Mit unvermindert sehr großer Skepsis und ebenso umfassenden Unverständnis verfolgt der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) die Fortsetzung der Überlegungen zu einem Weiterbau des Saale-Elster-Kanals bis zur Saale bei Kreypau, was nun sogar zu einem entsprechenden Zweckverband führen soll. Die Frage stellt sich schon nach dem Sinn des Vorhabens, welches auf einer Länge von 12 km ab Hafen Leipzig-Lindenau in den Jahren 1933 bis 1943 gebaut wurde und insgesamt 20 km betragen soll. Einst für 1.000 Tonnen-Schiffe konzipiert, wäre das Vorhaben womöglich zuerst ein teures, steuerfinanziertes Vorhaben, wobei schon auf der Saale zwischen Halle – Trotha und der Elbe kein derartiges Wasserfahrzeug fährt. Auch die Gefahr des weiteren Ausbaus der Saale zwischen Merseburg und Halle nähme erheblich zu. Das hätte massive Eingriffe in weitgehend unverbaute und somit arten- und strukturreiche Abschnitte der Saale in dem Bereich zur Folge.
Ferner wären auch massive bauliche Maßnahmen an dem 8 km langen nicht gebauten Teil erforderlich. Als Beispiel sei die Notwendigkeit erwähnt, dass ein 22 m Höhenunterschied zwischen Saale und dem Kanal zu überwinden wäre. Dazu plante man damals in Wüsteneutzsch bei Kreypau eine große Schleuse, welche als Doppelschleuse ausgelegt war und der Hub der beiden Schleusenkammern jeweils 10 Meter betragen sollte. Auch wenn die obere Schleusenkammer noch zu ca. 75% fertiggestellt wurde, begann man bei der unteren Schleusenkammer lediglich mit den Erdarbeiten für die Fundamente. Trotz alledem müsste womöglich ein kompletter Neubau erfolgen. Darüber hinaus ist man zwar heute ohne weiteres in der Lage Schleusen mit 30 m Hubhöhe zu errichten und zu betreiben, aber im konkreten Fall stellt sich die Frage nach dem Aufwand-Nutzen-Verhältnis. Die bisher vorliegenden Potenzialanalysen gehen selbst von Problemen in der Kostendeckung aus. Nicht umsonst setzt man auch auf Einnahmen aus Vignetten, Parkgebühren und nicht zuletzt auf die Entstehung neuer Wohn- und Gewerbegebiete entlang des Kanals. Angesichts der Tatsache, dass das Gesamtgebiet im Landschaftsschutzgebiet, Europäischem Vogelschutzgebiet, FFH-Gebiet sowie im Überschwemmungsgebiet bzw. im Einzugsgebiet von Hochwasser liegt, sind das angesichts des allseits bekannten Arten- und Strukturreichtums an Fauna und Flora sowie des jüngsten Hochwassers im Juni 2013 die falschen Signale.
Nicht unbeachtet bleiben darf, dass sich in dem bereits existierenden Kanalteil eine eigene Fauna und Flora entwickelt hat, welche im Falle eines weiteren Ausbaus, Schaden -bis zur Totalvernichtung- davontragen könnte. Das trifft im Übrigen auf die gesamte Saale-Elster-Luppe-Aue zu. Des Weiteren befindet sich der Raum zwischen Halle und Leipzig im Regenschatten des Harzes und ist daher von Niederschlagsarmut gekennzeichnet. In naher Zukunft ist von einer Reduzierung der jährlichen Niederschlagsmengen von derzeit ca. 450 mm auf 300 mm auszugehen. Dagegen liegt die Verdunstung bei offenen Wasserflächen erst einmal weiterhin bei ca. 700 mm im Jahr. Auf Grund des voranschreitenden Klimawandels ist somit mit einer umfassenden Verschärfung dieser Situation und somit mit einer weiteren Wasserverknappung zu rechnen. Andrerseits lässt sich durchaus von verstärkten Hochwassersituationen auszugehen, wie z.B. das Junihochwasser 2013 aufzeigte.
Derartige Entwicklungen und Tatsachen finden in den bestehenden Potenzialanalysen nicht umfassend genug Berücksichtigung.
Ebenso bedenklich erscheint das Bestreben den individuellen und wirtschaftlichen motorisierten Bootsverkehr zu befördern. Dies hat sich am deutlichsten in der jüngsten Novellierung des Sächsischen Wassergesetzes manifestiert. Dabei hatte man alle massiven und nachvollziehbaren Gründe dies nicht zu tun gröblichst vernachlässigt.
Somit erhöht ein Saale-Elster-Kanal mit massiver Nutzung durch motorisierte Schiffe und Boote erheblich die Gefahr des Ausbaus der Fließgewässer im Stadtgebiet von Leipzig an Pleiße und Floßgraben sowie in der Neuseenlandschaft im Süden der Stadt. Ferner ist bei Eintreten des prognostizierten Bootsverkehrs mit einer massiven Zunahme der Abgas- und Lärmbelastungen sowie durch den Betrieb der Motorschrauben mit starken Auf- und Verwirbelungen im Gewässerbett zu rechnen. Dies führt zu massiven Beeinträchtigungen an der Gewässerfauna und -flora
Ebenfalls besteht die Gefahr, dass weitere Verbauungen im Uferbereich der Saale z.B. für Bootsanlegestellen entstehen könnten. Das man sich da wenig um Bau- und Umweltrecht schert, haben z.B. die illegal errichteten Bootsanlegestellen in den Saalekreisortschaften Brachwitz und Salzmünde klar verdeutlicht.
In dem Blickfeld betrachtet, ist der AHA der Auffassung dieses Vorhaben aus ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten sehr skeptisch zu beurteilen. Die nunmehr 90.000,00 Euro teure, aus Steuermitteln finanzierte Machbarkeitsstudie geht bewusst von einer sehr vielfältig zu betrachtenden sehr hohen Erwartung aus, wenn man 500.000 Touristen im Jahr zu Grunde legt. Das wären 1.369,87 Touristen pro Tag. Dies gilt es jedoch mit großer Skepsis zu betrachten. Entweder es tritt nicht ein und die Steuermittel in Höhe der bisher veranschlagten Gesamtkosten in Höhe von 106.004.035 Euro -u.a. für Kanal und Schiffshebewerk- wären verpulvert oder es tritt ein und es entstehen zahlreiche zusätzliche Straßen, Parkplätze und Gebäude. Verheerend, wenn man an beide Vorstellungen denkt. Angesichts der Tatsache, dass in Deutschland laut Umweltbundesamt und das Statistische Bundesamt in Deutschland gegenwärtig eine tagtägliche Neuversiegelung von Boden im Umfang im Umfang von 69 ha Boden stattfindet, stellen derartige Pläne ein verheerendes Signal dar. Das entspricht in etwa einer Fläche von ca. 100 Fußballfeldern und im Jahr in etwa einer Fläche von 25.185 ha -69 ha/Tag x 365 Tage/Jahr = 25.185 ha/Jahr. Im Vergleich dazu die Fläche der Stadt Leipzig, welche 29.760 ha beträgt. Selbst der nunmehrige Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD gibt an die Neuversiegelung von Boden auf sehr hohe 30 ha pro Tag zu senken. Mit dem Entzug des Bodens und ist eine Beendigung seiner natürlichen Speicher-, Rückhalte-, Puffer- und Lebensraumfunktion verbunden. Dies geht zumeist zu Lasten der Aue, ihrer fruchtbaren Böden und der Landwirtschaft.
Laut Medienberichten schätzt man nunmehr von Baukosten auf eine Höhe von 100 Millionen Euro aus. Ferner möchte man den Steuerzahler um weitere 79.000,00 Euro schröpfen, um eine weitere von den Städten Leipzig und Leuna in Auftrag gegebene weitere Studie zu bezahlen. Die Ergebnisse sollen im Januar 2019 vorliegen. Da fehlt der Glauben schwer an die immer gejammerte klamme Finanzierung von Kommunen, wenn man so viel öffentliches Geld in ein Projekt steckt, welches ökologisch und ökonomisch hauptsächlich Schaden zufügt und offenbar nur einzelnen, womöglich gutbetuchten Yachtkapitänen dient. Geld hat man nur nicht für soziale, kulturelle und ökologisch notwendige und sinnvolle Vorhaben.
Der AHA erinnert zudem an seine Presseerklärung vom 29.10.2017, wo der ehrenamtliche und gemeinnützige Umwelt- und Naturschutzverein nachweist, dass es überhaupt kein Baurecht für einen Saale-Elster-Kanal gibt und der oft strapazierte sogenannte Planfeststellungsbeschluss vom 29.11.1934 sich auf den „Saaledurchstich in der Gemeinde Leuna“ bezieht.
Auf Grund der vielfältigen ökologischen und ökonomischen Brisanz des Vorhabens fordert der AHA die Verantwortlichen und Geldgeber der Gutachten im Land Sachsen-Anhalt und im Freistaat Sachsen, im Landkreis Saalekreis sowie in den Städten Halle (Saale), Leipzig und Leuna auf, die von Ihnen in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstudien selbstkritisch zu betrachten, eine weitere Belastung der steuerfinanzierten öffentlichen Haushalte durch eine weitere Planung für den Saale-Elster-Kanal auszuschließen sowie die zu erwartenden Beeinträchtigungen von Umwelt, Natur und Landschaft nicht zuzulassen.
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