Nach Ansicht des Arbeitskreises Hallesche Auenwälder hat das Bundesverwaltungsgericht am 12.06.2019 mit der Abweisung der Klage gegen den Bau der Bundesautobahn (BAB) 143 – Westumfahrung Halle offensichtlich dem propagandistischen und umweltfeindlichen Feldzug aus Wirtschaft und Politik, von Verwaltungen sowie angeblich unabhängiger Medien nachgegeben und somit ein Zeichen gegen den Schutz und Erhalt von Umwelt, Natur und Landschaft und dem Klimaschutz sowie für eine Fortsetzung der bisherigen umwelt-, natur- und klimafeindlichen Bau- und Verkehrspolitik gesetzt hat. Darin verdeutlicht sich, dass Kräfte innerhalb der Justiz, ebenso wie große Teile der Politik, der Wirtschaft, der Verwaltungen sowie der Medien die Notwendigkeit des Schutzes und Erhaltes von Umwelt, Natur und Landschaft sowie des Klimaschutzes noch immer den Interessen der Bau- und Verkehrslobby unterordnen und somit es offenbar bei dem dringend notwendigen Wandel nur bei Sonntagsreden belassen wollen. Dabei ist praktisches Handeln gefordert. Dazu gehört eben auch radikales Umdenken und Handeln in der Verkehrs- und Umweltpolitik.
Das Bundesverwaltungsgericht hat seinen dringend notwendigen Beitrag dazu nicht geleistet und muss sich nun den Vorwurf gefallen lassen, als Beteiligter bei der voranschreitenden Zerstörung und Beeinträchtigung von Umwelt, Natur, Landschaft und Klima zu fungieren.
Dabei dürfte auch diesen Richtern nicht entgangen sein, dass Deutschland zu den 195 Staaten der Erde gehört, welche im Ergebnis der Klimakonferenz vom 30.11-11.12.2015 in Paris eine Klimaschutzvereinbarung getroffen haben.
Mit dem Übereinkommen von Paris verpflichten sich alle Staaten der Welt, Maßnah-men zum Klimaschutz zu unternehmen, um die Erderwärmung auf deutlich unter 2 °C bzw. 1,5 °C gegenüber vorindustriellem Niveau zu begrenzen.
Dabei gilt es zu wissen, dass laut der vom Umweltbundesamt veröffentlichten Übersicht „Emission der von der UN-Klimarahmenkonvention abgedeckten Treibhausgase“ im Jahr 2018 in Deutschland ein Gesamtausstoß im Umfang von 866 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente erfolgt ist, wovon 163 Millionen alleine durch den Verkehr verursacht ist. Somit nimmt der Verkehr einen Anteil in Höhe von 18,82 {742476d910061147bacb9f2d1e63afebae5c969212eff52eb4ea03554537fa31} des Kohlendioxid-Ausstoßes ein.
Ferner müsste eigentlich schon zu bedenken gegeben, dass laut Umweltbundesamt und Statistischem Bundesamt bundesweit noch immer eine tagtägliche Neuversiegelung im Umfang von 66 ha statt, was in etwa 92,44 Fußballfeldern mit den internationalen Maßen 68 m x 105 m = 7.140 m² = 0,714 ha und im Jahr in etwa einer Fläche von zwischen 24.090 ha entspricht. Im Vergleich dazu die Fläche der Stadt Leipzig, welche 29 760 ha beträgt.
Im konkreten Fall weist der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) weiter darauf hin, dass nach seiner Ansicht die gegenwärtigen Planungen zu den Bauvorhaben Westumfahrung Halle/BAB 143 sowie L159n eine riesige ökologische, landschaftliche und siedlungspolitische Mogelpackung darstellt. Die Einplanungen von sogenannten Grünbrücken, verlängerten Tunneln sowie neuen und räumlich verschobenen Wällen ändern nichts daran, dass die erneut der Öffentlichkeit vorgelegten Planungen eindeutig den vom Naturschutzbund (NABU) beim Bundesverwaltungsgericht mit am 17. Januar 2007 verkündeten Urteil erstrittenen vorläufigen Stopp des Bauvorhabens Westumfahrung Halle/BAB 143 unterlaufen. Damals hatte das Bundesverwaltungsgericht nämlich richtigerweise den umwelt- und naturzerstörerischen Charakter des Planungswerks der DEGES und des darauf aufbauenden Planfeststellungsbeschlusses des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt unterstrichen. Den Mut aufzubringen an dieser Fortschreibung der Rechtsprechung hatten die Richter des Bundesverwaltungsgerichts offenbar nicht. Mit dem weitgehendem Beibehalten der bisherigen Trassenführung bekräftigt das Bundesverwaltungsgericht unverantwortlicher Weise auch die Sichtweise der steuerfinanzierten DEGES, dass es keine Alternativplanung gibt, welche nicht zur Schädigung bzw. Vernichtung von großen Teilen ökologisch bedeutsamen und schützenswerten Natur- und Landschaftsbestandteilen führt. An dieser Stelle sei noch einmal darauf hingewiesen, dass der betroffene Raum sich in einem erdgeschichtlich sehr langen Zeitraum entwickelt hat. Heute manifestiert sich dieser langwierige Prozess in einem ökologisch und landschaftlich arten- und strukturreichen Raum. In dem Zusammenhang sei noch einmal erwähnt, dass sich im unmittelbaren Umfeld im 2 km Umkreis 2 Landschaftsschutzgebiete, 5 Naturschutzgebiete, 23 flächenhafte Naturdenkmale und 4 geschützte Landschaftsbestandteile befinden, 2 Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Gebiete, ein Naturschutzgebiet, 1 flächenhaftes Naturdenkmal, 2 Geschützte Landschaftsbestandteile und 2 Landschaftsschutzgebiete durchschnitten werden würden. Namentlich seien z.B. als betroffene Schwerpunkte das FFH-Gebiet Muschelkalkhänge westlich Halle zwischen Lieskau, Zappendorf/Köllme und Bennstedt, die Saaleauenlandschaft zwischen Brachwitz und Salzmünde, das Salzatal sowie das FFH-Gebiet Porphyrkuppenlandschaft nordwestlich Halle zwischen Gimritz, Brachwitz und Döblitz genannt.
Umweltverbände und –vereine haben immer wieder auf verkehrstechnische Alternativen hingewiesen. Verkehrstechnisch gesehen bieten im Westen die B86/B 180 und die B 180 im Raum Sangerhausen bzw. Eisleben zusammen mit den geplanten und bereits gebauten Ortsumgehungen eine Verbindung zwischen der BAB 38 und der BAB 14. Während im Süden und Osten die BAB 9 über die Anschlussstelle Peißen eine Umgehung der Stadt Halle (Saale) darstellt. Zudem führen erst derartige Autobahnen zu einer Vermehrung von Autoverkehr im regionalen und überregionalen Blickfeld gesehen. Die veranschlagten Baukosten von 38 Millionen Euro allein für das Bauprojekt im Raum Salzmünde sind eindeutig für den Erhalt und Ausweitung des Schienennetzes der Bahn und den Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs besser aufgehoben.
Insgesamt gesehen ist eine arten- und strukturreiche Kulturlandschaft mit Schutzgebieten nationaler, europäischer und internationaler Kategorien in ihrem Zusammenhang bedroht, welche zudem uraltes Siedlungs- und Naherholungsgebiet des Menschen ist. Das angedachte Autobahnvorhaben verstößt zudem eindeutig gegen das Recht der Europäischen Union, welche gebetsmühlenartig durch alle möglichen Bundes- und Landespolitiker gepriesen wird.
Die Stadt Halle (Saale) kann ferner ihren Beitrag dahingehend leisten, indem sie Einschränkungen bezüglich des Durchgangsverkehrs trifft. Eine angebliche verkehrliche Entlastung der Stadt Halle (Saale) konnten die Planer bisher nicht glaubhaft beweisen. Alle bisherigen Behauptungen in Bezug auf die BAB 14 und die Osttangente in Halle (Saale) haben sich bisher nicht bestätigt. Insbesondere auch, weil man den sehr hohen Anteil an Ziel- und Quellverkehr in der Stadt Halle (Saale) offenbar außen vor lässt.
Der AHA fordert daher weiter ein massives Umdenken in der Verkehrs-, Umwelt-, Naturschutz- und Finanzpolitik, um derartige Verkehrsprojekte nicht weiter fortzusetzen und räumlich auszudehnen.
Ein bereits in Gang kommendes stumpfsinniges Frohlocken der Gegner eines echten Schutzes von Umwelt, Natur, Landschaft und Klima zeugt nach Auffassung des Arbeitskreises Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) davon, dass man die dringende Notwendigkeit eines sofortigen und nachhaltigen Schutzes von Umwelt, Natur, Landschaft und Klima gleichermaßen Menschen, Tieren und Pflanzen dient. Ferner sollten diese Einrichtungen und Personen wissen, dass ein Weiterbau der BAB 143 ein Beispiel für die Verlogenheit und das offenkundige Scheitern von Politik und Verwaltungen bei der tatsächlichen Umsetzung einer zukunftsfähigen Umwelt- und Verkehrspolitik darstellt. Davor die Augen zu verschließen ist hochgradig unverantwortlich und trägt zur Zerstörung der Grundlagen des Lebens auf unserer einmaligen Erde bei.
Aus den oben genannten Gründen fordert der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) weiterhin mit aller Deutlichkeit und Dri
nglichkeit dieses kostenintensive, landschafts-, natur- und siedlungsfeindliche BAB 143-Projekt endgültig zu den Akten zu legen. Nur so lässt sich ein sehr wichtiger Beitrag zum Schutz von Umwelt, Natur, Landschaft und Klima leisten. Nicht warme Worte, sondern Taten sind gefragt!
Der AHA bedankt sich bei dem Geschäftsführer der Kaolin- und Tonwerke Salzmünde GmbH Jürgen Rohrmoser, dass er beim Bundesverwaltungsgericht gegen den Weiterbau der BAB 143 geklagt hat.
Gleichzeitig gilt es gegenüber der Bürgerinitiative Saaletal e.V. sehr großen Respekt und Dank auszudrücken, deren Mitglieder und Freunde in ihrer Freizeit engagiert und fundiert das fachliche, finanzielle und organisatorische Rückgrat der Klage gebildet haben.
Ebenso dankt der AHA den Rechtsvertretern des Klägers, welche exzellent die juristische Seite vertreten hatten.
Nach Auffassung des AHA sollte nach Vorlage der schriftlichen Urteilsbegründung durch das Bundesverwaltungsgericht über weitere Schritte zum Schutz des Unteren Saaletals und der angrenzenden Wohngebiete, Umwelt, Natur und Landschaft vor einer Zerschneidung einer 12,6 km langen und mit einer angedachten Nutzbreite zwischen 26 bis 56 m geplanten BAB 143 beraten werden. Dazu könnten Klagen beim Bundesverfassungsgericht bzw. Europäischen Gerichtshof, aber auch Protest- und Mahnaktionen gehören.
Der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) drückt zudem weiterhin die dringende Notwendigkeit aus, dass der bedrohte Lebens-, Landschafts- und Naturraum im unteren Saaletal erhalten und von baulicher Zerschneidung und Zerstörung, damit verbundener weiterer Ausdehnung von Flächenversiegelung, Verlärmung sowie Belastungen mit Abgasen und Feinstaub verschont bleibt.
Wer noch mehr zu den Aktivitäten des AHA zum Schutz, Erhalt und Entwicklung des unteren Saaletals erfahren möchte, wende sich bitte an folgende Anschrift:
Arbeitskreis Hallesche Auenwälder
zu Halle (Saale) e.V.
Große Klausstraße 11
06108 Halle (Saale)
Tel.: 0345/2002746
E-Mail: aha_halle@yahoo.de
Andreas Liste
Vorsitzender
Halle (Saale), den 13.06.2019
Link der Pressemitteilung Nr 46/2019 des Bundesverwaltungsgericht: