Der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) hält einen flächendeckenden Schutz, Erhalt, Betreuung und naturnahere bis naturnahe Entwicklung von Auenlandschaften für dringend erforderlich und sieht damit verbunden die Notwendigkeit alle entsprechenden Planungen und Handlungen darauf abzustimmen. Das trifft auch unweigerlich auf die Stadt Leuna zu, wobei es sich um zwei beispielhafte besondere Schwerpunkte handelt.
Für den Bereich des ca. 17 ha großen Göhlitzscher oder Kreypauer Holzes hatte der AHA am 13.08.2001 „Vorschläge zur Pflege, Entwicklung und Betreuung des Kreypauer Holzes und des Waldes am Waldbad Leuna“ fertiggestellt und die damit verbundenen Überlegungen der Stadt Leuna zur Verfügung gestellt. Dazu zählen insbesondere die Erstellung eines wissenschaftlich fundiertem Schutz- und Entwicklungskonzeptes, welches unbedingt eine vollständige Erfassung von Fauna und Flora, die Möglichkeiten und Notwendigkeit einer sukzessiven Verjüngung des Auenwaldes, der unversiegelte Erhalt der Wege sowie die Zukunft der Hundesportanlage beinhalten sollte. Ferner regte der AHA dabei die Prüfung des Wiederanschlusses der Saalealtarme an die Saale, einer umfassenden Rückverlegung der Deiche sowie die sukzessive Ausweitung des Auenwaldes auf die nordwestlich angrenzenden Ackerflächen, welche im Nordwesten durch eine Eisenbahnstrecke, im Nordosten durch den Verbindungsweg zwischen Kreypau und Trebnitz, im Südosten durch Auenwald und Saalealtarm sowie im Südwesten durch die Saale abgegrenzt ist. Eine sukzessive Erweiterung des Restauenwaldes Göhlitzscher oder Kreypauer Holz hätte eine Erweiterung um eine Fläche von ca. 10 ha zur Folge, was zur Beförderung des Arten- und Strukturreichtums sowie zur besseren Filterung des Hochwassers beitragen kann. Leider fehlen noch heute Reaktionen seitens der Stadt Leuna, des Landkreises Saalekreises und nicht zuletzt des Landes Sachsen-Anhalt.
Am Saaleufer unterhalb der Ortslage der Stadt Leuna befindet sich ein im Rahmen der Kanalisierung der 1930er-Jahren abgetrennter, ungefähr 800m langer und 40-50m breiter Saalealtverlauf. Dieser Saalealtverlauf, welcher offenbar in den 1950-er Jahren eine umfassende Auffüllung u.a. mit Saaleschlamm erfuhr, bildet in den Uferbereichen mit seinen Röhrichtbereichen einen sehr bedeutsamen Rückzugs- und Brutraum für verschiedene Vogelarten. Die Abtrennung des Saalealtverlaufes von dem Rest der Saale verschärfte sich noch mit dem Neu- und Ausbau des asphaltierten und betonierten Rad- und Wanderweg, indem man den Damm etwa einen halben Meter erhöhte. Der AHA hält es daher für sehr wichtig, dass derartige bauliche Eingriffe künftig unterbleiben müssen, um eine weitgehend ungestörte Entwicklung der Uferbereiche mit seinen Röhrichtbereichen zu ermöglichen. Jedoch ist der AHA hinsichtlich der starken Nährstoffeintrag –insbesondere aus der Luft und umliegender Bodenflächen- besorgt, was ein alsbaldiges Umkippens des Gewässers befürchten lässt. Der starke Algenbewuchs –selbst in der Wintermonaten- bekräftigen diese Befürchtungen. Auf Anregung des AHA führten am 13.07.2016 Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Gewässerökologie der JohannGottfried-Borlach-Sekundarschule Bad Dürrenberg umfassende Untersuchungen der Wasserqualität durch, was zu folgender zusammenfassenden Beurteilung des Gewässers führte, Zitat:
„Die Beurteilung der Wassergüte erfolgte mittels biologischer Untersuchungsmethoden auf Phyto- und Zooplankton einschließlich der Individuendichte sowie chemische Analysen auf bestimmte chemische Inhaltsstoffe des Wassers. Die biologische Gewässeruntersuchung beschreibt und beurteilt das Gewässer aus biologischer Sicht nach dem Saprobiensystem. Das System basiert auf ökologisch angepassten Organismen (Leitorganismen), die im Wasser leben und fäulnisfähige Stoffe – Saprobier – anzeigen (sapros = Zersetzung, bios = Leben). Die chemische Gewässeruntersuchung hingegen beschreibt und beurteilt das Wasser aus chemischer Sicht nach dem Trophiegrad, der die organische Belastung des Wassers anzeigt, womit man auf die Qualitätsmerkmale des Gewässers schließen kann.
Als ehemaliger Saalealtarm ist dieses Gewässer völlig von der Saale abgeriegelt. Die Speisung des Wasserkörpers erfolgt durch Grundwasser und durch diffuses und einfließendes Oberflächenwasser bei Niederschlägen. Ein oberirdischer Abfluss fehlt.
Auffallend bei den chemischen Analysen ist der hohe Sulfatgehalt von 780 mg pro Liter, der weit über dem Grenzwert liegt. Das Gewässer ist sehr reich an pflanzlicher Biomasse. Insbesondere den submersen (untergetauchten) Wasserpflanzen kommt hier eine besondere Bedeutung zu. Beim Eiweißabbau dieser abgestorbenen pflanzlichen und tierischen Substanz im Wasser wird zunächst Schwefelwasserstoff freigesetzt. Bei genügend Sauerstoff im Wasser wird dieser jedoch rasch zum Sulfat oxydiert (Sulfurikation). Bei Sauerstoffmangel, und dieser trat bei einer Wassertemperatur von über 26°C mit nur 5,45 mg/l ein, reichert sich weiter Schwefelwasserstoff an, der noch zusätzlich aus dem vorhandenen gerade erst gebildeten Sulfat kommt (Desulfurikation). Sulfurikation und Desulfurikation werden von verschiedenen Schwefelbakterien besorgt, die dabei die lebensnotwendige Energie gewinnen. Die milchig, trübe Färbung des Wassers stammt von diesen Bakterien. Entnommene Wasserproben rochen eindeutig nach Schwefelwasserstoff.
Bei der biologischen Wasseranalyse konnten fadenförmige Blaualgen der Ordnung Oscillatoria (Schwingalgen) ermittelt werden, die in Massen auftraten. Auch verschiedene Arten Wimpertierchen die massenweise, stellenweise auch häufig vorkamen. Blaualgen und Wimpertierchen dieser Art sind Anzeiger-Organismen eines stark belasteten Gewässers.
Die Wassergüteklasse dieses Gewässers ergab auf Grund der chemischen und biologischen Analysen die Wassergüteklasse 3 mit der Tendenz zur Wassergüte 3,5 alphamesosaprob/polysaprob. In dieser Zone finden Prozesse des Abbaus organischer Stoffe im überwiegenden Maße unter reduktivem Milieu statt. Je nach Wassertemperatur ist Sauerstoff nur noch knapp vorhanden. Dafür kann sich Schwefelwasserstoff mit Geruchsbelästigungen oder auch Methangas bilden. Der Grund ist mit Faulschlamm angereichert.Biologisch wird diese Wassergüte durch Massenentwicklung von Bakterien gekennzeichnet. Neben den massenhaften Bakterien finden sich relativ nur wenige Arten anderer Lebewesen. Diese wenigen besonders angepassten Arten können allerdings in riesiger Individuenzahl auftreten. Kennzeichnend sind Blaualgen, Wimpertiere und einige Geißeltierchen. “, Zitat Ende
Diese Ergebnisse mahnen ein unverzügliches Handeln an. Die Einstufung in Güteklasse III—IV = sehr stark verschmutzt ist als sehr besorgniserregend anzusehen. Die Wasserrahmenrichtlinie der EU (WRRL) vom 22.12.2000 hat dazu u.a. folgendes geregelt, Zitat:
„(33) Das Ziel eines guten Gewässerzustands sollte für jedes Einzugsgebiet verfolgt werden, so dass eine Koordinierung der Maßnahmen für Grundwässer und Oberflächengewässer ein und desselben ökologischen, hydrologischen und hydrogeologischen Systems erreicht wird.“, Zitat Ende
Der Artikel 1 der WRRL beinhaltet zudem das Gebot der Verbesserung und des Schutzes von Gewässern und ein damit verbundenes Verschlechterungsverbot.
Daher regt der AHA an, Beeinträchtigungsquellen zu suchen und zu prüfen, inwieweit ein Stopp der Negativeinflüsse möglich ist. Ferner ist alles auszuschließen, was ein künstliches Absenken des Wasserstandes begünstigt. Gerade die Abzweigungen von Wasser aus dem Saalebogen zur Bewässerung der öffentlichen Gärten in Leuna gilt es auf den Prüfstand zu stellen. Ebenso bedarf es nach Meinung des AHA einer wissenschaftlichen Überprüfung, inwieweit ein Wiederanschluss des Saalealtarmes ökologisch-hydrologisch sinnvoll erscheint und letztendlich, unter Berücksichtigung der Belange des Umwelt-, Natur- und Landschaftsschutzes, baulich möglich ist.
Plänen der Stadt Leuna, den Saalealtarm ggf. als Hafen zu nutzen und auszubauen, hält der AHA für vollkommen inakzeptabel, da dies zur Zerstörung bzw. Störung eines Lebens- und Rückzugsraumes zahlreicher Tier- und Pflanzenarten und des Landschafts- und Stadtbildes führt sowie eine weitere Beeinträchtigung der Wasserqualität befürchten lässt.
Der AHA hält es daher für dringend geboten, dass bei der Planung und Erstellung von Änderungen des Flächennutzungsplanes der Stadt Leuna diese Untersuchungsergebnisse, Tatsachen, Anregungen und Vorschläge ihre Berücksichtigung finden.
Auf Grund der Vielzahl der vielfältigen Aufgaben, wo sich der AHA einbringen möchte, ruft der ehrenamtliche und gemeinnützige Umwelt- und Naturschutzverein zur Mitwirkung in seiner mit der Umweltbibliothek Merseburg „Jürgen Bernt-Bärtl“ fachlich und räumlich gekoppelten Regionalgruppe Merseburg-Leuna-Bad Dürrenberg auf. Wer Interesse hat, wende sich bitte an folgende Anschrift:
Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – (AHA)
Regionalgruppe Merseburg-Leuna-Bad Dürrenberg/Umweltbibliothek Merseburg „Jürgen Bernt-Bärtl“ (UBM)
Weiße Mauer 33
06217 Merseburg
Tel.: 0176 – 52562945
Fax.: 0180-5684 308 363 (deutschlandweit zum Ortstarif)
E-Mail AHA: aha_halle@yahoo.de
E-Mail UBM: ubh2004@yahoo.de
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