Der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA – verfolgt mit sehr großer Sorge die Bedrohung der Wuhlheide und angrenzender Gebiete durch den Neustraßenbau mit dem offiziellen Namen “Tangentiale Verbindung Ost (TVO)”.
Die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt des Landes Berlin führt dazu zusammenfassend aus, Zitat:
Die “Tangentiale Verbindung Ost (TVO)”, so ihr Arbeitstitel, bezeichnet eine neue Straßenverbindung im Osten Berlins. Der nördliche und südliche Abschnitt dieses Verkehrsweges ist als Märkische Allee und Spindlersfelder Straße nunmehr seit vielen Jahren in Betrieb. Die vorhandene Lücke zwischen der B1/B5 (bzw. der Märkischen Allee) im Bezirk Marzahn-Hellersdorf im Norden und der Straße An der Wuhlheide (bzw. Spindlersfelder Straße) im Bezirk Treptow-Köpenick im Süden gilt es nun zu schließen.“, Zitat Ende

https://www.berlin.de/sen/uvk/mobilitaet-und-verkehr/infrastruktur/strassenbau/tangentiale-verbindung-ost/

Dabei ist u.a. geplant in und an der Wuhlheide 14,6 – 15.8 ha Waldfläche zu roden. Bei der sogenannten Vorzugsvariante KOMBI-3 gehen die Planer von einer Streckenbelegung im Umfang von 35.020 Kraftfahrzeugen „werktägliche durchschnittliche Verkehrsstärke“ (DTV-WT) aus und behauptet durchschnittlich die Köpenicker Straße von 7.325 Kraftfahrzeugen DTV-WT und Treskowallee /Am Tierpark im Umfang von 5.031 Kraftfahrzeugen DTV-WT zu entlasten. Das ergäbe eine angebliche Entlastung von gesamt 12.356 Kraftfahrzeugen DTV-WT. Da die Planer diese behaupteten Entlastungen als großen Vorzug für das angedachte Bauwerk ergibt sich jedoch zwischen der vermuteten Streckenbelegung im Umfang von 35.020 Kraftfahrzeugen DTV-WT und der behaupteten Gesamtentlastungen im Umfang von 12.356 Kraftfahrzeugen DTV-WT eine Differenz von 22.664 Kraftfahrzeugen DTV-WT, welche durchaus als selbst kalkulierte Verkehrsmehrung anzusehen ist.
Abgesehen davon ist es unverantwortlich noch immer Verkehrsentlastungen mit neuen Autobahnen und Straßen begegnen zu wollen. Nicht nur zusätzliche Belastungen durch Lärm, Abgase und Feinstaub sind zu erwarten, sondern bei einer angedachten Straßenlänge im Umfang von 6,4 km = 6.400 m und Breite von 26 m ist zudem von einer Mindestflächeninanspruchnahme von 40.960 m² = 4,096 ha auszugehen. Dafür möchte man 155 Millionen Euro Steuergelder aufwenden, welche auf einer Schätzung für die Bewertung des Kriteriums Kosten beruht, welche die Herstellungskosten (Baukosten) der Trasse für die Variante berücksichtigt. Die Kosten für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, Baustelleneinrichtungsflächen, Kleinleistungen und Unvorhergesehenes möchte man auf der Basis angeblicher Erfahrungswerte prozentual hinzurechnen.
Der AHA gibt dabei zu bedenken, dass das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) zur aktuellen täglichen Neuausweisung von Siedlungs- und Verkehrsflächen in der Bundesrepublik Deutschland folgendes angibt, Zitat: „Täglich werden in Deutschland rund 55 Hektar als Siedlungsflächen und Verkehrsflächen neu ausgewiesen. Dies entspricht einer Flächenneuinanspruchnahme – kurz Flächenverbrauch – von circa 78 Fußballfeldern.“, Zitat Ende
Ferner ist folgendes ausgeführt, Zitat:
Bis zum Jahr 2030 will die Bundesregierung den Flächenverbrauch auf unter 30 Hektar pro Tag verringern. Diese gegenüber der Nachhaltigkeitsstrategie von 2002 verschärfte Festlegung wurde vom Bundeskabinett bereits im Januar 2017 in der „Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie – Neuauflage 2016“ festgelegt. Seit dem Klimaschutzplan vom November 2016, der die Leitplanken für ein grundsätzliches Umsteuern in Wirtschaft und Gesellschaft auf dem Weg zu einem treibhausgasneutralen Deutschland beschreibt, strebt die Bundesregierung bis 2050 sogar das Flächenverbrauchsziel Netto-Null (Flächenkreislaufwirtschaft) an, womit sie eine Zielsetzung der Europäischen Kommission aufgegriffen hatte. Diese Zielsetzung hat während der deutschen Ratspräsidentschaft 2020 Eingang in die Erwägungen für eine EU-Biodiversitätsstrategie gefunden und wurde im März 2021 nun auch in die weiterentwickelte Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie aufgenommen.“, Zitat Ende

https://www.bmuv.de/themen/nachhaltigkeit-digitalisierung/nachhaltigkeit/strategie-und-umsetzung/flaechenverbrauch-worum-geht-es

Das ergibt im Jahr einen Flächenverbrauch im Umfang von 20.075 ha. Im Vergleich dazu hat die Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt Magdeburg eine Fläche von 20.103 ha = 201,03 km².

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1233769/umfrage/flaeche-der-grossstaedte-deutschlands/

Nach Auffassung des Arbeitskreises Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA -, ist bereits diese Anzahl, angesichts des fortgeschrittenen Flächenverbrauches, viel zu hoch.

Im Zusammenhang mit dem Bau ist im Rahmen der Vorzugsvariante KOMBI-3 der Abriss von 23 Gebäuden Wirtschaft o. Gewerbe sowie 8 Gebäuden Wohnen vorgesehen. Angesichts der immer wieder dargestellten Wohnraumsituation im Land Berlin auch eine sehr interessante Herangehensweise.

Bedenklich stimmt es den AHA, dass man durchaus erfreulicherweise „35 Arten, auf die der § 44 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz anzuwenden ist“ festgestellt hat. Diese Arten haben die Kartierer „vorrangig in der Wuhlheide und im Biesenhorster Sand“ festgestellt.

https://www.berlin.de/sen/uvk/mobilitaet-und-verkehr/infrastruktur/strassenbau/tangentiale-verbindung-ost/

Dabei sei der § 44 Absatz 1 Bundesnaturschutzgesetz zitiert:

(1) Es ist verboten,
1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4. wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören“, Zitat Ende

Schon alleine daraus muss sich ergeben, dass der angedachte Bau der Tangentialen Verbindung Ost (TVO) unverantwortlich ist und daher die Pläne einer alternativen Verkehrs- und Umweltpolitik zu weichen haben. Dazu zählen Verkehrsvermeidung, Beförderung des Schienenfernverkehrs, des Öffentlichen und Schienennahpersonenverkehrs, der Fußgänger und Fahrradfahrer.
Den AHA macht zudem stark betroffen, dass die Wuhlheide bedroht ist.
Die im Dreieck von Spree und Wuhle eingebettete, einst 1911 zur Trinkwassergewinnung von der Stadt Berlin gekaufte, einst 525 ha und nunmehr 370 ha große zusammenhängend unbebaute Waldfläche Wuhlheide gehört zu den arten- und strukturreichsten Landschafts- und Naturbestandteilen des Landes Berlin.
Das Bezirksamt Treptow-Köpenick führt dazu u.a. aus, Zitat:
Die Wuhlheide ist vielfältig: trockenwarme Wiesen, Wälder und Feuchtgebiete sind nur ein Teil der im Gebiet vorhandenen Natur. Diese Vielfalt bedingt das Vorkommen verschiedenster Tier- und Pflanzenarten, von denen einige sehr selten sind oder sogar nur noch hier in der Wuhlheide vorkommen. Die Lebensräume dieser Arten – die sogenannten Biotope – gelten aufgrund ihrer Seltenheit und Gefährdung nach § 30 Bundesnaturschutzgesetz und § 28 Berliner Naturschutzgesetz als geschützt und dürfen somit nicht beeinträchtigt oder sogar zerstört werden. Auf diese Weise soll der Erhalt dieser besonderen Lebensräume gewährleistet werden.“, Zitat Ende
Weiter führt man folgende geschützte Biotope auf, Zitat:
Eichen- und Eichenmischwälder, Erlen- und Erlenbruchwald, Trocken- und Magerrasen, Kleingewässer in der Wuhlheide“, Zitat Ende

https://www.berlin.de/ba-treptow-koepenick/ueber-den-bezirk/wuhlheide/artikel.1230140.php

Zudem bildet die Wuhlheide einen sehr wichtigen Bestandteil eines umfassenden Biotop- und Grünverbundes entlang von Spree und Wuhle bis hin zur Biesdorfer Höhe, zu dem Landschaftsschutzgebiet Kaulsdorfer Seen, zum Neuenhagener Mühlenfließ (Erpe), zur Dammheide, zur Mühlheide, zur Köllnischen Heide, zur Königsheide sowie zum Plänterwald. Ebenso wirken die genannten Verbünde auch in die Wohngebiete mit ihren mehr oder minder großen Gehölz-, Wiesen- und Gartenflächen hinein.

Bereits der angedachte Bau der Tangentialen Verbindung Ost (TVO) gefährdet diese bestehenden und potentiellen Biotop- und Grünverbünde sowie Frischluftkorridore und -entstehungsgebiete. Die geplanten Baustrecken bedrohen jedoch eben die Wuhlheide selbst und somit ebenfalls einen sehr wichtigen, arten- und strukturreichen Lebens- und Rückzugsraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten.
Nach Auffassung des AHA schließen eine zeitgemäße Umwelt- und Verkehrspolitik, welche den Schutz und Erhalt der Wuhlheide, angrenzender Gebiete wie Spree und Wuhle mit ihren Auen, die bereits genannten Biotop- und Grünverbünde sowie die Funktion als Kalt- und Frischluftentstehungsgebiet beinhalten muss, den Bau der Tangentialen Verbindung Ost (TVO) kategorisch aus.
Daher fordert der ehrenamtliche, gemeinnützige und vom Umweltbundesamt nach § 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz – UmwRG anerkannte Umwelt- und Naturschutzverein Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA -, welcher im Land Sachsen-Anhalt, in den Freistaaten Sachsen und Thüringen, aber auch in den Ländern Brandenburg und Berlin seine Aktivitäten entfaltet, den vollumfänglichen Schutz und Erhalt der Wuhlheide und in dem Zusammenhang den Stopp sämtlicher Planungen für die Tangentiale Verbindung Ost (TVO). Gleiches trifft aber ebenfalls u.a. für Planungen und den Bau der Bundesautobahn 100 zu.
Nach Auffassung des AHA bedarf es aber einer umfassenden, wissenschaftlich fundierten Schutz- und Entwicklungskonzeption für die Wuhlheide in entsprechender Einbindung der Spree sowie ihrer Nebengewässer wie zum Beispiel Erpe, Wuhle und Panke.

Der heutige AHA ist bereit, seine nunmehr 43 Jahre gesammelten Erfahrungen einzubringen und im Rahmen seiner ehrenamtlichen und gemeinnützigen Möglichkeiten an einer ökologisch orientierten Entwicklung der Spree, ihrer Nebengewässer und ihres Umfeldes mitzuwirken.
Daher beabsichtigt der AHA eine ehrenamtliche Landesgruppe in Berlin zu bilden, welche sich der ebengenannten Thematik annehmen soll.
Wer Interesse hat daran mitzuwirken, wende sich bitte an folgende zentrale Anschrift des AHA:

Arbeitskreis Hallesche Auenwälder
zu Halle (Saale) e.V. – AHA

Große Klausstraße 11

06108 Halle (Saale)

Tel.: 0345 – 200 27 46
E-Mail: aha_halle@yahoo.de

Andreas Liste
Vorsitzender

Halle (Saale), den 16.05.2023