Der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) führte unlängst eine Exkursion in der Aue in der Stadt Dessau-Roßlau zwischen den Stadtteilen Dessau und Roßlau durch. Die erste Station bildete der Mündungsbereich der Rossel in die Elbe. Hier gilt es nach Auffassung der Exkursionsteilnehmer den entwickelten naturnaheren Charakter des Gebietes mit seiner ausgeprägten Weichholzaue, nitrophilen Staudenflächen und vereinzelten Hartholzaue unbedingt zu erhalten. Die voranschreitende Sukzession führt zur Entstehung eines arten- und strukturreichen Auenwaldes, welcher vielen Tier- und Pflanzen Lebens- und Rückzugsraum sowie dem Hochwasser von Elbe und Rossel Ausbreitungsraum bieten kann. Jedoch ist es dringend geboten, die Kopfweiden am Nordrand des Gebietet zu schneiden, um sie erhalten zu können.

Im Abschnitt der Rossel zwischen Wasserburg und Oberluch erachten es die Exkursionsteilnehmer für wichtig die Bestrebungen der Rossel zu befördern, Mäandrierungen zu entwickeln, welche den deutlich wasserbaulich begradigten Charakter des Fließgewässers aufhebt, zu einem strukturell vielfältigen Fließgewässer und einem Stopp der weiteren Eintiefung des Flussbettes beiträgt. Mit Skepsis nahmen die Exkursionsteilnehmer den Nutzen des im Bau befindlichen Schöpfwerkes Roßlau auf. Nach ihrer Auffassung sind eher die Beseitigung der Hauptursachen für vermehrtes Hochwasser wie u.a. Flächenversiegelung sowie das Fehlen einer nachhaltigen Forst- und Landwirtschaft anzugehen. Ebenso sind umfassende Reserven bei Deichrückverlegungen vorhanden. Die Deichrückverlegungsmaßnahme im Oberluch gehört eindeutig zu den Schritten in die richtige Richtung.

Einen sehr wichtigen Schwerpunkt der Exkursion bildete das Mündungsgebiet der Mulde in die Elbe, welche sich im ca. 1.191 ha großen Naturschutzgebiet „Untere Mulde“ befindet. Begrüßenswert ist, dass die Mulde sich hier weitgehend naturnaher entfalten kann und nicht mit Schiffbarmachungsbaumaßnahmen am Flusssystem konfrontiert ist. Eine vielfältige Struktur mit tieferen und flacheren Bereichen, Schotter-, Kies- und Sandbänken sowie weitgehend unverbauten Ufern lassen viel Naturnähe und Gestaltungskraft der Natur erkennen. Jedoch hat die bauliche Ausweitung der B 184 einiges an landschaftlichen Schaden und räumliche Einengung des Flussraumes erkennen. Dabei bildet der Wechsel von Prall- und Gleithängen mit mehr oder minder Bewuchs Brutmöglichkeiten z.B. für Eisvögel, Uferseeschwalben und Beutelmeisen. Die Schotter-, Kies- und Sandbänke bieten dem Flussregenpfeifer idealen Brutraum. Von daher dürfen diese Bereiche weder Aufenthaltsraum für Angler, noch für Badenden sein. Der große Raum der Auen von Elbe, Mulde und Rossel bietet u.a. auch Biber, Seeadler, Rot- und Schwarzmilan sowie Weiß- und Schwarzstorch bedeutsamen Lebens- und Nahrungsraum.

Die AHA-Exkursion verdeutlichte wieder einmal, dass Auen als unentbehrlicher Überflutungsraum von Fließgewässern zu den arten- und strukturreichsten Landschaften der gemäßigten Zonen der Erde. Sie setzen sich aus Auenwäldern, Auenwiesen, Kies- und Schotterflächen, Altarmen, Stand- und Fließgewässern sowie Schlammflächen zusammen. Somit stellen sie einen wichtigen Lebens- und Rückzugsraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten dar. Diese Vielfältigkeit lädt ferner zum Schauen und Erholen ein. Jedoch sind zahlreiche Auenlandschaften und die dazugehörigen Gewässer von Baumaßnahmen und anderen Beeinträchtigungen der Wasser- und Bodenqualität bedroht. Derartige Gefährdungen gilt es abzuwenden bzw. zu verhindern.

Der AHA legte dazu einen Rahmenplan zur Erstellung einer Schutz- und Entwicklungskonzeption für die „Kleinen Mückenberge“ nördlich des Mündungsbereiches der Mulde in die Elbe (Stadt Dessau-Rosslau) (2007), Grobkonzeptionelle Überlegungen zum Park am Sieglitzer Berg und zur Nutzung der wiederentstehenden Solitüde (2008), Grundlegende konzeptionelle Vorschläge für das Oberluch Rosslau (Stadt Dessau-Rosslau) zum Schutz, zur Entwicklung, zur Betreuung sowie zur Nutzung für die Umweltbildung und für einen sanften, natur- und umweltverträglichen Tourismus (2008) sowie einen Rahmenplan zur Erstellung einer Schutz- und Entwicklungskonzeption für das „Unterluch Rosslau“ in der Stadt Dessau-Rosslau (2009) vor. Mit großem Interesse haben jedoch die Exkursionsteilnehmer die Beräumung der Kleingartenanlagen zwischen Braunscher Lache und Mulde aufgenommen, welche bisher in einem umfassenden Überflutungsraum lagen. Jedoch ist noch immer keine ordnungsgemäße und komplette Beräumung des Gebietes erfolgt. So befinden sich z.B. noch immer Schuttberge, Asbestreste, Versorgungsleitungen, Müll und Unrat in dem Gebiet. Nicht nur, dass eine akute Bedrohung für Umwelt, Natur, Mensch und Tier existiert, besteht die Gefahr der flächendeckenden Verteilung bei Hochwassersituation. Hier ist eine unverzügliche und vollumfängliche Beräumung der Gebiete sehr dringend geboten.

Ebenfalls sieht der AHA die Notwendigkeit wissenschaftlich-konzeptionelle Vorstellungen zur künftigen Entwicklung der einstigen Kleingärten zu entwickeln. Der AHA könnte sich vorstellen die Flächen mit konzentrierten Obstgehölzbeständen zu Streuobstwiesen zu entwickeln, Wiesenbereiche zu extensiven Wiesen zu gestalten sowie in den Randbereichen und anderen größeren Flächen die sukzessive Entwicklung von Auenwaldbeständen zuzulassen bzw. zu ermöglichen. Im Zusammenhang der Exkursion besichtigten die Exkursionsteilnehmer eine Streuobstwiese im direkten östlichen Anschluss zur Braunschen Lache, welche der AHA beabsichtigt in die Betreuung zu übernehmen. Hier sind jedoch noch klare Absprachen und Vereinbarungen mit der Stadt Dessau-Roßlau und den Flächeneigentümern erforderlich.

Im Anschluss daran nahmen die Exkursionsteilnehmer eine weitere Streuobstwiese nordwestlich des Landhauses in Augenschein. Hier haben sich die Stadt Dessau-Roßlau und der AHA fachlich-konzeptionell und administrativ geeinigt. Nunmehr bereitet der AHA die sachlichen Grundlagen vor, indem er Fördermittel zur Beschaffung beispielsweise von Gerätschaften, Werkzeugen und Materialien beantragen möchte. Beide Streuobstwiesen befinden sich entweder im oder am Naturschutzgebiet „Untere Mulde“, was einen sensiblen Umgang mit ihnen sowie mit der angrenzenden Natur und Landschaft erfordert.

Diesen sensiblen Umgang mit Natur und Landschaft kann der AHA streckenweise in dem Auenwaldgebiet im Dreieck von Mulde, Luisium und Fließgraben nicht erkennen. Hier erfolgten massive Fällungen u.a. von Stieleichen und Gemeiner Esche. Beide Baumarten bilden jedoch das Grundgerüst für die Hartholzauenwälder zwischen Elbe und Mulde. Im gleichen Blickwinkel sind die massiven Abholzungen von Pappeln und Roteschen zu sehen, welche vor mehreren Jahren im östlichen Teil des Auenwaldes und südöstlich der Großen Mückenberge stattfinden. Dabei störte bzw. zerstörte man unverständlicherweise den auentypischen, sukzessiven Aufwuchs von auentypischen Gehölzen wie z.B. Stieleiche, Gemeiner Esche, Feldahorn, Feld- und Flatterulme, Blutrotem Hartriegel, Europäischen Pfaffenhütchen und Schwarzen Holunder. Daher ergeht die die dringende Forderung an den Flächeneigentümer und die zuständigen Behörden derartige Eingriffe unverzüglich einzustellen und künftig nur auf die Beseitigung von akuten Gefahren für die Menschen auf den Wegen zu beschränken.

Mit großer Sorge beobachteten die Exkursionsteilnehmer, dass Hundebesitzer im und am Naturschutzgebiet „Untere Mulde“ mitten in der Brutzeit ihre Hunde unangeleint durch die gesamte Aue laufen ließen. Diesen Störungen und Beeinträchtigungen gilt es unbedingt durch verstärkte Kontrollen und Bestrafungen zu begegnen. Um jedoch Auenlandschaften als Natur- und Landschaftsraum zu erhalten und weiter entwickeln zu lassen, bedarf es jedoch u.a. auch einer umfassenden Bildungs- und Aufklärungsarbeit. Dazu soll das im Jahre 2007 vorgelegte Konzept für einen „Naturerkenntnispfad Mündungsgebiet der Mulde in die Elbe“ beitragen. Jedoch behindern gegenwärtig ganz massiv Kulturstiftung Dessau Wörlitz und der bisherige Kultusminister des Landes Sachsen-Anhalt Stephan Dorgerloh mit fadenscheinigen Begründungen das Vorhaben. Eine Reaktion auf eine im August 2014 dem Petitionsausschuss des Landtages Sachsen-Anhalt vorgelegte Beschwerde steht ebenfalls noch aus. Der AHA fordert daher beide erst genannten Einrichtungen und den Petitionsausschuss des Landtages Sachsen-Anhalt auf endlich konstruktiv das Gespräch zu suchen und die unbegründete Blockadehaltung zu beenden.

Wer sich ebenfalls für den Schutz, Erhalt und Entwicklung dieser sehr arten- und strukturreichen sowie vielfältigen Auenlandschaft einsetzen möchte und dazu den Aktivitäten der AHA-Ortsgruppe Dessau-Roßlau erfahren möchte, wende sich bitte an folgende Anschrift sowie kann nachfolgende Sprechzeit persönlich oder telefonisch nutzen:

Arbeitskreis Hallesche Auenwälder
zu Halle (Saale) e.V. (AHA)

Ortsgruppe Dessau-Roßlau
Schwabehaus
Johannisstraße 18
06844 Dessau
Internet: https://www.aha-halle.de
E-Mail: aha_halle@yahoo.de
Tel.: 0340 – 66158320
Fax.: 0180 – 573 737 6961 (Verbindungen deutschlandweit zum Ortstarif)
Sprechzeit:
Donnerstag: von 19.00 bis 20.00 Uhr

Fotos: Dietmar Hörner