtig Bedenken für eine derartig geplante Nutzung auf.
Auf Seite 6 des ebengenannten Gesamtkonzeptes ist folgendes vermerkt, Zitat: „Nähere Angaben zum Standort sind in folgender Studie zu finden: „Herstellung der Durchgängigkeit am Riedtorwehr Sömmerda“, im Auftrag des SUA Erfurt“, Zitat Ende
Diese Studie findet in den Planungsunterlagen keine Erwähnung, bedarf aber einer ordnungsgemäßen Sichtung, um auch sie zur Stellungnahme heranziehen zu können.

https://tlubn.thueringen.de/wasser/oberflaechengewaesser/durchgaengigkeit

Alternativ schlägt der AHA vor, zu prüfen, inwieweit der Einbau einer Wasserkraftanlage in das Wehr Riedtorbrücke möglich ist.

III. Schlussbemerkungen

Die ca. 192,00 km lange Unstrut fungiert als ein sehr bedeutsamer Nebenfluss der Saale und nimmt in seinem über 6.000 km² großen Einzugsgebiet Flüsse wie die Wipper (Einzugsgebiet: 647,00 km²), Helbe (414,00 km²) und Helme (1.318,00 km²) auf; rechtsseitig sind neben der Gera (1.092,00 km²) die Gramme (357,00 km²) und die Lossa (394,00 km²) zu nennen. In dem Zusammenhang regt der AHA an, u.a. Möglichkeiten länderübergreifend wissenschaftlich zu untersuchen, wie eine Wiederanbindung von Altmäandern der Unstrut erfolgen kann.
Der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA – sieht in der Konstellation die dringende Notwendigkeit sich verstärkt länderübergreifend für den Schutz, den Erhalt und Entwicklung der Auenlandschaften der Unstrut einzusetzen bzw. einzubringen. Dabei ist sich der AHA der Entwicklungspotentiale sehr bewusst, welche es nun gilt verstärkt zu nutzen. Dazu zählen zum Beispiel die Wiederanbindung von Altauen an das Hochwasserregime des Flusssystems der Unstrut, weitere Beendigung und Rückbau von Verbauungen, Aufschüttungen, Bodenversiegelungen, Ufer- und Sohlbefestigungen, Prüfung der besseren Wiederanbindung von Altverläufen an das Gesamtflusssystem sowie nicht zuletzt der Erhalt und die Ausweitung von Biotop- und Grünverbundräumen.
Um jedoch eine gesamträumliche Betrachtung zum Schutz, zur Entwicklung und zur Betreuung der Unstrut zu erhalten, bedarf es einer länderübergreifenden wissenschaftlich fundierten Schutz- und Entwicklungskonzeption, welche u.a. diese Gesichtspunkte betrachten muss. Daraus können sich auch Möglichkeiten zur Nutzung der Wasserkraft an vorhandenen Anlagen ableiten. Das vorliegende „Gesamtkonzept zur Herstellung der Durchgängigkeit der Unstrut“ des Freistaates Thüringen reicht dazu nicht aus.
Der ehrenamtliche und gemeinnützige Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. bietet gerne seine Erfahrungen und fachlichen Kenntnisse an.

Der Kontakt lautet:

Arbeitskreis Hallesche Auenwälder
zu Halle (Saale) e.V. – AHA

Große Klausstraße 11

06108 Halle (Saale)

E-Mail: aha_halle@yahoo.de

Andreas Liste
Vorsitzender

Halle (Saale), den 07.01.2024