Der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) gehört zu den Organisationen, welche sich immer für eine Förderung des Fahrradverkehrs einsetzt. So lassen sich Alternativen zum Motorisierten Individualverkehr schaffen, befördern und entwickeln. Dazu gehört aber auch, endlich ernsthaft die Prüfung eines fahrscheinloses Öffentlichen und Schienen-Personennahverkehrs, wozu auch die bundesweite kostenfreie Mitnahme von Fahrrädern in Bahnen, Straßenbahnen und Bussen zu gehören hat, welche mit der Bereitstellung entsprechender Transportkapazitäten einhergehen muss.
Hinsichtlich des kostenlosen Transportes von Fahrrädern z.B. in Zügen der Deutschen Bahn hat das Land Sachsen-Anhalt durchaus eine Vorreiterrolle. Dagegen verlangt die HAVAG seit dem Jahr 2009 Geld für den Transport von Fahrrädern in Straßenbahnen. Hier gilt es schnellstens positive Veränderungen zu schaffen.
Jedoch mit großer Sorge betrachtet der AHA die gegenwärtige Art und Weise des Ausbaus des Radwegenetzes. Das heißt im konkreten Fall, dass neben dem bestehenden umfassenden Bandes aus Fahrradstraßen bestehend aus Beton, Asphalt, Schotter und Splitt, weitere derartige Trassen hinzufügen. Dabei haben beispielsweise die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung entgegen jeglicher ökologischer Vernunft ein flächendeckendes Zerschneiden wertvoller Landschaften mit Asphalttrassen zu verantworten.
Derartige als Radwanderwegbau deklarierte steuerfinanzierte Vorhaben tragen weiter dazu bei einst unversiegelten Boden komplett zu versiegeln. Somit entstehen immer wieder aus Steuermitteln finanzierte, für Klein- und Kleinstlebewesen fast unüberwindbare Hindernisse, welche sich im Sommer aufheizen und keine Tarnung gegenüber Fraßfeinden bieten. Darüber hinaus haben Beispiele mit derartigen Kleinstraßen gezeigt, dass verstärkt Motorräder und Mopeds die Wege nutzen. Solche Missbräuche gefährden nicht nur Fuß- und Radwanderer, sondern beeinträchtigen Umwelt und Natur. Dabei schreckt man noch nicht einmal vor Naturschutzgebieten zurück.
In dem Zusammenhang machten sich ausgiebige Bepollerungen der Wege notwendig, um das ungehinderte Befahren mit Kraftfahrzeugen aller Art zu verhindern, aber die Nutzung durch landwirtschaftliche Fahrzeuge, Maschinen und Geräte zu ermöglichen. Nur so war bzw. ist eine Senkung der Gefahr für Fahrradfahrer und Fußwanderer möglich.
Ferner tragen derartige Baumaßnahmen kräftig zum deutschlandweiten Trend der fortgesetzten umfassenden Bodenversiegelung bei. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) gibt zur aktuellen täglichen Neuausweisung von Siedlungs- und Verkehrsflächen in der Bundesrepublik Deutschland folgendes an, Zitat: „Täglich werden in Deutschland rund 52 Hektar als Siedlungsflächen und Verkehrsflächen neu ausgewiesen. Dies entspricht einer Flächenneuinanspruchnahme – kurz Flächenverbrauch – von circa 73 Fußballfeldern.“, Zitat Ende
Das ergibt im Jahr einen Flächenverbrauch im Umfang von 18.980 ha. Im Vergleich dazu hat die brandenburgische Landeshauptstadt Potsdam – mit Stand vom 31.12.2020 – eine Fläche von 18.824,00 ha = 188,24 km².
In dem Blickwinkel betrachtet sieht der AHA mit sehr großer Sorge flächendeckend und länderübergreifend Radschnellstraßen zu bauen. Neben der zu befürchtenden Verstärkung der flächendeckenden Versiegelung von Bodenflächen, entstehen nun Begehrlichkeiten Landschafts- und Naturschutzgebiete mit neuen Brückenbauwerken zu zerschneiden.
Die nunmehr öffentlich vorliegende Kurzfassung der im Auftrag der Metropolregion Mitteldeutschland GmbH sowie der Städte Halle (Saale) und Leipzig vom Planungsbüro VIA e.G. und von der Planersocietät Stadtplanung, Verkehrsplanung, Kommunikation
Dr.-Ing. Frehn, Steinberg Partnerschaft, Stadt- und Verkehrsplaner erstellte sowie vom Freistaat Sachsen und Land Sachsen-Anhalt finanzierte vorliegende „Potenzial- und Machbarkeitsanalyse für eine Radschnellverbindung zwischen Halle (Saale) und Leipzig“ zeigt auf, dass man einen massiven Straßenbau in größtenteils unversiegelter Fläche im Blick hat. Dazu zählen massive Eingriffe im Bereich der Kabelske, in bahnbegleitende Biotope sowie auf Agrarflächen. Die geplanten Asphaltierungen mit entsprechenden Unterbauten führen zu möglichen folgenden Mindestneuversiegelungen:
Länge der Gesamtstrecke: ca. 36 km = 36.000 m
Führung auf Nebenstraßen ca. 13 km = 13.000 m
Mindestbreite: ca. 4 m
36.000 m – 13.000 m x 4 m = 92.000 m² = 9,2 ha.
Die Gesamtkosten schätzen die Planer auf ca. 35 bis ca. 46 Millionen Euro, welche offensichtlich zu 100 % aus Mitteln der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler stammen.
Dabei sind noch gar nicht die in den letzten Jahrzehnten asphaltierten sowie betonierten Feld- und Waldwege mitgezählt, welche nunmehr zur Vollversiegelung geführt haben.
Nicht nur die bereits durchgeführten und geplanten Versiegelungen stellen ein Problem dar, sondern die weitere Verschärfung und Ausweitung der massiven Zerschneidung von Natur und Landschaft. Insofern ist es mindestens grob fahrlässig Machbarkeitsstudien ohne die Betrachtung von Belangen des Schutzes von Umwelt, Natur, Landschaft und Klima zu erstellen. Das zeugt wieder davon, welchen Stellenwert der Schutz und Erhalt von Umwelt, Natur, Landschaft und Klima bei den Auftraggebern und Finanzgebern tatsächlich haben. Solche Betrachtungen muss man aber erst Recht in mit Steuermitteln erstellten Studien erwarten können.
Dabei gilt es zudem zu beachten, dass auch andere womöglich derartige Fahrradtrassen geplant sind. Dazu zählt u.a. der Plan eines Fahrradweges entlang des nicht vollendeten Saale-Elster-Kanals zwischen den Städten Leipzig und Leuna.
Der AHA weist darauf hin, dass es gilt das bereits umfassende Fahrradwegenetz in der Region zu nutzen und durch Hinweisschilder besser auffindbar zu gestalten und somit besser zu bewerben.
Aus diesen Gründen hat der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) von Anfang an die Verantwortlichen aufgefordert, die knappen öffentlichen Mittel nicht noch zur flächendeckenden Zerschneidung wertvoller arten- und strukturreicher Landschaften zu verwenden und daher den asphaltierten bzw. betonierten Wegebau sofort zu stoppen. Stattdessen gilt es dafür Sorge zu tragen, dass der motorisierte Individualverkehr die unbefestigten Wege nicht weiter nutzen und zerfahren kann. Außerdem sind ordnungsgemäße Beschilderungen und Kontrollen vonnöten.
Ferner ist es notwendig mögliche Stätten der Gastronomie und Übernachtung zu befördern sowie kulturelle, wirtschaftliche und ökologische Angebote vor Ort besser darzustellen und zu kommunizieren.
Abgesehen davon hält es der AHA für dringend geboten, innerhalb der Ortschaften die Bedingungen des Radwegenetzes zu verbessern. Dazu gehören die Beseitigung baulicher Schäden, Regelmäßiges Reinigen der Fahrradwege mit einhergehender Entfernung von Schmutz, Glassplittern und anderem Unrat, Beendigung der häufigen Degradierung zu Parkstreifen für Kraftfahrzeuge, Abstell- und Lagerplatz für Materialien sowie eine umfassende Winterberäumung.
Nunmehr fordert der AHA die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung auf, unverzüglich ein umfassendes öffentliches Beteiligungsverfahren zu eröffnen.
Halle (Saale), den 22.12.2021
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