Die Halde des Eduard-Schachtes (Betriebszeit 1864-1905) gehört zu den letzten noch weitgehend erhaltenen Tafelberghalden der 2. Schachtreihe. Die Halde hat eine mittlere Höhe von 37 m, bedeckt ca. 15,5 ha Fläche und hat ein Volumen von 2,17 Mio. m3. Mit ihrer exponierten Lage ist sie – vor allem für das Wippertal – ein dominierendes Landschaftselement.
Den besonderen naturschutzfachlichen Wert der Halde machen die unterschiedlichen Sukezessionstadien der Vegetationsentwicklung aus. Von offenen Haldenbereichen mit einer ausgeprägten Krustenflechtenvegetation über Schwermetallrasen auf Ausschlägen, Furchenschwingel-Trockenrasen auf Zechsteinkalk, Trockengebüsche und Pionierwaldbereiche finden sich auf der Halde eine Vielzahl von Biotoptypen mit zum Teil seltenen und gesetzlich geschützten Tier- und Pflanzenarten. Besonders zu nennen sind die Charakterarten der Schwermetallvegetation, die Frühlingsmiere (Minuartia verna ssp. hercynica) und die Galmei-Grasnelke (Armeria maritima s. l.), die nach der Bundesartenschutzverordnung geschützt ist, aber auch die Orchideenarten Braunroter und Breitblättriger Sitter (Epipactis atrorubens, Epipactis helleborine). Aktuell kommen auf der Halde mindestens 130 Blütenpflanzenarten vor.
In der Haldenkonzeption der Landkreise Mansfelder Land und Sangerhausen wurde die Halde 1995 als naturschutzfachlich hochwertig eingestuft. An besonders bemerkenswerten Vogelarten der Halde sind dort u. a. Braunkehlchen, Steinschmätzer, Neuntöter, Goldammer, Dorn- und Gartengrasmücke aufgeführt. Von den Reptilien ist insbesondere die Zauneidechse (Lacerta agilis) zu nennen.

Halde des Eduardschachtes mit der Ortslage Großörner (Juli 2006).

Auf die artenreiche, vor allem auf den offenen Gesteinsflächen ausgebildete Krustenflechtenflora hat bereits Huneck (2006) hingewiesen. Insgesamt wurden durch ihn auf den Bergbau- und Schlackehalden im Mansfelder Revier 96 Flechtenarten (davon 68 Krusten-, 14 Strauch- und 14 Laubflechten) nachgewiesen. Einige dieser Flechtenarten, wie zum Beispiel Acarospora rugulosa, Lecidea inops, Stereocaulon nanodes und Stereocaulon vesuvianum, sind an metallhaltige Substrate angepasst und deshalb vor allem auf den Ausschlägebereichen zu finden, andere kommen auf den Halden vor allem wegen der offenen, konkurrenzarmen Wuchsorte vor.

Eine artenreiche Krustenflechtenvegetation ist vor allem auf den Ausschlägen anzutreffen, hier im östlichen Haldenbereich (Mai 2007).

Die auf der Halde verbreitet und in verschiedenen Sukzessionsstadien vor allem auf Ausschlägen vorkommenden Schwermetallrasen sind entsprechend der FFH-Richtlinie (Anhang I, Lebensraumtyp 6130) geschützt und gehören zu den nach § 30 BNatSchG und § 37 NatSchG LSA gesetzlich geschützten Biotoptypen. Verbreitungsschwerpunkte von Schwermetallstandorten im außeralpinen Mitteleuropa sind in Deutschland die ehemaligen Erzbergbaugebiete in Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen. Deshalb hat das Land Sachsen-Anhalt und hier insbesondere der Landkreis Mansfeld-Südharz eine besondere Verantwortung für den Erhalt der Schwermetallrasen.

Schwermetallrasen mit der Frühlingsmiere (Minuartia verna) als Charakterart im östlichen Bereich der Halde (Mai 2023).

Auf dem westlichen Haldenplateau, das schüttungsbedingt großflächige, flache Senken aufweist, in denen sich Feinerde sammeln kann, ist auf Zechsteinkalk der Furchenschwingel-Rasen (Festucetum rupicolae) sehr großflächig ausgebildet (ca. 2 ha).

Furchen-Schwingel-Rasen auf Zechsteinkalk im westlichen Bereich der Halde (September 2009).

Furchenschwingel-Rasen mit Blühaspekt der Zypressen-Wolfsmilch (Euphorbia cyparissias) auf Zechsteinkalk im mittleren Bereich der Halde (Mai 2007).

In den 1930er Jahren wurden in mehreren Teilbereichen der Halde Begrünungsversuche durchgeführt und Robinie, Berg- und Feld-Ahorn, Schwarz- und Pyramidenpappel, Lärche, Stiel- und Trauben-Eiche sowie verschiedene Wildrosenarten angepflanzt. Die bepflanzten Haldenteile sind heute locker mit diesen Gehölzen bestockt, die Krautschicht hat überwiegend Trockenrasencharakter, stellenweise sind artenreiche Schwermetallrasen ausgebildet.

Renaturierter Bereich am östlichen Rand des Plateaus (Mai 2023).

Renaturierter Plateaubereich der Halde, im Vordergrund natürliche Sukzession auf Ausschlägen (September 2009).

In Teilbereichen des Osthanges und im sich anschließenden Haldenfußbereich bis an die B180 reichend ist ein gut entwickeltes Birken-Espen-Vorwaldstadium ausgebildet. Birke (Betula pendula) und Espe (Populus tremula) sind hier zu etwa gleichen Teilen bestandsbildend. Die nur lückig ausgebildete Krautschicht wird vor allem durch Fragmente der Schwermetallrasen gebildet.

Birken-Espen-Pionierwald am Osthang der Halde (September 2009).

Golddistel (Carlina vulgaris)…

und Stängellose Kratzdistel (Cirsium acaule) – xerotherme Elemente der Haldenflora des Eduardschachtes.

Literatur:
Baumbach, H. (2000): Beitrag zur Flora und Vegetation von Bergbau-, Hütten- und Stollenhalden im Mansfelder und Sanger­häuser Revier. Schr. R. Mansfeld-Museum N. F. 5: 105-118.

  • (2005): Genetische Differenzierung mittel­europäischer Schwermetallsippen von Silene vulgaris, Minuartia verna und Armeria maritima unter Berücksichtigung biogeo­graphischer, montanhistorischer und physiologischer Aspekte. Dissertationes Botanicae 398: 1-128.
  • (2008): Zur Situation der Schwermetallrasen und ihrer Standorte im östlichen und südöstlichen Harzvorland. Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt 40 (2): 3-19.
  • (2013): Der Mansfelder und Sangerhäuser Kupferschieferbergbau. In: Baumbach, H., H. Sänger & M. Heinze (2013): Bergbaufolgelandschaften Deutschlands, Weissdorn-Verlag Jena: 312-372
    Huneck, S. (2006): Die Flechten der Kupferschieferhalden um Eisleben, Mansfeld und Sangerhausen. Mitt. florist. Kart. Sachsen-Anhalt Sonderheft 4: 1-62.
    Mansfeld Kombinat (1981): Haldenkonzeption für die Kreise Eisleben, Hettstedt und Sangerhausen sowie prognostische Betrachtungen zur landeskulturellen Entwicklung in den Jahren nach 1980. VEB Mansfeld Kombinat Wilhelm Pieck, Lutherstadt Eisleben.
    Wege, F.-W. (2000): Das Haldenkonzept der Landkreise Mansfelder Land und Sangerhausen. Schr. R. Mansfeld-Museum N. F. 5: 2-13.

Erfurt, den 28.05.2023

Dr. Henryk Baumbach,

Aktuelle Situation Mai 2023

Bilder: Werner Zabel

Beitrag der Mitteldeutschen Zeitung (MZ) vom 06.06.2023