Stellungnahmen zum

  • Entwurf der 1. Änderung Flächennutzungsplan im Bereich Schweinehaltungsanlage Cochstedt und
  • Entwurf vorhabenbezogener Bebauungsplan „Schweinehaltungsanlage Cochstedt“

Zum Einstieg der Stellungnahme rügt der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) die fehlerhafte bzw. erst nach Aufforderung erfolgte Beteiligung als vom Umweltbundesamt nach § 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Umwelt- und Naturschutzvereinigung. Daran ändern auch nichts die unsachkundigen Ausführungen der BAUKONZEPT Neubrandenburg GmbH. Inwieweit diese Unregelmäßigkeit Einfluss auf das Planungsvorhaben gilt es ggf. zu prüfen.

Auf jeden Fall hat der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) hat mit großer Sorge die Beschlüsse des Stadtrates der Stadt Hecklingen zur Aufstellung der 1. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt Hecklingen, Teilplan Cochstedt, für den Bereich „Schweinehaltungsanlage Cochstedt“ sowie zur Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes „Schweinehaltungsanlage Cochstedt“ der Stadt Hecklingen aufgenommen. Die bisher getätigten Angaben, dass die bereits ansässige Hederslebener Zucht & Mastbetriebe GmbH & Co. KG die Stallanlage von einst vier und nunmehr fünf auf zwei Hektar zu reduzieren, alte durch moderne Stallanlagen zu ersetzen sowie die Kapazität im Umfang von 4.032 Tieren beibehalten möchte erschienen wenig glaubhaft. In den gegenwärtigen Planungsunterlagen tauchen die Zahlen zur Flächenreduzierung nicht mehr in dem Umfang auf. Man spricht nunmehr von einer Entsiegelungsfläche von 1.984 m² = 0,1984 ha. Insofern ist hier von einer geringeren Entlastung auszugehen. Bereits die angedachte Änderung des Planungsraums von „Fläche für die Landwirtschaft“ zu sonstiges Sondergebiet „gewerbliche Tierhaltung“ lässt die Vermutung aufkommen, dass perspektivisch eine Erweiterung der Anlage vorgesehen ist. Mit der Änderung des Flächennutzungsplanes eröffnet sich zu mindestens diese Möglichkeit. Ferner ist die Umwandlung von einer Ferkelaufzuchtanlage zu einer Schweinemastanlage geplant.
Für den AHA stellt sich ohnehin die Frage, inwieweit der dringende Bedarf zur Errichtung einer weiteren Anlage zur Schweinemast besteht.
Das Statistische Bundesamt gab mit Stand Mai 2020 in einer Presseerklärung vom 25.06.2020 folgende Zahlen zum Schweinebestand in Deutschland an, Zitat:

Zum Stichtag 3. Mai 2020 wurden in Deutschland 25,4 Millionen Schweine gehalten. Damit ist die Zahl der Schweine seit der letzten Erhebung im November 2019 um 2,6 % oder 678.800 Tiere gesunken. Gegenüber dem Vorjahreswert zum 3. Mai 2019 ist der Bestand um 2,3 % oder 584. 000 Tiere zurückgegangen.

Die Zahl der Mastschweine ging besonders stark zurück. Zum Stichtag 3. Mai 2020 wurden 11,1 Millionen Mastschweine in Deutschland gehalten, das waren 5,6 % beziehungsweise 654.700 Tiere weniger als vor einem halben Jahr.

Dagegen ist bei den Ferkelbeständen ein Zuwachs um 2 % (150.000 Tiere) auf derzeit 7,8 Millionen Tiere zu verzeichnen.

Zum 3. Mai 2020 gab es 20.400 schweinehaltende Betriebe. Das sind 3,8 % oder 800 Betriebe weniger als noch im November 2019. Im Vergleich zum Vorjahr liegt der Rückgang bei 5,7 % (1.200 Betriebe).

Im Zehnjahresvergleich ging sowohl die Anzahl der gehaltenen Schweine als auch die Anzahl der Betriebe zurück. Die Zahl der Schweine sank um 4,3 % oder 1,1 Millionen Tiere, während die Anzahl der Betriebe um 39 % oder 13.000 Betriebe abnahm. Da die Zahl der Betriebe also stärker abnahm als die Zahl der gehaltenen Schweine, erhöhte sich der durchschnittliche Schweinebestand in den letzten zehn Jahren von 794 auf 1.244 Schweine je Betrieb.. Zitat Ende

Das bedeutet bei einer Gesamtbevölkerungszahl in Deutschland im Umfang vom 83,1 Millionen Einwohnern (Stand: Ende des 12.02.2021) 0,31 Schweine pro Einwohner.
Laut Statistischem Bundesamt hat das Land Sachsen-Anhalt mit Stand vom Mai 2019 einen Gesamtbestand von 1.075.000,2 Millionen Schweinen, davon 239.000,4 Mastschweine und 471.000,5 Ferkeln. Bei einer Einwohnerzahl in Sachsen-Anhalt laut Statistischem Landesamt Sachsen-Anhalt im Umfang von 2.182.000 Menschen (Stand: 31.12.2020) kommen somit ca. 0,49 Schweine pro Einwohner.

Nach Auffassung des AHA existieren in Deutschland bzw. Sachsen-Anhalt umfassende Schweinebestände, welche keiner Steigerung bedürfen.
Dabei besteht nicht nur das Problem einer tierunfreundlichen Haltung, sondern auch der Anfall von Gülle.
Laut Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen fallen bei der Ferkelaufzucht 0,6 m³/pro Tier/Jahr und bei der Schweinemast 1,5 m³/pro Tier/Jahr an. Das bedeutet bei 4.032 Ferkeln ein Gülleaufkommen pro Jahr im Umfang von 2.419,20 m³. Bei einer Umstellung auf Schweinemast mit ebenfalls 4.032 Tieren ist dann mit einem jährlichen Gülleaufkommen von 6.048 m³ zu rechnen. Das bedeutet eine Erhöhung des jährlichen Gülleaufkommens um 3.628,80 m³ bzw. 40 %.
Der AHA weist darauf hin, dass laut Umweltbundesamt in Deutschland in der Landwirtschaft nach wie vor Überschüsse an Phosphor im Umfang von 10 kg/ha Landwirtschaftlicher Fläche und bei Stickstoff im Umfang von 20 kg/ha Landwirtschaftlicher Fläche existieren.
Diese Überschüsse lassen sich nur durch Reduzierung der Düngergaben, Verbesserung der Fruchtfolge, Erhöhung der Vielfalt an Ackerkulturen und nicht zuletzt durch die Reduzierung des Ausbringens von Gülle senken.
Die Angaben zu der sehr bedenklich zu betrachtenden Erhöhung des jährlichen Transportaufkommens von 390 Fahrten um 181 Fahrten auf 571 Fahrten zeugen von einer vermehrten Verkehrsbelastung. Die Steigerung umfasst nämlich 68,30 %. Inwieweit diese Angaben einer Korrektur unterliegen oder ganz auszuschließen sind fehlen vollständig.
Auf alle diese Probleme gehen die Planungsunterlagen überhaupt nicht oder nur rudimentär ein.
Laut „Beurteilung der Ammoniakimmissionen und Ermittlung der Stickstoffdepositionen im Umfeld des Geltungsbereiches des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Schweinehaltungsanlage Cochstedt“ am Standort Hecklingen OT Cochstedt“, Punkt „3 Beschreibung der Nutzungen im Geltungsbereich des vorhabenbezogenen B-Plangebiet“, „Haltung und Klimatisierung“ ist vorgesehen, Zitat: „Die Haltung der Schweine erfolgt einstreulos auf Spaltenböden.“, Zitat Ende. Neben der Tatsache, dass die Haltungsform keinesfalls als tierschutzgerecht anzusehen ist, kann man von einem, wie bereits erwähnten höherem Gülleanfall rechnen.
Für den Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) ist nicht erkennbar, mit welcher fachlichen Kompetenz die Erstellung von Umweltbericht sowie FFH- und SPA-Prüfungen erfolgten. Es ist nicht erkennbar, dass ordnungsgemäße Messungen und Erfassungen zum Ist-Zustand und nachvollziehbare Ableitungen und Prognosen erfolgten. Insofern sind deren Einschätzungen als fachlich-inhaltlich wertlos und nicht relevant anzusehen. Der Verdacht von Gefälligkeitsdarstellungen drängt sich auf. Somit schätzt der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) weiterhin ein, dass eine Umsetzung des Vorhabens „Schweinehaltungsanlage Cochstedt“ eher zur Verstärkung der Umweltbelastungen in Luft, Boden und Wasser beiträgt. Das belastet ferner die Wohnlage Cochstedt, stellt aber auch eine Bedrohung der Gewässer sowie des westlich gelegenen ca. 1.400 ha großen Naturschutzgebietes und europäischen Vogelschutzgebietes Hakel mit seiner großen Artenvielfalt an Fauna und Flora dar.
Der AHA plädiert eher dafür zu prüfen, inwieweit der vollständige Rückbau der Stallanlage mit anschließender kompletter baulicher Beräumung, nicht eher zur Schaffung einer sukzessiven Gehölz- und Staudenfläche führen sollte. Neben der Bedeutung als Lebens- und Rückzugsraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten auf ca. 4 ha, trägt das zur Verbesserung der Wohn- und Lebensqualität und des Orts- und Landschaftsbildes bei, befördert den Rückhalt von Wasser sowie dient als Teil eines weiter zu entwickelnden Biotop- und Grünverbundes mit dem Hakel, dem angrenzenden Nesseltal und sowie mit dem Umland.

Daraus ist zu schlussfolgern, dass der AHA sowohl dem „Entwurf der 1. Änderung Flächennutzungsplan im Bereich Schweinehaltungsanlage Cochstedt“, als auch nicht dem „Entwurf vorhabenbezogener Bebauungsplan „Schweinehaltungsanlage Cochstedt“ zustimmen kann.

Der AHA ist bereit im Rahmen seiner ehrenamtlichen und gemeinnützigen Möglichkeiten bereit an den geschilderten Alternativmöglichkeiten mitzuwirken. Daher ruft der AHA Interessenten auf daran mitzuarbeiten. Wer Interesse hat in einer möglichen, speziellen ehrenamtlichen AHA-Arbeitsgruppe mitzuwirken wende sich bitte an folgende Anschrift:

Arbeitskreis Hallesche Auenwälder
zu Halle (Saale) e.V. – (AHA)
Ortsgruppe Gatersleben
Schmiedestraße 1

06466 Gatersleben

E-Mail: aha_halle@yahoo.de

Andreas Liste
Vorsitzender

Halle (Saale), den 22.02.2020

Stadt Hecklingen – Bekanntmachungen